Hitzestress bei Schweinen bestmöglich vorbeugen

Optimale Abkühlung: Sprinklersysteme, die die Schweine regelmäßig kurz(!) befeuchten (Zeitschaltuhr). (Foto: © National Pork Board)

Das anhaltend warme trockene Wetter sorgt auch bei Schweinen für Hitzestress. Der tritt immer dann auf, wenn sie trotz Atmung und Schwitzen nicht mehr in der Lage sind, ihre normale Körpertemperatur aufrecht zu halten. Einige Tips, was man dagegen tun kann.

(aw) – Hitzestress oder Hitzschlag führen auch bei Schweinen zu gesundheitlichen Komplikationen. Symptome sind Durchfall, Schwäche und Kreislaufprobleme. Gerade Schweine sind besonders anfällig für hohe Temperaturen, denn sie können nicht schwitzen und ihr Lungenvolumen ist vergleichsweise klein. Schweine müssen Körperwärme direkt über die Haut ableiten und brauchen daher vor allem kühle Liegeflächen.

Richtwerte für akzeptable Lufttemperaturen (thermoneutral) im Schweinestall abhängig von der Bodenbeschaffenheit und dem Alter der Tiere. Entscheidend sind aber die tatsächlichen Tiersignale. (Quelle/Link: thepigsite.com)

Hitzestress bei Schweinen behandeln

Anzeichen für Hitzestress beim Schwein sind Hecheln, lethargische Bewegung, schlechte Futteraufnahme und dadurch bedingt geringere tägliche Zunahmen oder gar Gewichtsabnahme (Durchfall). Dazu kommen erhöhte Wasseraufnahme, vermehrte Urinproduktion sowie Muskelzittern und Schwäche – bei laktierenden Sauen außerdem verminderte Milchleistung.
Sinnvoll ist es durch gezieltes Temperaturmanagement (siehe nächste Absätze) Hitzeproblemen im Stall möglichst vorzubeugen.
Einzelne Tiere mit erkennbaren Hitzestresssymptomen behandelt man ähnlich wie Menschen:

  • Kalte, feuchte Tücher, auf Nacken und Rücken legen und wechseln, sobald sie ihre kühlende Wirkung verlieren. Besonders effektiv ist ein Wasser-Essig-Gemisch, da Essig besonders schnell verdunstet und so die Kühlung verbessert.
  • Umgekehrt sollt man niemals Eiswasser zur Kühlung verwenden. Der Temperaturunterschied kann ebenfalls einen Schock auslösen.
  • Außerdem sollten hitzegestresste Tiere elektrolythaltige Futterzusätze bekommen, um ihren Mineralhaushalt auszugleichen.

Keine Freilandhaltung ohne Schatten

Freilandschweine brauchen zu jeder Tageszeit ausreichend Schattenplätze. Falls es im Auslauf keine Bäume oder Hecken gibt, braucht es Unterstände/Schutzdächer aus Aluminium oder Stahl, die das Sonnenlicht möglichst gut reflektieren. Generell sollten Schutzhütten deshalb weiß (gestrichen) sein. Bewährt hat sich auch das Abdecken der Dächer mit Ästen oder reflektierender Folie.
Solange genug Wasser zur Verfügung steht, sollten Sprinkleranlagen zur Kühlung und zur Schaffung von Suhlen eingesetzt werden. Wenn weder ein Unterstand noch eine Suhle vorhanden sind, müssen die Schweine mit Sonnencreme eingerieben werden um Sonnenbrände etc. zu vermeiden.

Mastschweine: Ställe lüften – Sonneneinstrahlung minimieren

In Mast- und Sauenställen müssen die Lüfter korrekt arbeiten und regelmäßig kontrolliert werden. Jeder Ausfall ist sofort zu beheben.
Direkte Sonneneinstrahlung führt zu starker Aufheizung des Stalls. Effektiv ist es daher, Fenster oder Dachluken abzudecken. Auch sollte man möglichst die Belegdichte in den Ställen senken, um den Schweinen mehr Raum zum Abkühlen zu geben und die Luftzirkulation zu verbessern.
Wenn die Abteile mit Stroh eingestreut werden, sollten unbedingt einige Bereiche ausgespart bleiben. Schweine brauchen als Liegendkühler eine Kontaktmöglichkeit mit kühlem Boden. Stroh isoliert zu gut, als dass die Schweine darin ausreichend abkühlen könnten. Tiefstreu ist bei warmem Wetter besonders bedenklich, da in den unteren Schichten der Einstreu Kompostierungswärme entsteht, die zusätzliche zur Aufheizung beiträgt.
Trotzdem sollte nicht auf Stroh als Beschäftigungsmaterial und Rohfaserzusatz verzichtet werden.

Optimale Kühlungshilfe: Sprinklersysteme

Bei einer Mikrosuhle versprengen Düsen kleine Wasserstrahlen in einem vorgegebenen Intervall. Die Ferkel freuen sich über die „Kopfdusche“ und legen sich danach als natürlicher Liegekühler gerne auf den feuchten Boden darunter (Quelle: © stallaktiv.de)

Fest installierte Sprinklersysteme, die die Schweine regelmäßig kurz(!) befeuchten (Zeitschaltuhr), wären eine optimale Möglichkeit zur Abkühlung. Ebenso wie Mikrosuhlen (siehe Video). Doch auch manuell können die Landwirte ihre Schweine kühlen, indem sie regelmäßig einen feinen Sprühnebel in den Buchten verteilen – etwa mit Hilfe einer Rückenspritze (frei von Desinfektionsmitteln!) und Wasser.

Ferkel: Wasser in einer Trogtränke

Ferkel können noch leichter als erwachsene Tiere unter hitzebedingten Erschöpfungszuständen leiden und daran sterben. Neben einer ausreichend der Stall(be)lüftung benötigen sie deshalb – wie alle hitzegestressten Tiere – vor allem ausreichend kühles, sauberes Wasser am besten aus einer Trogtränke. Spätestens ab einem Alter von zwei Wochen sollten sie Zugang haben.
Zum anderen darf – ohne ausreichende schattige Rückzugsmöglichkeiten – auch kein direktes Sonnenlicht in die Ferkelbuchten fallen.

Sauen: Kühlender Nackenguss

Hitzestress führt bei Sauen unter anderem zu kleineren Würfen, vermehrten Totgeburten, höheren embryonalen Sterblichkeitsraten, häufigeren Aborten und sogar zu Todesfällen bei den Muttertieren selbst. Der Tierkomfort muss bei Hitze besonders optimiert werden, um gleichbleibend gute Leistungen zu halten. Die Sauen müssen sich vor allem abkühlen können. Es gelten die gleichen Regeln wie im Maststall was Lüftung, Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung und kühlende Liegeflächen betrifft.
Sauen in der Abferkelbucht können durch Wassergüsse auf den Nacken gekühlt werden, wobei darauf zu achten ist, dass die Ferkel nicht nass werden. Im Abferkelbereich ist auch darauf zu achten, dass Ferkelnester so isoliert sind, dass möglichst wenig Wärme entweicht und die Umgebung der Sau aufheizt.

Quelle:
thepigsite.com: „Evading heatstress in swine“
Quelle der Temperatur-Tabelle auf thepigsite.com

Teilen
Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
Web Design MymensinghPremium WordPress ThemesWeb Development

Wildtiere: Hilfe kann auch Leid bedeuten

9. März 20169. März 2016
Ein Faltblatt gibt Tipps zum Umgang mit Wildtieren. (©Landestierschutzbeauftragte Hessen / Erni/Fotolia.com)„Wildtiere brauchen in den aller seltensten Fällen menschliche Hilfe," sagt die Landestierschutzbeauftragte Hessen. Was tun kann, wer ein Wildtier findet – oder aber auch besser lassen sollte – erklärt ein Flyer, den Dr. Madeleine Martin zusammen mit der Landestierärztekammer Hessen herausgegeben hat. (mehr …)