Die bpt-Intensivfortbildung zu Kardiologie übertraf die Erwartungen der Veranstalter: Über 1.000 Teilnehmer zählten sie schon am Freitag, die (Donnerstags)-Seminare waren ebenfalls fast alle ausgebucht. Während inden vergangene Jahren gelegentlich die schwache Qualität beklagt wurde, war es in diesem Jahr eher umgekehrt: Mancher Vortrag war fast zu komplex für den Praktiker.
Erster kurzer Kongresseindruck von Henrik Hofmann
Die Vorträge wiesen durchgehend höchstes Niveau auf – teilweise aber so hoch, dass der „normale“ Kleintierpraktiker bisweilen überfordert wurde. So fragte der Schweizer Kardiologe Tony Glaus sich gar selbst, ob sein Thema „wichtig oder akademische Selbstbefriedigung“ sei – und er antwortete sich auch selbst: „Ein bisschen wichtig, weil die Tiere schnell tot sind.“ Gepaart mit Schweizerdeutsch war schnelles Sprechen für manchen eine sprachliche Herausforderung. Näher am Praktiker zeigten sich Dr. Gerhard Wess von der LMU München oder Dr. Peter Holler, die den Zuhörer abholten und take-home Botschaften vermittelten. Wess zeigte etwa, dass Biomarker eine sinvolle Ergänzung zur Diagnostik verschiedener Herzerkrankungen und zur Unterscheidung von respiratorischen-und Herzerkrankungen sein können.
Antibiotikavorbehalt träfe Minor-Species
bpt-Präsident Dr. Hans-Joachim Götz nutzte die Pausen, um berufspolitische Themen zu transportieren. Er sagte, dass das Dispensierrecht aktuell zwar nicht zur Disposition stünde, dass die Diskussion darüber aber nicht nur die Nutztier-, sondern auch die Kleintierpraxis beträfe: „Das Verschreibungsverhalten aller Tierärzte muss sehr kritisch betrachtet werden: Bevor man „kritische Antibiotika“, die sogenannten „Reserveantibiotika“ anwendet, sollte man mikribiologisch abklären.“ Als Reserveantibiotika gelten die Wirkstoffe mit sehr breitem Spektrum, insbesondere die Cephalosporine der 2. und 3. Generation sowie Fluorchinolone. Dies sei ein wichtiges Thema auf EU-Ebene. Dort wolle man, dass diese Antibiotika der Humanmedizin vorbehalten sein sollten. Für die Praktiker gehe es hier nicht um Fehlverhalten, sondern um Kompetenz bei der Verschreibung. Götz: „Wir müssen uns immer fragen: Brauchen wir genau dieses Antibiotikum jetzt?“ Das betreffe auch Minor-Species wie Reptilien und Vögel. Götz appellierte außerdem an die tiermedizinischen Fakultäten, dieses Denken bereits in der Ausbildung zu beherzigen.
Für die Industrie hat sich Bielefeld zu einer der interessantesten Veranstaltungen entwickelt: In der lichtdurchfluteten Ausstellungshalle halten sich die Kollegen gerne auf, konstruktive Gespräche sind möglich.
Ich selbst muss mein früheres, negatives Urteil über das – oftmals verunglimpfte – Bielefeld übrigens revidieren: Nicht nur die Halle ist phantastisch, auch die Altstadt bietet was fürs Auge. Zudem sind Parkmöglichkeiten jenseits des Bahnhofs, Verkehrsanbindung und Rahmenprogramm klasse.