In den USA wurde bei Routineuntersuchungen erstmals das Carbapenem-Resistenzgen NDM-5 bei Hunden und Katzen nachgewiesen. Vermutet wird eine Übertragung vom Menschen, denn bisher war die Resistenz nur bei wenigen infizierten Patienten in Krankenhäusern aufgetreten.
(aw/jh) – Die Tierklinik der University of Pennyslvania schickt im Rahmen des Antibiotika-Resistenzmonitorings regelmäßig Keimproben zu Routineuntersuchungen ein. Dabei wurden im Sommer 2018 Carbapenem-resistente E. Coli-Keime bei Haustieren nachgewiesen. Da die Tiere nicht mit Carbapenemen behandelt worden waren – das Antibiotikum ist in den USA wie auch in Europa nicht für Tiere zugelassen –, gehen die Tierärzte davon aus, dass ein Resistenzübertragung erfolgt sein muss. (Den Fall publizierte die Klinik Anfang 2020 hier.)
Weltweit erst sechs NDM-5 Nachweise bei Hunden
Das Gen, das das Veterinary Laboratory Information and Response Network (Vet-LIRN) dann tatsächlich identifizierte, war das New-Dehli metallo-beta-lacatamase-5-Gen Typ 167 (NDM-5). Es überträgt erhöhte Resistenzen gegenüber Carbapenemen und wurde 2011 in Indien erstmals beim Menschen nachgewiesen. Seitdem hat es sich weltweit vor allem in Krankenhäusern verbreitet, war aber in den USA bei Menschen erst wenige Male aufgetreten und dort noch nie bei Haustieren. Insgesamt wurden weltweit erst sechs Funde des NDM-5-Gens bei Hunden beschrieben (Finnland, Süd Korea und Algerien).
In Europa hatte 2019 ein NDM-Ausbruch in Italien mit 350 Infektionen in sieben Krankenhäusern für Aufmerksamkeit gesorgt. Die wachsende Zahl von Carbapenem-Resistenzen beobachten die Behörden (aktueller Stand in der EU) sehr sorgfältig, da das Antibiotikum als Reservemedikament zur Behandlung multiresistenter Erreger gilt. CRE (Carbapenem-resistente Enterobakterien) und CPE (Carbapenemase-produzierende Enterobakterien) werden von Gesundheitsbehörden als besonders schwerwiegende Krankheitserreger geführt, weil sie meist multiresistent sind und sich extrem schlecht behandeln lassen.
Rückwirkende Gensequenzierung: 14 Funde
Nach dem ersten Befund bei einem Hund hat die US-Tierklinik weitere Proben von fünf Hunden und einer Katze aus dem gleichen Zeitraum (Juli und August 2018) untersuchen lassen. In allen Fällen wurde bei Gensequenzierungen das gleiche NDM-5-Resistenz-Gen nachgewiesen. Letztlich konnten die Tierärzte dann 14 Fälle aus einem Zeitraum von mehreren Monaten identifizieren. Nicht eindeutig ist aber, ob sich die/alle Tiere in der Klinik mit den resistenten E. Coli infiziert haben oder ob einzelne Tiere als Träger in die Klinik kamen. Es gab aber mindestens einen Tag „Überlappung“ bei den Klinikaufenthalten der letztlich infizierten Tiere.
Paradebeispiel für die „One-Health-Problematik“
„Das ist ein Paradebeispiel für die One-Health-Problematik“, kommentiert Shelley Rankin, Leiterin der klinischen Mikrobiologie der tiermedizinischen Fakultät der University of Pennsylvania (USA). Jetzt müsse man herausfinden, ob und wo die resistenten Bakterien in der Umgebung von Philadelphia und New Jersey vorkämen? „Wenn wir nachweisen können, dass Tiere besiedelt wurden, heißt das dann auch, dass sie nun ein Reservoir für die Infektion von Menschen sind? Haben Menschen die Bakterien auf Hunde und Katzen übertragen?“ Zu diesem Bereich gebe es noch erheblichen Forschungsbedarf.
Mensch-Haustier-Mensch-Übertragung „nicht verwunderlich“
Scott Weese, Mikrobiologe an der University of Guelph (Kanada) wundert sich nicht über die Funde in den USA. Da Haustiere und Menschen sehr engen Kontakt haben, sei es nicht unüblich, das Infektionen von Menschen auf Tiere übertragen werden – und umgekehrt. Auch könne rohes Fleisch eine Ursache sein. Es ist bekannt, dass Haustiere, die mit rohem Fleisch gefüttert werden, deutlich häufiger ESBLs (Extended Spectrum Beta Lactamasen) ausscheiden, als solche, die kein rohes Fleisch erhalten.
Hygiene in Tierkliniken entscheidend
Auch Rankin betont, dass es zwar nicht verwunderlich sei, wenn es zu CRE-Ausbrüchen in der Tiermedizin komme. Aber selbst die universitätseigene Klinik sei darauf nicht vorbereitet gewesen. Daher möchte sie mit der Publikation des Falles möglichst viele Tierärzte erreichen und für die Thematik sensibilisieren. Wichtig ist – wie immer – die Einhaltung von Hygienestandards in Tierkliniken, um eine weitere Verbreitung der Infektion zu unterbinden.
So arbeiten die Kollegen der University of Pennsylvania laut Rankin eng mit der Gesundheitsbehörde zusammen und schulen die Mitarbeiter der Tierklinik regelmäßig.