Zuerst freiwillig, später dann auch per Gesetz? Einige Bundesländer fordern jedenfalls eine bundesweit verpflichtende Videoüberwachung in Schlachthöfen, um den Tierschutz zu erhöhen. Bis es soweit ist, haben in Niedersachsen das Landwirtschaftsministerium, kommunale Veterinärbehörden und die Schlachtbranche zunächst eine freiwillige Installation von kameragestützten Überwachungssystemen vereinbart.
(jh) – Die niedersächsische Vereinbarung (Wortlaut und Teilnehmer hier) sieht vor, dass Fleischwirtschafts- und Handelsverbände ihren Mitgliedern bis zu einer verbindlichen gesetzlichen Regelung die Installation von Kamerasystemen auf freiwilliger Basis empfehlen und die Unternehmen auch bei der Einführung unterstützen. Die Branche erwartet so – nachdem es zuletzt skandalträchtige Aufnahmen aus Schlachthöfen gegeben hat (s.u.) – eine Verbesserung des Tierschutzes in Schlachthöfen.
Gesetzesinitiative im Bundesrat
Mit Niedersachsen und NRW haben zwei große Bundesländer darüber hinaus eine Bundesratsinitiative (Wortlaut) eingebracht. Sie fordern, dass die Bundesregierung Schlachthofbetreiber rechtlich verpflichtet, Kameras zu installieren, um die Tierschutz relevanten Bereiche in den Schlachthöfen zu überwachen. Auf die Aufnahmen soll die amtliche Überwachung dann uneingeschränkten Zugriff haben. Ein Veterinär soll sich jederzeit per Smartphone auf eine Kamera einwählen können. Dabei möchten die Länder in diesem Bereich bestehende Regelungsspielräume des europäischen und nationalen Rechts im Sinne des Tierschutzes ausschöpfen. Die Bundesregierung hatte in früheren Debatten aber bereits auf Datenschutz und europarechtliche Probleme hingewiesen (April 2017 / März 2018 / April 2018).
Gewerkschaftler wiederum wollen deshalb gegen die (freiwillige) Überwachung juristisch vorgehen: Das verstoße massiv gegen Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, berichten NDR und Radio Bremen.
Tierärzte für eine Videoüberwachung
In Großbritannien ist die Videoüberwachung wiederum seit November 2018 in Schlachthöfen gesetzlich verpflichtend (Bericht hier). Andere EU-Länder debattieren ebenfalls über eine Einführung.
Der europäische Tierärzteverband (FVE) befürwortet die Videokontrollen, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass sie ein nützliches, aber eben nur zusätzliches Werkzeug sein könne und “niemals ein Ersatz für die laufende, physische Inspektion durch offizielle Tierärzte vor Ort“. Für Deutschland hat die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) ebenfalls eine „obligatorische Videoüberwachung gefordert“.
Hintergrund: Immer wieder Skandalbilder
Sowohl in Großbritannien als auch in Belgien haben von Tierschützern dokumentierte Tierschützer die Debatte über eine Videoüberwachung ausgelöst.
In den vergangenen Monaten gab es auch in Schlachtbetrieben in Niedersachsen (z.B. Bericht im NDR und der NWZ) mehrere Vorfälle mit tierschutzrechtlichen Verstößen. Tierrechtler des Deutschen Tierschutzbüros hatten sie auf Video dokumentiert.