Schweiz: Tierärzte verlangen bessere Kontrolle von Tierheilpraxen

Tier, Komplementärmedizin behandeln lassen möchte, sollte sich an Tierärzte mit Fähigkeitsausweis GST wenden, sagt die Schweizer Gesellschaft für (Bild: tierundleben.de)Akupunktur beim Rind – wer sein Tier mit Komplementärmedizin behandeln lassen möchte, sollte sich an Tierärzte mit Weiterbildung wenden. (Bild: © tierundleben.de)

Gegen den Wildwuchs von Anbietern komplementärer Heilmethoden in der Tiermedizin will sich die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) wehren. Rechte und Pflichten von Tierheilpraxen sollen einheitlich und strikter geregelt werden.

(PM/jh) – Im Gegensatz zu studierten Tierärzten verfügen Tierheilpraktiker in der Schweiz über keine reglementierte Ausbildung. Die Vorschriften für Tierheilpraxen gelten auch nicht schweizweit einheitlich, sondern sind je nach Kanton unterschiedlich. In einigen Kantonen dürfen Tierheilpraktiker beispielsweise Akupunkturnadeln einsetzen, in anderen nicht. In den meisten Kantonen dürfen sie zudem ohne Praxisbewilligung praktizieren.

Die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) fordert deshalb einheitlichere Regeln und striktere Kontrollen von Tierheilpraktikern.

Die Delegiertenversammlung der GST hat einen entsprechenden Antrag der Fachsektion camvet.ch –  der Schweizerischen Tierärztlichen Vereinigung für Komplementär- und Alternativmedizin – angenommen.

Tierleid durch fehlendes Fachwissen

Auch in Deutschland wird die Debatte geführt. So hat die Bundestierärztekammer (BTK) auf „Tierleid durch fehlendes Fachwissen“ bei paraprofessionellen Behandlungen hingewiesen. Im Deutschen Tierärzteblatt (PDF-Download) hat Heidi Kübler – Vorsitzende der Gesellschaft für ganzheitliche Tiermedizin (GGTM) – eine Übersicht zur gewerblichen Ausübung der Tierheilkunde durch Laien erstellt.
Scharfe Kritik kommt auch aus der Humanmedizin: „Heilpraktiker sind außerhalb geltender Standards und anerkannter Wirksamkeitsmechanismen tätig“, heißt es in einem Beschluss des Deutsche Ärztetages 2017. Die Delegierten forderten Gesetzesänderungen, um Patienten vor Gefahren durch Heilpraktiker zu schützen. Insbesondere alle invasiven Therapien sollten Heilpraktikern verboten werden.

Tiermedizinische Erstdiagnose wichtig

Mit fehlendem Fachwissen argumentiert auch der Schweizer Tierärzteverband: Mit Ausnahme von Bagatellfällen sei die Erstdiagnose durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt zentral, um die richtige Therapie einzuleiten. Zum Wohle des Tieres sollten nur gut ausgebildete, kompetente Fachpersonen in tiermedizinischen Heilberufen tätig sein.
Wenn Tierheilpraktiker entsprechend reglementiert würden, sei es für die Kunden transparenter zu erkennen, wer eine intensive Ausbildung durchlaufen hat und wer nicht. Zuständig wären dafür in der Schweiz die Kantone (vergleichbar mit den deutschen Bundesländern). Auf dieser Ebene möchte die GST schweizweit einheitliche Vorgaben schaffen.

Tierärzte mit komplementärmedizinischer Zusatzbezeichnung

Wer das Bedürfnis habe, Haustiere mit komplementären Methoden zu behandeln, der fände auch bei Tierärzten ein entsprechendes Angebot. Die haben, wenn sie in der Komplementärmedizin tätig sind, nach dem Tiermedizinstudium eine mehrjährige Weiterbildungen absolviert.
Von der GST anerkannte Richtungen der Komplementärmedizin bei Tieren sind Homöopathie, Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), Phytotherapie, Osteopathie sowie Chiropraktik. Für Tierärzte mit entsprechender Ausbildung verleiht der Schweizer Verband Fähigkeitsausweise.
Die GST empfiehlt daher Tierhaltenden, die ihr Tier mit Komplementärmedizin behandeln lassen möchten, sich an eine Tierärztin oder einen Tierarzt mit Fähigkeitsausweis GST zu wenden.

Quellen:
Medienmitteilung der Gesellschaft der Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (9.6.2017)
Pressemitteilung der Bundestierärztekammer (2015)
Status-quo-Analyse „Tierheilpraktiker“ im Deutschen Tierärzteblatt 4/2015 (PDF-Download

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