Tierarzt ohne Approbation verurteilt

Vierzehn Monate Haft auf Bewährung – das ist die Strafe für einen Tiermediziner, der nach Entzug der Approbation weiter behandelte. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten verurteilt ihn wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 18 Fällen. Der „scheinlose“-Tierarzt hinterlässt Todesfälle. Und eine Reihe treuer Kunden.

(hh) – Anstatt Medikamenten und wirksamen Behandlungen verschrieb Christoph C. homöopathische Mittelchen und riet den ratlosen und besorgten Tierbesitzern, die Ernährung ihrer Lieblinge umzustellen.

Der nun in der Tagespresse als „Fake-Tierarzt“, „Dr. Pfusch“ und „Falscher Tierarzt“ bezeichnete Mann ist – oder vielmehr war – anscheinend bis 2014 approbierter Tierarzt. Nach Informationen des Berliner Kurier hat Christoph C. tatsächlich Tiermedizin studiert. Doch aus bislang noch ungeklärten Gründen wurde dem Mann seine Zulassung Anfang 2014 entzogen. Das schien ihn aber nicht daran gehindert zu haben, sich selbst auch weiterhin als Tierarzt zu bezeichnen und zu behandeln. Zwar schloss der 49-Jährige daraufhin seine Praxis in der Pankower Hertzstraße – behandelte aber in einer Garage weiter.

„In einem gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Berlin geführten Ermittlungsverfahren wegen Betrug und Verstoß gegen die Bundestierärzteverordnung nahmen Beamte des Landeskriminalamtes und des Polizeiabschnitts 13 den Mann am vergangenen Montag fest“, bestätigte eine Polizeisprecherin gegenüber der Presse. Und weiter: „Dem 49-Jährigen wird vorgeworfen, von Mai 2014 bis August 2016 trotz fehlender Approbation als Tierarzt praktiziert zu haben.“ Dabei sollen „die von ihm durchgeführten kostenpflichtigen Behandlungen zum Tod mehrerer Tiere geführt haben“.

„Stachel im Fleisch der organisierten Haustierindustrie“

Während die BILD Opfer von C. vor der Linse hatte, die sagen, er hätte ihr Tier auf dem Gewissen, hat er in den Bewertungsportalen durchaus auch eine Fan-Gemeinde, die ihn gar als Held feiert, der sich „gegen die organisierte Haustierindustrie stemmt“. Christoph C. „war uns jederzeit ein gewissenhafter, fürsorglicher Tierarzt“, schreibt Claudia S., „mit einem unabhängigen Geist, der sich ausschließlich am Wohl des Patienten orientierte. Ob mit Approbation oder ohne. Wissen und Fähigkeiten soll er mit der Zulassung abgegeben haben? Wie naiv ist das denn? Unserem Tier hat er einst nach einer 485 Euro teuren, überflüssigen Misshandlung durch ein Veterinärmedizinisches Zentrum die Gesundheit wiederhergestellt, möglicherweise sogar das Leben erhalten. Natürlich konnte es ihm nicht dauerhaft gelingen, sich allein mit moralischen Prinzipien gegen die organisierte Haustierindustrie zu stemmen, und so werden wir gerade Zeuge, wie konsequenterweise mit vereinten privaten, staatlichen und medialen Kräften der Stachel aus dem Fleisch gezogen wird.“

Polizei sucht nach weiteren Opfern

Allerdings finden sich auch unzählige Einträge, in denen der Arzt als Scharlatan beschimpft wird, der „nichts weiter als ein Betrüger“ sei. Davon sind auch Staatsanwaltschaft und ein Haftrichter überzeugt: Wegen des Verdachts des „gewerbsmäßigen Betrugs“ und Verstoß gegen die Bundestierärzteversorgung erhielt der 49-Jährige nach seiner Festnahme einen Haftbefehl. Jetzt suchen die Ermittler nach weiteren Opfern.

Quellen: Medienbericht, u.a. Berliner Zeitung, BILD.de

Teilen
Über den Autor

Dr. Henrik Hofmann

Dr. Henrik Hofmann (hh) betreibt seit 1995 eine eigene Tierarztpraxis in Butzbach. Er ist Fachtierarzt für Allgemeine Veterinärmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Akupunktur. (www.tierundleben.de) Als Autor und Redakteur hat Hofmann in etlichen Zeitschriften und Zeitungen rund ums Tier geschrieben. Bei wir-sind-tierarzt.de betreut er schwerpunktmäßig Medizinthemen, den Bereich Praxismanagement und die Rubrik Mensch-Tierarzt. Außerdem steuert er die SocialMedia-Aktivitäten und leitet die Bildredaktion. Zuletzt ist sein Buch „Tieren beim Sterben helfen – Euthanasie in der Tierarztpraxis“ erschienen. Kontakt: henrik.hofmann(at)wir-sind-tierarzt.de
Web Design MymensinghPremium WordPress ThemesWeb Development

Wildtiere: Hilfe kann auch Leid bedeuten

9. März 20169. März 2016
Ein Faltblatt gibt Tipps zum Umgang mit Wildtieren. (©Landestierschutzbeauftragte Hessen / Erni/Fotolia.com)„Wildtiere brauchen in den aller seltensten Fällen menschliche Hilfe," sagt die Landestierschutzbeauftragte Hessen. Was tun kann, wer ein Wildtier findet – oder aber auch besser lassen sollte – erklärt ein Flyer, den Dr. Madeleine Martin zusammen mit der Landestierärztekammer Hessen herausgegeben hat. (mehr …)