Geflügelgrippe kann zwar von Vögeln auf Menschen übertragen werden, die Weitergabe von Mensch zu Mensch funktioniert dagegen kaum. Der Grund könnte eine mineralisierte Schutzhülle sein, die sich die Viren im Geflügel zulegen. Im „menschlichen Milieu“ können sie die aber nicht mehr bilden und verlieren so ihren Überlebensvorteil, sagen chinesische Wissenschaftler.
(aw) – Im Geflügeldarm ist die Kalziumkonzentration sehr hoch, daher umgeben sich die Geflügelpest-Viren dort zum Schutz mit einer eierschalenartigen Mineralschicht. Die erhöht zugleich auch die Virulenz. Warum, das haben chinesische Wissenschaftler um Dr. Ruikang Tang von der Zhejian Universität (Hangzhou/China) herausgefunden – und auch nachgewiesen, dass dieser „Vorteil“ im menschlichen Milieu nicht mehr greift. Das ist vermutlichen der Grund warum die Ansteckung von Mensch zu Mensch aktuell eher schlecht funktioniert.
Schutzschicht erleichtert anheften an Wirtszellen
Viren, die sich einen solchen mineralisierten „Schutzpanzer“ zugelegt haben,
- sind zum einen in der Umwelt besser überlebensfähig, weil sie belastbarer und hitzestabiler sind, als weniger gut geschützte Viren;
- zum anderen sind sie deutlich virulenter, denn die Mineralienhülle verändert die elektrische Leitfähigkeit und erleichtert so das Anheften an die Oberfläche von potentiellen Wirtszellen.
Die fünf bis sechs Nanometer dicken Hüllen aus Calcium-Phosphat konnten die Chinesen sowohl bei H9N2 als auch H1N1 Viren erzeugen, wenn sie die Viren in ein, dem Geflügeldarm nachempfundenes Milieu brachten. Dringt ein derart geschütztes Virus in eine neue Zelle ein, sorgt die leicht saure Umgebung in den Lysosomen der Zelle dafür, dass sich die Mineralschicht auflöst und das Virus freigesetzt wird.
Sowohl in Zellkulturen als auch in lebenden Mäusen erwiesen sich diese mineralisierten Viren als infektiöser und tödlicher als Viren der gleichen Kategorie ohne Schutzhülle.
Mensch mit „falschem Milieu“
Bei Menschen ist die Kalziumkonzentration aber im Körper nirgends hoch genug, um eine solche Mineralisierung zu begünstigen. Hier besiedeln die Grippeviren in erster Linie die Atemwege, werden aber auch in Körperflüssigkeiten gefunden.
Das könnte erklären, warum sich Menschen vor allem an Vögeln mit einer Vogelgrippe-Erkrankung anstecken – die Viren haben dann noch ihren „aktiven Schutzpanzer“. Den können sie bei der Replikation im Menschen aber nicht mehr bilden und verlieren so an Infektiösität. Die Ansteckung durch direkten Mensch-zu-Mensch-Kontakt ist deshalb eher selten.
Quellen:
Wiley Online Library
The Poultry Side