Europa und USA haben unterschiedliche Vorgehensweise bei der Schlachthygiene. In den Vereinigten Staaten steht am Ende des Schlachtprozesses eine Desinfektion – Stichwort „Chlorhühnchen“. Doch keimfrei sind die Tierkörper danach keineswegs, sagt eine Studie.
(aw) – Im Falle eines Austritts aus der EU könnten sich die Bedingungen für Großbritanniens Lebensmittelindustrie verändern. Die USA sehen eine mögliche Chance, neue Märkte zu erschließen und unter anderem ihre „Chlorhühnchen“, die nicht in die EU-Länder verkauft werden dürfen, wenigstens in Großbritannien abzusetzen. Dass die geschlachteten Tiere nicht in die EU gebracht werden dürfen, liegt aber nicht so sehr an der Desinfektionsmethode, sondern an den schlechten Tierschutzstandards (u.a. Belegdichte) in den USA, die die EU nicht akzeptiert.
Keime trotz Chlorbad
Trotz Chlorbad können sich lebensfähige Salmonellen und Listerien auf den Schlachtkörpern befinden. Das haben Mikrobiologen der Southampton University festgestellt. Sie haben die in den USA übliche Desinfektionsmethode genauer untersucht. Durch die Chlorbehandlung ist es allerdings in der Regel nicht möglich, diese Keime unter Laborbedingungen anzuzüchten und nachzuweisen. Dieses Phänomen wird mit VBNC abgekürzt und steht für viable-but-nonculturable.
Der Nachweis der Keime gelang Professor William Keevil und seine Kollegen trotzdem. In Versuchen beimpften sie Spinat mit Salmonellen und Listerien. Dann wuschen sie diesen mit verschiedenen Chlorkonzentrationen und verfütterten den Spinat anschließend an Nematoden (Caenorhabditis elegans). Die Lebensdauer der Nematoden, die den kontaminierten Spinat bekamen, nahm gegenüber normalen Nematoden signifikant ab. Es gab auch kein Unterschied in der Abnahme der Lebensdauer zwischen anzüchtbaren Listerien und den, durch das Chlorbad gestressten Mikroorganismen.
Wichtigster Schutz: Küchenhygiene
Professor Keevil betont, dass es in seinen Versuchen nicht um die Gefahr einer Infektion von Menschen durch das Geflügelfleisch direkt geht, denn durch das Erhitzen beim Kochen werden Listerien und Salmonellen abgetötet. Vielmehr geht es um Kreuzkontaminationen anderer Lebensmittel in der Küche – zum Beispiel über Messer oder Arbeitsplatte.
Bei herkömmlichem Geflügelfleisch kennt der Verbraucher in der Regel die nötigen Hygienemaßnahmen (getrennte Arbeitsbereiche, Messer gründlich reinigen etc. – siehe auch BfR-Empfehlungen zur Küchenhygiene). „Chlorhühnchen“ allerdings suggerieren, dass ihre Oberfläche keimfrei ist und keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen nötig sind.
Zu dieser Theorie könnten die neuesten Statistiken passen: In den USA sterben jährlich rund 380 Menschen an lebensmittelbedingten Infektionen. Dagegen hat es in Großbritannien zwischen 2005 und 2015 keinen einzigen Todesfall aufgrund von Lebensmittelinfektion gegeben.
Quelle:
MBio/American Society of Microbiology (Webversion) oder PDF-Download
Bericht in der Zeitung „The Guardian“
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Was tun mit dem Huhn – Video zur richtige Küchenhygiene (Bundesinstitut für Risikobewertung/BfR)