Geflügelzucht: Bluttest auf Tiergesundheit

Gesunde Küken sind entscheidend für eine antibiotikafreie Mast. Per Bluttest will man besonders widerstandsfähige Elterntiere identifizieren. (Foto: © ZDG)

Per Bluttest wollen Wissenschafter besonders gesunde Tiere identifzieren und zur Zucht einsetzen. Die Erwartung: Eine solche Züchtung auf natürlich hohe Krankheitsresistenz verbessert gerade bei Mastgeflügel die Lebensmittelsicherheit. Zum einen, weil weniger Medikamente eingesetzt werden müssen. Zum anderen, weil weniger Keime auf die Schlachtkörper gelangen.

(aw) – Ein Bluttest soll die Auswahl besonders gesunder Zuchttiere vereinfachen: Wissenschaftler des Agricultural Research Service (ARS) haben ihn für Geflügel entwickelt. Er soll es einfacher machen, pathogenresistente Hühner zu züchten. Dazu wird Blut der Zuchttiere – in diesem Fall der Hähne – auf Cytokine und Chemokine untersucht. Tiere, die davon höhere Konzentrationen im Blut haben, sind – so erwarten es die Wissenschaftler – gesünder. Der Grund: Diese Substanzen mobilisieren die Immunreaktion des Geflügels.

Per Bluttest gesunde Zuchthähne identifizieren

Mit Hilfe des neuen Tests können Züchter Hähne mit einem besonders guten Immunsystem identifizieren und entsprechend zur Zucht einsetzen. Eine verringerte Krankheitsanfälligkeit ist gerade bei Küken in der ersten Lebenswoche wichtig. Das gilt insbesondere in der Hähnchenmast, da die Tiere nicht alt genug werden, um auf Impfungen rechtzeitig anzusprechen.

Nachweislich geringere Campylobacter jejuni-Besiedlung

In Versuchen infizierten die Wissenschaftler um Dr. Christi Swaggerty zwei Gruppen von Broilern am zweiten Lebenstag mit Campylobacter jejuni. Die eine Gruppe bestand aus Tieren mit niedrigen Blutkonzentrationen an Cytokinen und Chemokinen (low line), die andere aus den speziell auf hohe Konzentrationen gezüchteten Broilern (high line). Am sechsten Lebenstag wurden die Küken getötet und der Blinddarminhalt untersucht.
Tatsächlich konnten die Untersucher einen unterschiedliche hohen Besiedlungsgrad mit Campylobacter im Blinddarm nachweisen:

  • Die Low- line-Tiere waren zu 94,4 % besiedelt.
  • Küken mit hohen Cytokin/Chemokin-Konzentrationen (high line) waren mit 71,8 % weniger oft besiedelt.
  • Die absolute Menge an C. jejuni im Blinddarm war in beiden Gruppen nicht signifikant verschieden.

Risiko: Keimübertragung auf Menschen

Beim Geflügel spielt der Keimgehalt auf und im Tier eine ganze besondere Rolle für die Lebensmittelsicherheit. Durch den Schlachtprozess finden sich häufig nach der Schlachtung auf der Haut noch Bakterien (Salmonellen, Campylobacter), die Infektionen bei Menschen verursachen können. Problematisch ist – und davor warnt auch das Bundesinstitut für Risikobewertung immer wieder –  die nachlässige Küchenhygiene im Umgang mit dem rohen Geflügelfleisch. Im deutschen Zoonosemonitoring 2016 haben Campylobacter die Salmonellen als häufigsten bakteriellen Durchfallerreger abgelöst.
In den USA versucht man den Keimgehalt auf den Tieren durch das Eintauchen der Schlachtkörper in chlorhaltiges Wasser zu vermindern. Den nicht-sachgemäßen Umgang mit rohem Hähnchenfleisch macht man dort für bis zu drei Millionen Lebensmittelinfektionen und geschätzte 500 Todesfälle pro Jahr verantwortlich. In Deutschland wurden zuletzt 70.000 Campylobacterinfektionen offiziell vom RKI registriert.

Dr. Swaggerty betont: Weniger Keime aufgrund gesünderer Tiere verbessern also die Verbrauchersicherheit. Eine Zucht auf bessere Immunität von Geflügel, spare dabei nicht nur Antibiotika ein, sondern sei auch zur Infektionsvorbeugung beim Menschen eine sinnvolle Maßnahme.

Quelle: Oxford Academic Poultry Science Magazin

BfR-Video Küchenhygiene: Mit Hühnchenfleich richtig umgehen

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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