Die ersten 15 Minuten: Grundlagen der Kälbergeburt

Je eher, desto besser – die frühzeitige und ausreichende Kolostrumgabe entscheidet über die künftige Gesundheit eines Kalbes. (Foto: © WiSiTiA/aw)

Die ersten 15 Minuten im Leben eines Kalbes sind oft entscheidend für die spätere Leistungsfähigkeit. Eine US-Kollegin hat deshalb eine Liste mit sechs wichtigen Punkten erstellt: Die Basics der Kälbergeburt.

(aw) –  Amanda Fordyce, technische Beraterin bei Milk Products, Wisconsin, nennt im Gespräch mit Jim Dickrell für DairyHerd.com sechs wichtige Punkte für die ersten 15 Minuten der Kälbergeburt.

1. Keine reflexartige Zughilfe

Man sollte den Reflex unterdrücken, Zughilfe zu leisten, sobald die Klauen des Kalbes sichtbar sind. Wenn Kühe ungestört kalben, pausieren sie in der Regel einige Minuten sobald der Brustkorb des Neugeborenen im Freien ist und das Kalb die ersten Atemzüge nimmt. Während dieser kurzen Zeit pumpt die Mutter über die Plazenta noch etwa einen halben Liter Blut in das Kalb. Der steigert Gesundheit und Vitalität .
Fordyce betont: „Solange der Geburtsverlauf normal ist und sich das Kalb in der korrekten Lage befindet und weder Mutter noch Kalb gestresst erscheinen, sollten Sie die Geburt lediglich überwachen.“

2. Die ersten Atemzüge anregen

Wenn das Kalb nicht sofort atmet, hilft eventuell ein Kaltwasserguss auf den Nacken oder die Stirn. Die Atmung kann man auch über einem sauberen Strohhalm angeregen, der in die Nasenlöcher geschoben wird. Zusätzlich sollte das Neugeborenen in Brustlage gebracht werden. Dann sind die Luftwege nicht verlegt und es kann leichter atmen als in Seitenlage.

3. Kälber nicht an Hinterbeinen aufheben

Kälber brauchen in der Regel nicht mit den Hinterbeinen aufgehoben werden, um die Atemwege frei zu legen. Im Gegenteil: Diese Maßnahme führt eher dazu, dass sie schlechter Luft holen können, denn die Organe im Bauchraum drücken auf das Zwerchfell. Die Flüssigkeit, die beim Hochheben aus Mund und Nase austritt kommt meistens nicht aus der Lunge sondern aus dem Magen.

4. „Still births“: Atmung doch noch aktivieren

Manchmal beginnen Kälber nicht zu atmen, obwohl das Herz noch schlägt („still births“). Fordyce empfiehlt auch bei diesen Tieren einen Kaltwasserguss, die Stimulation mit einem Strohhalm und eine kräftige Massage des Brustkorbs. Diese Maßnahmen können dazu beitragen, dass die Atmung doch noch einsetzt.

5. Im Winter: Als erstes in die Wärmebox

Vor allem bei kaltem Wetter sind beheizbare Kälberboxen notwendig. Dort können die Kälber so schnell wie möglich abtrocknen und verlieren dabei so wenig wie möglich Energie. Sobald die Kälber trocken sind, kann man sie in eine kältere Umgebung bringen. Fordyce empfiehlt bei kühlen Temperaturen Kälberdecken oder besonders tiefe Stroheinstreu, damit sich die Kälber einen ausreichend isolierten Liegeplatz schaffen können.

6. Auf bestmögliche Kolostrumversorgung achten

Kälber können wichtige Antikörper und andere Immunfaktoren nur während der ersten 24 Lebensstunden effektiv aufnehmen, daher sollten die Neugeborenen bereits während der ersten beiden Lebensstunden drei bis vier Liter Kolostrum aufnehmen.
Zur Fütterung sind desinfizierte Tränkeeimer und Tränkenuckel nötig, damit das Kalb nicht sofort mit potentiellen Krankheitserregern in Berührung kommt.
Falls die Mutter nicht gemolken werden kann oder nicht ausreichend Milch gibt, kann Biestmilch einer andren Kuh verfüttert werden, die ebenfalls gerade gekalbt hat. In kleineren Betrieben ist das Einfrieren von Biestmilch älterer Kühe eine Alternative. Außerdem gibt es Biestmilchpulver im Handel, das etwa 150 Gramm IgG pro Portion enthalten sollte, damit die Kälber einen ausreichenden Schutz erhalten.
(Mehr zum Thema Kolostrum hier)

Quelle:
Calving Basics: The Frist 15 Minutes (dairyherd.com)

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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