Zu schmale Fressplätze: Kuhstall ist überbelegt

Fressplätze müssen ausreichend breit sein (min 81 cm pro Tier), nur dann können Kühe ungestört Futter aufnehmen. (Foto: WiSiTiA/aw)

Jede Kuh braucht einen Liegebox – gerade nachts. Überbelegung schadet der Tiergesundheit. Doch die Fressplatzbreite ist genauso entscheidend. Kanadische Forscher raten zu einer neuen Reihenfolge bei der Stallplanung: Erst ausreichend breite Fressplätze berechnen (Futtertischlänge), dann die Zahl der dazugehörigen Liegeboxen.

(aw) – Die meisten Landwirte messen die Belegung ihres Kuhstalls an der Anzahl der Tiere im Verhältnis zur Anzahl der Liegeboxen. Doch diese Rechnung bildet die wahre Situation nicht ab, meint Dan Weary, Tierwohlexperte der University of British Columbia (Kanada): „Komfortable Liegemöglichkeiten sind der Schlüssel. Doch der Platz zum Fressen ist ebenfalls wichtig für die Tiergesundheit“, erläutert er. Zwar hätten viele Betriebe mittlerweile ein Verhältnis von einer Liegebox pro Tier realisiert, aber häufig sei am Futtertisch nicht genug Platz. Damit besteht zwar im Bezug auf die Liegeplätze keine Überbelegung, wohl aber wenn es um das ungestörte Fressen geht.

Fressplatz: Mindestens 82 Zentimeter breit

Gerade Kühe in der Hochlaktation brauchen mindestens 82 Zentimeter Fressplatzbreite, haben die Kanadier herausgefunden. Bei einem solchen Platzangebot können zumindest 80 Prozent der Tiere gleichzeitig ungestört fressen. Sind es dagegen nur 61  Zentimeter, dann  reicht der Platz nur für die Hälfte, bei 41 Zentimeter Fressplatzbreite können sogar nur noch 30 Prozent der Kühe gleichzeitig Futter aufnehmen.
Dabei ist der Kampf um die Fressplätze naturgemäß am größten, wenn frisches Futter vorgelegt wird – also in der Regel im Anschluss ans Melken. Eine Konkurrenzsituation verkürzt die Fresszeiten und senkt die Futteraufnahme. Außerdem stehen viele Kühe zu lange in den Gängen, um auf einen freien Platz zu warten.

Stallplanung: Erst Futtertischlänge kalkulieren, dann Liegeboxenzahl

Daher rät Dan Weary zu einer neuen Reihenfolge bei Planung von Ställen: Zunächst sollte die Futtertischlänge kalkuliert werden, dann erst die Anzahl der Boxen, die dahinter passen müssen. Damit versteht es sich von selbst, dass drei Boxenreihen pro Futtertisch zu viel sind. Drei- beziehungsweise sechsreihige Ställe sollten in Zukunft nicht mehr gebaut werden, rät Weary.

Überbelegung nicht hinnehmen

Auch wenn landwirtschaftliche Berater immer noch eine Überbelegung – mit Blick auf die Anzahl der Liegeboxen – hinnehmen, ist Dan Weary aus gutem Grund anderer Meinung: „Kühe sind tagaktiv und ziehen es daher vor, nachts gleichzeitig zu liegen.“ Die Konkurrenz um einen Liegeplatz ist daher dann am größten, wenn es dem Landwirt nicht auffällt, nämlich nachts.

Auch Kühe haben Lieblingsplätze

Wie groß diese Konkurrenz – und umgekehrt, gering der Kuhkomfort – ist, zeigt sich auch an dieser Zahl: Selbst in „unterbelegten“ Ställen (75 Prozent Auslastung) liegen noch mehr Kühe als bei einem 1:1-Verhältnis von Tier und Liegebox. Das liegt daran, dass nicht alle Boxen gleich beliebt sind. Je weiter entfernt von Tränken oder dem Futtertisch, desto unbeliebter werden die Liegeboxen in der Regel. Auch Kühe laufen freiwillig nicht unbedingt weiter als sie müssen. Manchmal spielt aber auch der Luftaustausch eine wichtige Rolle, denn gerade im Sommer bevorzugen Kühe Zonen mit höherer Luftbewegung.

wir-sind-tierarzt.de meint: Platz ist entscheidend

(aw) – Einmal mehr zeigt diese Untersuchung: Egal für welche Tierart und welches Haltungssystem – ausreichend Platz für das Einzeltier trägt ganz entscheidend zum Tierwohl und auch der Tiergesundheit bei.

Quelle: dairyherd.com

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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