Zoonosen in der EU: Rückgang stockt

Campylobakter (© Grafik CDC)

Zoonosen sind Erkrankungen, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können. Die drei häufigsten Zoonosen in der EU werden über kontaminierte Lebensmittel verbreitet und nicht über direkten Tierkontakt. Die entsprechenden Krankheitserreger sind Samonellen, Campylobakter und Listerien. Überhaupt keine Rolle spielt in Europa die Tollwut, die den meisten Menschen zuerst beim Stichwort „Zoonose“ einfallen dürfte.

Ein einziger Mensch starb in 2017 in Europa an Tollwut, nämlich ein Franzose, der sich im Urlaub außerhalb der EU angesteckt hatte. Außerdem sind Rotfüchse nicht mehr die klassischen Virusträger. Nur bei zwei Füchsen (je einer in Polen und Ungarn) konnte das Virus in 2017 nachgewiesen werden. Problematisch sind dagegen Fledermäuse – in Deutschland wurden in 2017 mehr als zehn infizierte Tiere gefunden, ebenso jeweils in Polen, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Österreich. Tollwut ist das beste Beispiel dafür, wie wirksam Impfungen Tiere gegen Viruserkrankungen schützen können und es in der Folge auch nicht mehr zur Gefährdung von Menschen kommt. Doch nicht alle Zoonosen lassen sich über eine Impfung von Tieren in den Griff bekommen. Um sich vor den wichtigsten Zoonosen zu schützen, ist Sorgfalt im Umgang Lebensmitteln tierischer Herkunft notwendig. Außerdem sollte klar sein, dass nicht ausreichend erhitzte Lebensmittel (Rohmilch/produkte, rohe Eier, rohes Hackfleisch etc.) mit potentiellen Krankheitserregern belastet sein können.

Campylobakter sind häufigster Kranheitserreger

Wie aus dem aktuellen Jahresbericht von ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) und EFSA (European Food Safety Authority) hervorgeht, haben Erkrankungen die durch Campylobakter verursacht werden in 2017 leicht abgenommen. Wurden in 2016 noch 246.917 Infektionen gezählt, waren es in 2017 mit 246.158 rund 750 Krankheitsfälle weniger. Bei Tieren findet sich die Erreger vor allem beim Geflügel und damit auf Hähnchen- (37,4% der Proben) und auf Putenfleisch (31,5 %).

Gegen die Fallzahlen mit Campylobakter nehmen sich die Salmonelleninfektionen schon fast bescheiden aus. Sie sind in 2017 ebenfalls

Salmonellen (© EFSA)

leicht gesunken (von 94.425 in 2016 auf 91.662), der eindeutige Abwärtstrend, der 2008 begann ist aber in den letzten Jahren ins Stocken  gekommen. „Nach Jahren in denen signifikante Fortschritte zur Verminderung von Erkrankungen, vor allem mit Salmonellen, durch Lebensmittel erreicht wurden, ist dieser Trend nun zum Stillstand gekommen“, erklärt eine leitende Wissenschaftlerin der EFSA Marta Hugas. „Jetzt sind größere Anstrengungen notwendig, um die Zahlen weiter zu senken.“

Der bei Lebensmittelinfektionen am häufigsten auftretende Salmonellenstamm ist Salmonella Enteritidis. Zwischen 2013 und 2017 bewegte sich die Zahl der bestätigten Fälle jährlich etwa auf dem gleichen Niveau und scheint damit die Situation bei den Legehennen widerzuspiegeln, bei denen das Vorkommen die gleiche Dynamik aufweist wie beim Menschen.

Rund 100 Krankheitsausbrüche pro Woche in der EU aufgrund von kontaminierten Lebensmitteln oder Wasser

„Der Rückgang bei den akuten Fällen ist begrüßenswert, aber wir hatten in der EU 2017 immer noch rund 100 Krankheitsausbrüche durch Lebensmittel- oder Trinkwasser pro Woche“, betont Mike Catchpole, ein leitender Wissenschaftler des ECDC. „Diese Infektionen sind eine wesentliche Ursache für Krankheiten bei Menschen in der EU. Das Ansteigen von Infektionen mit Listerien, die bei empfänglichen Personen tödlich verlaufen können, muss unbedingt gestoppt werden.“

Die Infektionen durch Listerien haben in 2017 gegenüber dem Vorjahr von 2509 auf 2480 zwar leicht abgenommen. Allerdings sind in den Jahren vor 2017 die Krankheitsfälle jährlich gestiegen. Ein besonders hohes Krankheitsrisiko besteht bei älteren Menschen, konkret bei solchen, die älter als 84 Jahre sind. In dieser Altersklasse verliefen 24 Prozent der Infektionen tödlich. Doch selbst wenn alle Altersstufen berücksichtigt werden, enden zehn Prozent der Infektionen mit Listerien tödlich.

Küchenhygiene der entscheidende Faktor

Alle drei genannten Erreger werden am häufigsten über Lebensmittel aufgenommen. Daher ist gute Küchenhygiene wichtig, ebenso wie das Durchgaren von Fleisch. Rohmilch sollte vor Verzehr abgekocht werden und Rohmilchprodukte sowie andere rohe Lebensmittel (Hackfleisch, etc.) gehören nicht auf den Speisezettel der besonders gefährdeten Personengruppen, genannt YOPIs (Y= young = jung, O = old = alt, P = pregnant = schwanger und I = immunodeficient = Immunsystem geschwächt).

Während die EU-weiten Infektionen mit diesen drei genannten Krankheitserregern im vier- bis sechsstelligen Bereich liegen, bleiben Erkrankungen, die eher mit „Zoonosen“ assoziiert werden jeweils im ein- bis dreistelligen Bereich.

Tuberkulose, Fuchsbandwurm und Toxoplasmose

An Tuberkulose etwa erkrankten in 2017 185 Personen, 43 davon in Deutschland. Gleichzeitig konnte Tuberkulose EU-weit in 134 Tierhaltungen nachgewiesen werden. Tuberkulose kann beispielsweise von infizierten Kühen über Rohmilch oder Rohmilchprodukte  auf den Menschen übertragen werden. Da das Bakterium keine Hitze verträgt, reicht Abkochen aus, um die Erreger wirksam abzutöten.

Deutlich höher ist das Risiko, sich mit dem Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) zu infizieren. Immerhin 827 Fälle wurden in 2017 gezählt, davon 123 in Deutschland. Für den Fuchsbandwurm gilt der Mensch als Fehlwirt, kleine Nagetiere fungieren als Zwischenwirte und Füchse, Waschbären, Wölfe und Hunde sind die möglichen Endwirte. Die Eier von E. mutlilocularis (ca. 0,03Millimeter gr0ß) können z.B. Wildbeeren anhaften und so beim Verzehr verschluckt werden. Ebenso ist es möglich, die Eier einzuatmen, die sich im Fell von Füchsen, Haustieren oder auch in  Stäuben befinden. Daher sind auch Menschen gefährdet, die keine Haustiere besitzen, eine besondere Gefährdung besteht aber für Landwirte, Hundebesitzer und Jäger.

Toxoplasmose, eine Erkrankung die über Katzen(kot) auf Menschen übertragen werden kann, ist vor allem für Schwangere gefährlich. 2017 wurden 40 Fälle in der EU gezählt, davon zwei in Deutschland. Schwangere, die zu Beginn ihrer Schangerschaft keine Antikörper gegen Toxoplasmen besitzen, sollten den Kontakt mit Katzenkot meiden (z.B. Handschuhe bei der Reinigung der Katzentoilette).

West-Nil-Virus und Trichinella spiralis – sehr selten in Deutschland

Auch beim (in Deutschland in 2017 noch nicht aufgetretenen) West-Nil-Virus handelt es sich um eine Zoonose. Das Virusreservoir sind Vögel; die Übertragung auf Pferde und Menschen erfolgt über Stechmücken. Das WNV ist bisher vor allem in Griechenland, Rumänien und Italien aktiv, doch offensichtlich wird die Gefahr auch für Deutschland größer. 153 Fälle traten 2017 in der EU auf. In 2018 konnte die erste Infektion eines Menschen in Deutschland nachgewiesen werden.

Als letztes sei noch die Infektion mit Trichinella spiralis erwähnt. In den letzten Jahren nehmen die Infektionsraten wieder zu, wobei die größte Gefahr von Wildschweinen ausgeht. Daher unterliegen in Deutschland außer den Hausschweinen auch Wildschweine einer Untersuchung auf Trichinella bevor sie in den Handel gelangen dürfen. Während EU-weit in 2017 168 Erkrankungsfälle auftraten, waren es in Deutschland nur zwei bei Menschen und keine bei Tieren.

Der gesamte Bericht ist unter folgendem Link einzusehen: https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/j.efsa.2018.5500

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