Durch den Fipronil-Skandal ist sie in den Fokus geraten: Die Rote Vogelmilbe als oft unterschätzer Ektoparasit in der Legehennenhaltung. Der illegale Einsatz des Antiparasitikums bei Legehennen zeigt auch, wie schwierig die Bekämpfung ist. Einige Ansätze.
(aw) – Die Rote Vogelmilbe ist ein oft unterschätztes Problem in der Legehennenhaltung, dabei handelt es sich um einen äußerst kostspieligen Parasiten: Schäden von rund 360 Millionen Euro pro Jahr verursacht der Befall von Hühner alleine in Europa, wie Melanie Epp auf thepoultrysite berichtet.
Ein Jahr ohne Blutmahlzeit überleben
Beschrieben wurde die Rote Vogelmilbe bereits 1778. Von Europa und Asien ist sie mittlerweile auch in die USA gelangt. Die Milbe kann dabei über unzählige Vektoren in einen Betrieb eingeschleppt werden: über Eier, Transportkäfige, Eierschachteln, Tiere und Menschen. Außerdem ist sie extrem widerstandsfähig. Sie überlebt ein Jahr ohne Blutmahlzeit und kann dabei Temperaturen zwischen + 45°C und – 25°C aushalten. Die Milben mögen es warm und feucht. Daher können sie sich im Sommer explosionsartig in den Geflügelbeständen vermehren. Der Vermehrungszyklus dauert nur eine Woche.
Übersehener Befall oft tödlich
Da die Rote Vogelmilbe nachtaktiv ist und sich tagsüber sorgfältig versteckt, kann es sein, dass ein Befall nicht sofort erkannt wird. Symptome bei den Hennen sind Unruhe und Stress aufgrund von Juckreiz und Hautveränderungen. Das kann eventuell sogar zu Kannibalismus führen. Außerdem nimmt die Legeleistung bei stärkerem Befall ab und die tägliche Futteraufnahme steigt an. Eine Milbe saugt pro Biss etwa 200 Mikrogramm Blut. Bei mehr als 500.000 Bissen pro Nacht – und dies ist kein utopisches Szenario – sterben die befallenen Hühner innerhalb weniger Tage.
Bekämpfung: Schwierig, aber nicht unmöglich
Die Bekämpfung der Milben ist schwierig, aber nicht unmöglich. Dr. Monique Mul von der Universität Wageningen glaubt, dass sie sich zumindest kontrollieren lässt: Mit Vorbeugung, Unterdrückung und konsequentem Monitoring.
Sauberkeit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Milbe versteckt sich beispielsweise unter getrocknetem Kot oder auch im Staub. Daher sollten die Ställe so oft wie möglich gemistet und entstaubt werden. Die gründliche Reinigung zwischen den Legeperioden ist essentiell.
Die Gefahr eines Eintrags lässt sich reduzieren, wenn man die Verbreitung zwischen den Ställen eindämmt. Alle externen Gegenstände, die mit dem Hühnerstall oder den Tieren in Kontakt kommen, sind vorher sorgfältig zu reinigen.
Schnell resistent gegen Pestizide
Bei der Bekämpfung mit Pestiziden entwickeln die Milben relativ schnell eine Resistenz. Deshalb ist es zwingend, die Dosierungsvorgaben einzuhalten. Auch sollte man einen Wirkstoff nicht zu häufig benutzen. Fipronil ist eines der effektivsten Präparate, aber in der EU zum Einsatz bei lebensmittelliefernden Tieren nicht mehr zugelassen.
Dr. Mul betont, dass es auch einige relativ wirksame Mittel auf pflanzlicher Basis gibt. So eignen sich ätherische Öle und Kieselsäure, um die Besatzdichte der Milben zu reduzieren.
Räubermilbe als biologischer Feind
Darüber hinaus ist es möglich, Räubermilben einzusetzen. Dieses Verfahren ist bisher unter anderem in Großbritannien erlaubt, da Androlaelaps casali dort heimisch ist. Die Milben dürfen von britischen Händlern jedoch nicht exportiert werden. Mittlerweile kann man die Milben unter dem Produktnamen Androlis® auch in Deutschland erweben. Je nach Stärke des Befalls müssen eventuell mehrmals Räubermilben im Stall ausgesetzt werden.
Die Räubermilben töten die Rote Vogelmilbe in allen Entwicklungsstadien von Ei bis zum adulten Tier. Eine Milbe mit einer anderen zu bekämpfen, hört sich zunächst problematisch an, doch die Räubermilbe ist weniger widerstandsfähig als ihr Verwandter. Sie stirbt in der Regel, sobald die „Futterquelle“ verschwunden ist oder die Außentemperaturen sinken. Auch eine einfache Reinigung der Ställe mit Wasser, entfernt die Räubermilben wirksam.
Sitzstangen unter Strom
Dr. Mul empfiehlt zur Vorbeugung außerdem die Verwendung von besonderen Sitzstangen, die an der Unterseite mit zwei Stromleitungen ausgestattet sind (unter dem Namen Q-Perch im Handel). Eine Eigenart der Roten Vogelmilbe ist, dass sie entlang der Unterseite der Sitzstangen und dann auf die Hühner krabbelt. Die Q-Perch-Sitzstangen sind so konstruiert, dass nicht die Hühnerfüße, aber die Milben mit den Stromlitzen in Kontakt gelangen – wenn sie an der Unterseite entlang krabbeln (siehe Grafik).
Es gibt also mittlerweile einige – relativ effektive – Bekämpfungsmethoden gegen Rote Vogelmilben, die ohne Pestizide auskommen. Doch wie bei allen Tierhaltungen ist Sauberkeit und Biosicherheit auch der beste Schutz vor Parasiten.