Gewalt gegen Amtstierärzte – Zahlen aus NRW

Auch bei Tierschutzkontrollen kommt es immer wieder zu Angriffen auf Amtstierärzte. NRW legt jetzt Zahlen vor. (Symbolfoto: © WiSiTiA/jh)

Amtstierärzte leben manchmal gefährlich. In NRW kam es seit 2010 zu 127 dokumentierten „Bedrohungen“ gegen Veterinäramtsmitarbeiter. Die reichen von Verbalattacken und Morddrohungen bis hin zu tatsächlichen Körperverletzungen, teilt die Landesregierung mit. Die Dunkelziffer sei hoch, da längst nicht alle Vorgänge dokumentiert würden. Und: Das größere Bedrohungspotential wird bei Haustierhaltern gesehen. 

(jh) – Es ist nicht allein ein Problem der Veterinärämter: Allgemein sei bei behördlichen Kontrollen eine „zunehmende Distanzlosigkeit“ festzustellen, antwortet NRW-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser auf eine Anfrage der Grünen Landtagsfraktion. Das zeige sich überwiegend in Drohungen und Beschimpfungen gegenüber amtlichen Kontrollpersonal im Rahmen deren Aufgabenerledigung.

Tritte und Schläge

Das Ministerium hat die Fälle bei den zuständigen Kreisen und Kommunen abgefragt. Rückgemeldet wurden 127 seit dem Jahr 2010 mehr oder weniger ausführlich dokumentierte Vorfälle. Die reichen von Verbalattacken bis hin zu Bedrohungen mit Forken oder Holzlatten und sogar Morddrohungen. 42 mal wurden über die letzten neun Jahre Körperverletzungen aktenkundig und weiterverfolgt. Dabei ging es um „einfache“ Handgreiflichkeiten – Bedrängen, Schubsen oder Türzuhalten (= Freiheitsberaubung) – bis hin zu schweren Körperverletzungen wie Tritte ins Gesicht oder Schläge mit stumpfen Gegenständen.

Der spektakulärste Fall in NRW ereignete sich 2016 im Kreis Kleve: Ein Landwirt prügelte auf zwei    und wurde dafür 2018 Räuberische Erpressung in Tateinheit mit besonders gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (Medienberichte zum Prozess hier und hier und hier)

Die Folgen für den angegriffenen Tierarzt beschreibt dieser Bericht: „Ein gebrochener Mann“

wir-sind-tierarzt hat bereits mehrfach über Angriffe auf Amtstierärzte berichtet (hier)

Haustierhalter aggressiver als Landwirte

Auch wenn die (spektakulären) Fälle, bei denen Landwirte die Kontrolleure attackieren, medial mehr Aufmerksamkeit finden, zeigt die NRW-Auswertung: Die Bedrohungslage im Bereich der landwirtschaftlichen Betriebe ist eher geringer. Sie beschränke sich auf wenige „schwarze Schafe“, die oftmals bereits verschiedenen Behörden aus anderen Rechtsbereichen bekannt seien. Ein deutlich höheres Bedrohungspotential – das sagen die Rückmeldungen aus den Kommunen/Kreise – werde eher im „häuslichen, privaten Tierschutz“ gesehen.

Hohe Dunkelziffer

Das NRW-Landwirtschaftsministerium hält die Zahlen insgesamt aber nicht für eine „belastbare Übersicht zu Übergriffen gegenüber Amtstierärztinnen oder Amtstierärzten“. Das liege auch daran, dass die Kommunen längst nicht alle Fälle – etwa „einfache“ Beschimpfungen und Drohungen – dokumentiert hätten. Die Behörden vor Ort hätten das mit „hohem Arbeitsdruck“ begründet und der fehlenden Aussicht, gegenüber aggressiven Personen letztlich entsprechende Maßnahmen durchsetzen zu können. Das liege auch daran, dass vor allem Beleidigungen und Drohungen sehr subtil vorgebracht werden könnten.

Die bittersten Fälle der letzten Jahre (bundesweit)

Quellen:
Antwort der NRW-Landesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen (8.2.2019 / PDF-Download)
weitere Quellen im Artikel verlinkt

Medienberichte über die NRW-Zahlen auf Basis einer dpa-Meldung:
z. B.: Kölner Stadtanzeiger (8.2.2019) und Westfälische Nachrichten (10.2.2019)

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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