Der Bundesrat hat – trotz intensiver tierärztlicher Proteste – der Novellierung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung mit einigen Änderungswünschen zugestimmt. Übernimmt das Bundeslandwirtschaftsministerium diese, kann die neue Verordnung bereits Ende Februar in Kraft treten. BTK und bpt kritisieren die Entscheidung und insbesondere eine begleitende Entschließung mit deutlichen Worten.
Hinweis: Die TÄHAV ist ab 1.März 2018 in Kraft – aktuellster Bericht mit Anwnungshinweisen (Fliessdiagramme) und der finalen TÄHAV-Fassung hier
(jh/PM) – Die überarbeitete Tierärztlichen Hausapothekenverordnung (TÄHAV) enthält ein Umwidmungsverbot für Antibiotika mit besonderer Bedeutung für die Humanmedizin – namentlich Fluorchinolone und Cephalosporine der 3./4. Generation. Darüber hinaus macht sie Vorgaben zu Methoden zur Probenahme und zur Isolierung von Bakterien. Eingeführt wird außerdem eine unter bestimmten Voraussetzungen geltende Pflicht zur Erstellung eines sogenannten Antibiogramms.
- Entwurfstext der TÄHAV-Novelle OHNE(!) die vom Bundesrat beschlossenen Änderungswünschen (PDF-Download)
- Bundesratsbeschluss mit Änderungswünschen im Wortlaut (PDF-Download)
Stellungnahmen der Berufsverbände: „So nicht notwendig“
„Auch vor dem Hintergrund, dass die Menge der in der Tiermedizin verwendeten Antibiotika in den letzten Jahren um mehr als die Hälfte gesunken ist, bedeutet die nun getroffene Regelung eine so nicht notwendige bürokratische Belastung für Tierärzte und eine finanzielle Belastung für Tierbesitzer,“ kommentiert Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer, in einer Pressemitteilung die Bundesratsentscheidung.
Ähnlich hatte auch der Bundesverbandes praktizierender Tierärzte (bpt) bereits im Vorfeld argumentiert. Aus Sicht von bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder, war die Entscheidung „kein guter Tag für Tierärzte, Tierhalter und Öffentlichkeit. Für Tierärzte nimmt die Rechtsunsicherheit weiter zu und für Landwirte, Kleintier- und Pferdehalter verteuert sich künftig die antibiotische Behandlung ihrer Tieren erheblich, ohne dass damit ein Nutzen für die Gesundheit von Mensch und Tier verbunden ist,“ heißt es in einer aktuellen bpt-Stellungnahme zur Entscheidung.
Beide Verbände kritisieren außerdem harsch, dass der Bundesrat in einer zusätzlichen Entschließung weitergehende Forderungen an die Bundesregierung gestellt hat.
Bundesrat fordert: „Reserveantibiotika“ verbieten
So fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, Festpreise für Antibiotika festzulegen, um wirtschaftliche Anreize durch Rabattierungen beim Verkauf großer Mengen an Antibiotika zu beseitigen.
Außerdem bitten die Länder die Bundesregierung, eine Liste der so genannten Reserveantibiotika der Humanmedizin zu erstellen und deren Einsatz in der Veterinärmedizin einzuschränken beziehungsweise zu verbieten. Eine nachhaltige Verbesserung der Tiergesundheit trage erheblich zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei, betonen sie in ihrer Entschließung.
„Tierärzteschaft empört“
Diese Entschließung trifft bei der Tierärzteschaft auf Empörung, schreibt die BTK: „Die dort angesprochene Möglichkeit der Rabattierung wurde gerade vom Ministerium durch das sogenannte Rabattgutachten (Kurzfassung hier / Anm.d.Red.) überprüft, mit dem Ergebnis, dass Rabatte nicht dafür verantwortlich sind, ob Tiere mehr oder weniger oft behandelt werden“, erläutert Dr. Tiedemann. Auch sei die geforderte Auflistung antibiotischer Wirkstoffe, die ausschließlich der Behandlung des Menschen vorbehalten sein sollen, nicht zielführend. Anwendungseinschränkungen dieser Stoffe seien ja gerade wesentlicher Inhalt der geänderten TÄHAV. „Mit der in der Entschließung gewünschten Vorgehensweise würde man sie ad absurdum führen, die Behandlung von Tieren unmöglich machen und der Bekämpfung von Resistenzen noch nicht einmal nützen.“
Auch der bpt kritisiert, dass weder die rechtliche Bedenken Berücksichtigung fanden, noch die offenkundigen fachlichen Fehler im Entschließungsantrag korrigiert wurden. Außerdem lenke die Politik mit dieser Entscheidung von der Notwendigkeit ab, in anderen Bereichen handeln zu müssen: „Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge ist die Tiermedizin nämlich nur für einen kleinen Teil der Resistenzen beim Menschen verantwortlich.“
Die Tierarztverbände hatten im Vorfeld intensiv darum geworben, die Abstimmung zu vertagen. Wir haben die Berichte dazu – auch weil sie die Argumente der Verbände gegen die TÄHAV-Novelle enthalten – im Folgenden noch einmal verlinkt (chronologisch):
- TÄHAV: Antibiotikaresistenztests schon Ende Februar verpflichtend? (12.1.2018)
- Antibiogrammpflicht kommt: Bundesrats-Ausschuss winkt TÄHAV-Novelle durch (22.1.2018)
- bpt: TÄHAV stoppen – teuer für Tierhalter – unsicher für Tierärzte (30.1.2018)