Beatmungsgeräte aus Tierkliniken für die Humanmedizin bereitstellen

Beatmungsgeräte könnten zum Nadelöhr in der Versorgung von COVID-19-Patienten in der Humanmedizinwerden. Geräte aus der Tiermedizin sollen dann aushelfen. (Foto: © pixabay)

Wenn zu viele Menschen an COVID-19 erkranken, reichen die Beatmungsplätze in den Krankenhäusern womöglich nicht mehr aus. Das ist die aktuell größte Sorge in der Humanmedizin. Die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft ruft Tierkliniken/Tierarztpraxen deshalb dazu auf, zu prüfen, ob kompatible Beatmungsgeräte zur Verfügung gestellt werden können. Hessen hat per Verordnung sogar Meldepflicht für Beatmungsgeräte erlassen, die auch für Tierärzte gilt.

Aktualisierung 30.3.2020 – 11:40: Die freiwillige Aktion der DVG, über die dieser Beitrag berichtet, wird zur Pflicht: So hat das Land Hessen bereits am 27.3. eine Meldepflicht für Beatmungsgeräte erlassen (Link zur Verordnung). Die Landestierärztekammer hat diese per Rundmail an Tierärzte weitergeleitet. Der zentrale Absatz:

„Die Leitungen von Einrichtungen nach Abs. 2, die Geräte, welche zur invasiven oder nicht-invasiven Beatmung von Menschen geeignet sind (Beatmungsgeräte), besitzen, sind verpflichtet, unverzüglich dem für ihre Einrichtung zuständigen Gesundheitsamt Folgendes zu melden: …
… Einrichtungen im Sinn der Verordnung sind: …
10) Tierkliniken und ähnliche Einrichtungen“

Verordnung des Landes Hessen (Hervorhebung WiSiTiA)

(jh) – Im Zuge der Corona-Pandemie wurden auf regionaler Ebene tiermedizinische Universitätstierkliniken angefragt, ob sie Beatmungsgeräte zur Verfügung stellen könnten. In Sozialen Medien wird auch berichtet, dass einzelne Gesundsheitsämter bereits Tierarztpraxen auf die Verfügbarkeit von Beatmungsgeräten ansprechen.
Die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft will (Stand 27.3.) deshalb eine Übersichtsliste verfügbarer Veterinärmedizinischer Beatmungsgeräte zusammenstellen und diese an die Behörden weiterleiten, heißt es in einem Aufruf. (Auf der DVG-Webseite ist eine Tabelle, in der Tierärzte ihre Geräte einragen können, direkt verlinkt.) Die Anforderungen an die Beatmungsgeräte beschreibt die DVG hier (Link/PDF).
Auch die Bayerische Landestierärztekammer hat eine Anfrage der Landesregierung zu Beatmungsgeräten erhalten und dazu eine Übersichtsseite erstellt (hier), auf der auch geeignete Geräte und weitere Informationen aufgelistet sind.

DVG-Aufruf an Tierkliniken und Praxen

In der Tiermedizin werden eine Reihe von Beatmungs-, beziehungsweise Anästhesiegeräten mit Beatmungsmöglichkeit eingesetzt, die auch humanmedizinischen Standards enstprechen. Die DVG-Fachgruppe Veterinärmedizinische Anästhesie und Intensivmedizin (VAINS) zählt dazu zum Beispiel Geräte von Dräger, Stephan, Heinen und Löwenstein, Datex Ohmeda u.a., die NICHT älter als 10 Jahre sind. Die DVG ruft Tierkliniken/-praxen auf, diese Geräte – für den Bedarfsfall – zur Verfügung zu stellen und sich entsprechend listen zu lassen.

Alternativ: Direkt regionale Krankenhäuser ansprechen

Alternativ könnten Tierkliniken/praxen auch in Eigeninitiative auf regionaler Ebene direkt mit den Krankhäusern/Gesundheitsämtern in ihrer Umgebung Kontakt aufnehmen, wenn sie bereit seien Geräte zur Verfügung zu stellen.

Humanmedizin: Beatmungsgeräte rar „wie Klopapier?“

Deutschland bereitet sich auf die erste Welle beatmungspflichtiger Coronapatienten mit Lungenversagen vor. Bundesweit gibt es je nach Zählung zwischen 20.000 und 30.000 Beatmungsplätze, Tendenz steigend, da die Kliniken mit Hochdruck neue Kapazitäten aufbauen. Mitte März hat die Bundesregierung allein beim Medizingerätehersteller Drager rund 10.000 weitere Maschinen in Auftrag gegeben. Sie sollen über das Jahr verteilt ausgeliefert werden. Weltweit stocken die Hersteller ihre Produktionskapazitäten auf, können die Nachfrage aber nicht bedienen.

Auf Spiegel-Online (Link zu kostenpflichtigem Artikel) berichtet Dräger-Chef Stefan Dräger, bei Beatmungsgeräten und vor allem dem zum Betrieb nötigen Zubehör würde weltweit „gehamstert wie beim Klopapier“. US-Präsident Trump hat deshalb General Motors per Notstandsdekret angewiesen die Produktion aufzunehmen. Stefan Dräger hält das für wenig zielführend. Stattdessen sollte man möglichste viele andere – auch einfache – Geräte reaktivieren und umnutzen.
Dazu können dann auch Geräte aus der Tiermedizin gehören
.

Quelle:
DVG-VAINS-Aufruf

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