„Mangelhaft recherchiert und mit eklatanten Fehlern behaftet.“ In einem offenen Brief an die ARD kritisiert der Präsident des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte, Dr. Siegfried Moder, einen TV-Beitrag des ARD-Wirtschaftsmagazins Plusminus. Das hatte aufdecken wollen, „wie Tierärzte Kasse machen“.
(bpt/jh) – „Anstatt unabhängig und sachlich nach anerkannten, journalistischen Grundsätzen zu berichten, so wie es der Rundfunkstaatsvertrag vorgibt, suggeriert der mangelhaft recherchierte und mit eklatanten Fehlern behaftete Beitrag Tierhaltern, Tierärzte seien Abzocker, die Geld mit unnötigen Behandlungen verdienen“, kritisiert Dr. Siegfried Moder. In seinem offenen Brief fordert der Präsident des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt) die ARD-Vorsitzende und Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks Prof. Dr. Karola Wille und den ARD-Programmdirektor Volker Herres auf, sie mögen ihre Redaktionen an den Auftrag des Rundfunkstaatsvertrags erinnern und von der Produktion falsch informierender, suggestiver Sendungen künftig absehen.
ARD „enthüllt“: Wie Tierärzte Kasse machen
Anlass dafür war der am 12. April im Ersten Deutschen Fernsehen ausgestrahlte Beitrag des ARD-Wirtschaftsmagazins Plusminus: „Hund und Katze krank – Wie Tierärzte Kasse machen“.
Auf wir-sind-tierarzt.de hatte hier schon Gastautorin Heidi Kübler den TV-Beitrag als „öffentlich rechtlichen Sensationsjournalismus“ kritisiert.
Auch in den sozialen Medien gab es zahlreiche heftige Diskussionen (etwa hier im Facebook „Diskussionsforum Veterinärmedizin“ / geschlossen Tierarzt-Gruppe).
Impfstoffkritik ist „Blödsinn“
Mit klaren Worten kritisiert der bpt-Präsident auch fachliche Aspekte. Etwa, dass der Beitrag Kombinationsimpfstoffe als wahre Goldgrube für Tierärzte darstelle, obwohl sie angeblich für Hunde schädlich sein könnten und sich sogar die „Internationale Haustierärztevereinigung“ gegen sie ausgesprochen habe.
„Alles Blödsinn“, sagt Moder. „Kombinationsimpfstoffe, die Antigene verschiedener Krankheitserreger enthalten, sind keineswegs lukrativer für Tierärzte als Einzelimpfstoffe. Sie kosten genauso viel oder sind sogar günstiger.“
Auch hätten sich weder die World Small Animal Veterinary Association noch die für Deutschland relevante Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) am Friedrich-Loeffler-Institut jemals gegen Kombinationsimpfstoffe ausgesprochen. Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussionen im letzten Jahrzehnt seien allein die starren Impfschemata gewesen, nach denen Tiere häufiger als notwendig geimpft wurden. Moder: „Deshalb hat die StIKo Vet bereits vor über zehn Jahren entsprechend angepasste Impfempfehlungen für Kleintiere herausgegeben.“
Den aktuellen Stand der Impfstoffempfehlungen für Kleintiere finden Sie hier (PDF-Download)
Moder betont: „Kombinationsimpfstoffe entsprechen dem aktuellen Stand der Wissenschaft ebenso wie die Röntgenuntersuchung für die eindeutige Diagnose eines Bandscheibenvorfalls.“
TV-Beitrag basiert auf persönlicher Meinung
Alles nur schlampige Recherche? Die Antwort der Plusminus-Redaktion auf ein kritisches Schreiben eines bpt-Verbandsmitglieds lässt daran als alleinigem Grund erheblich zweifeln.
„Es handelt sich hier um Tiere. Ihr Leben ist weniger wert als das eines Menschen, weshalb teure Behandlungsmethoden nicht zwingend erforderlich sind…“, antwortete die Plusminus-Redaktion.
„Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit ausreichender Einschaltquoten halten wir es für äußerst bedenklich, wenn ein Sendebeitrag auf persönlichen Meinungen basiert“, rügt Dr. Moder.
Therapie nach aktuellem Stand der Wissenschaft
Tierhalter könnten mit Recht erwarten, dass ihre Tiere nach aktuellem wissenschaftlichem Stand behandelt werden, heißt es in dem Offenen Brief weiter (Wortlaut hier). Das habe absolut nichts mit unnötigen Therapien zu tun.
Dieser Stand der Wissenschaft muss nach Moders Auffassung Grundlage einer Berichterstattung in öffentlich-rechtlichen Sendern sein, die durch Rundfunkbeiträge finanziert werden.
Dass Preise für tierärztliche Leistungen unterschiedlich ausfallen sei nicht ungewöhnlich. Sie müssten betriebswirtschaftlich im Rahmen der – im Übrigen letztmalig vor zehn Jahren angepassten – Gebührenordnung für Tierärzte kalkuliert werden. Unterschiedlich ausgestattete Praxen oder Kliniken an verschiedenen Standorten unterschieden sich da natürlich.
Der bpt fordert: „Nicht nur Tierärzte, auch alle anderen Rundfunkbeitragszahler müssen vom öffentlichen-rechtlichen Fernsehen eine professionelle, objektive und glaubwürdige Berichterstattung erwarten dürfen.“