„Wie Tierärzte Kasse machen“ – öffentlich rechtlicher Sensationsjournalismus?

PlusMinus: Öffentlich-rechtlich finanzierte Attacken gegen Berufsgruppen. "Das bezahle ja ich!?" (Foto: screenshot © PlusMinus-Beitrag)

Kaum ein Berufsstand bleibt verschont: Mal sind es die Bauern, mal die Schornsteinfeger, mal die Schulfotografen oder die Krankenhausärzte. Sensationsjournalismus scheint populärer denn je – auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Durch Rundfunkbeiträge finanziert. Diesmal geht es darum, „wie Tierärzte Kasse machen“.

Gastbeitrag von Dr. Heidi Kübler, Tierärztin aus Oberslum
zur Sendung „Wie Tierärzte Kasse machen“ in Plusminus (ARD) vom 12.04.2017 

Lange habe ich mir überlegt, ob ich dazu was schreiben soll. Doch auch ich zahle brav meine Rundfunk- und Fernsehgebühren und ich finde es sehr bedenklich, dass die öffentlich-rechtlichen Sender immer mehr Richtung Sensationsjournalismus arbeiten, um Quoten zu erreichen. Und das auch mit meinem Geld! Der ARD-Beitrag über Tierärzte betrifft mich persönlich, bin ich doch auch so eine. Deshalb nehme ich jetzt mal Stellung zu verschiedenen Punkten aus diesem Beitrag (nicht zu allen, das würde echt zu lang).

Hier der Link Film in der ARD-Mediathek

Haustiere sind Privatpatienten

Zunächst einmal grundsätzlich zur betriebswirtschaftlichen Seite: Unsere Haustiere sind alles Privatpatienten, die wenigsten haben eine Krankenversicherung. Also bezahlt der Tierhalter die Behandlungen direkt in der Tierarztpraxis, bekommt also jedes mal eine Rechnung. Die Praxen sind heutzutage Dienstleistungsunternehmen mit unterschiedlich teurer Ausstattung, die bezahlt werden muss und (unterschiedlicher Anzahl von) Beschäftigten, die anständig entlohnt werden wollen. Deshalb unterscheiden sich auch die Preise.

Letzte „Gehaltserhöhung“ 2008

Abrechnen muss der Tierarzt nach der GOT (Gebührenordnung für Tierärzte), die letztmals 2008 erhöht wurde. Hand auf`s Herz, lieber Tierhalter, würden Sie für den Lohn, den Sie 2008 bekommen haben, heute noch arbeiten? Also kann eine ordentlich kalkulierende und sorgfältig untersuchende Tierarztpraxis heute nicht mehr nach dem einfachen Satz dieser GOT abrechnen. Das ist eine Erklärung für die Preisspannen im Filmbeitrag – die basieren auf Spreizung von ein- bis dreifachen Satz.

Mögliche Preisspanne einer Impfung – sie entsteht nicht willkürlich, sonder durch den 1- bis 3-fachen Satz der GOT. (Foto: screenshot © PlusMinus-Beitrag)

Ok, der Tierarzt kann zwischen dem ein- und dreifachen Satz der GOT abrechnen – damit soll eben berücksichtigt werden können, dass zum Beispiel die Mieten in größeren Städten höher sind als auf dem Land und dass Spezialisten oder Kliniken eine wesentlich teurere Ausstattung vorhalten als der Haustierarzt vor Ort.

„Preisfrage“: schnell-schnell oder ordentlich?

Zum Thema Impfungen möchte ich auch noch was loswerden: Für mich als ganzheitlich arbeitende Tierärztin ist das Wichtigste und Teure an einer Impfung die ausführliche Untersuchung, die vor der Spritze durchgeführt wird. Ich muss doch erst mal feststellen, ob ein Tier überhaupt gesund und impffähig ist! Selbstverständlich kläre ich vor einer Impfung erst einmal ab, was überhaupt notwendig ist und impfe individuell. Dafür benötige ich Zeit. 15 bis 20 Minuten sind da schnell vorbei … und das geht bei mir nicht für 30 Euro! Das geht vielleicht da, wo eben nur schnell eine Spritze gegeben wird … entscheiden Sie selbst.

Muss man „teuer“ röntgen?

PlusMinus: Behandlungen „unnötig und teuer“. (Foto: screenshot © PlusMinus-Beitrag)

Dann noch zur Dackellähme: Rückenschmerzen kann man sicher mit einer einfachen Untersuchung feststellen, aber dann weiß man nicht wo die herkommen und welche Veränderungen dahinter stecken. Ein Schmerzmittel behebt zwar zunächst mal die Schmerzen, aber dann schont sich der Patient auch nicht mehr und es kommt möglicherweise zu schlimmeren Folgeschäden. Eine genauere Röntgenuntersuchung anzubieten, ist sicher nicht falsch.

So, jetzt ist er raus, mein Ärger. Bin ich froh, dass ich meine Tierhalter und Patienten gerne mag und sie mich so schätzen und mögen wie ich bin – nicht billig, aber meinen Preis wert!

Link zum Originalbeitrag und zum Film in der ARD-Mediathek

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