Melken im Winter: Zitzenproblemen vorbeugen

Zitzenpflege im Winter: Ein Dipmittel verwenden, das nicht zusätzlich austrocknet. (Foto. WiSiTiA/aw)

Der Winter ist da. Je kälter die Temperaturen, desto stärker häufen sich die Probleme mit den Zitzen von Milchkühen. Warum Blindmelken, zu feuchte Zitzen und Vakuumabfall jetzt noch mehr schaden als im Sommer – und was man dagegen tun kann – erläutert US-Kollege Daniel Reid.

(aw) – Unabhängig von Temperaturen hängt die Unversehrtheit der Zitzen in erster Linie von der Melkdauer ab. Doch auch andere Faktoren wie zum Beispiel das Anrüsten der Euter, die Kriterien zur Melkzeugabnahme, der Milchfluss, die Höhe des Vakuums und die Funktion der Pulsatoren spielen eine Rolle. Wie man hier die bei niedrigen Temperaturen noch einmal empfindlicheren Zitzen möglichst schont, erläutert Tierarzt Daniel A. Reid aus Wisconsin (USA) in der Dezemberausgabe von Dairy Herd Management.

Blindmelken unbedingt vermeiden

Speziell für die Beschaffenheit der Zitzenkuppen und der Zitzenschleimhaut ist es – gerade im Winter – wichtig, dass die Kühe möglichst wenig blind gemolken werden. Hier sind zwei Phasen kritisch: ganz zu Anfang des Melkvorgangs, nachdem das Melkzeug angelegt wird, und zum Ende des Melkens, wenn der Milchfluss nachlässt.
In beiden Phasen befindet sich wenig Milch in der Zitze, so dass das Vakuum Haut und Schleimhaut besonders reizt.
Die Bewegung der Zitzengummis zieht die Zitzen sowohl in der Länge als auch in die Breite. So entstehen Mikroläsionen an der Außenhaut. Bei kaltem Wetter die Haut trockener und damit empfindlicher, deshalb fallen die Hautschäden stärker aus als im Sommer. Geschädigte Haut produziert neue Haut und Keratin, wodurch es an den Zitzenenden zu einer Hyperkeratose kommt – mit vielfältigen negativen Folgen (siehe unten).
Blindmelken lässt sich am effektivsten durch eine gute Anrüstung vermeiden. So ist der Milchfluss schon zu Beginn des Melkvorgangs hoch und die Kuh melkt sich schneller aus. Entsprechend verkürzen sich die kritischen Blindmelkphasen.

Einfacher Test der Milchflussmenge

Auch die automatische Abnahme der Melkzeuge richtet sich nach dem Milchfluss. Wird eine kritische Menge unterschritten, schaltet sich das Melkzeug automatisch ab. Wer sich nicht sicher ist, ob die Einstellung passt, kann dies mit einem einfachen Test herausfinden: Direkt nach der Melkzeugabnahme wird mit der Hand nachgemolken. Es sollten sich nicht mehr als 250 Milliliter Milch in allen vier Viertel zusammen befinden. Ist weniger Restmilch in den Vierteln oder ist der Kuh das Nachmelken unangenehm, dann muss die Melkzeugeinstellung nachjustiert werden.

Zitzen möglichst trocken halten

Die Zitzen sollten außerdem so trocken wie möglich gehalten werden. Dazu müssen sie im Anschluss an das Melken abgetrocknet werden – in der richtigen Reihenfolge: Zuerst trocknet und desinfiziert der Melker die beiden, von ihm weiter entfernten Zitzen. Das hält das Risiko einer erneuten Kontamination der dem Melker näheren Viertel (durch Arme oder Hände beim Vorbeigreifen) so gering wie möglich. Im Winter sollte man außerdem ein Dipmittel verwenden, das die Haut zusätzlich pflegt und nicht weiter austrocknet.

Vakuumabfall führt zu Keratinbildung

Ein wesentlicher Grund für schlechte Zitzenbeschaffenheit ist auch ein zu langsamer Milchfluss durch einen Vakuumabfall im System. Um Schwankungen zu minimieren, sollten Schläuche am Melkzeug so kurz wie möglich gehalten werden und in den ableitenden Milchleitungen wenig oder keine Steigungen verbaut sein. Auch die Leistung und Taktung der Pulsatoren muss man regelmäßig kontrollieren, da eine schlechte Zitzenmassage die Zitzenkuppen in Mitleidenschaft zieht und zu höherer Keratinbildung führt.

Negative Folgen der Keratose

Diese Verhornungen führen wiederum dazu, dass Zitzen schlechter gereinigt werden können und sich Bakterien leichter festsetzen. Auch wird  der Schließmuskel die Zitzenschleimhaut nicht optimal versorgt. So können Keime leichter eindringen und Euterentzündungen verursachen.
Eine regelmäßige Beurteilung der Zitzenkuppen und Schließmuskel bei allen Kühen, lässt Rückschlüsse auf den gesamten Melkvorgang zu: So ist eine zeitnahe Justierung des Systems möglich – bevor Mastitiden zu einem Problem werden.

Quelle:
Dairy Herd Management (12/2017 – komplette Digitalausgabe hier)

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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