Einen „Siegel-Check Schweinefleisch“ hat Greenpeace herausgegeben. Sehr gut schneiden dabei einzig Bioprodukte ab. Die Initiative Tierwohl sei dagegen „irreführend“. Ein Vergleich, der keiner ist.
(jh) – Rote Schweinchen bedeuten „Finger weg“. Das gilt durchgehend für alle Kennzeichnungen der „Agrar- und Ernährungswirtschaft“ für „konventionelles Fleisch“. Wer überhaupt Fleisch kaufen will, soll – so Greenpeace – die mit grünen Schweinchen bewerteten Bioprodukte „ohne Gifte und Gentechnik“ wählen. Da reicht dann das EU-Biosiegel für eine Topbewertung. Prinzipiell ist alle Bioware, egal woher, sehr gut – und auch besser als die Premiumstufe des Tierschutzbund-Labels.
Der „Schweinefleisch Siegel-Check“ von Greenpeace (PDF-Download hier) hat ein klares und einfaches Weltbild. Die Wortwahl setzt dabei zum Teil geschickt auf indirekte Vorverurteilungen – die einen „ohne Gift“, die anderen „mit Antibiotika vollgepumpt“. Ausschlaggebendes Hauptkriterium sind die Haltungsbedingungen, weniger die Tiergesundheit. Greenpeace fordert auch eine gesetzliche Haltungskennzeichnung a la Eierkennzeichnung mit Bio als „bester“ Stufe.
„Neuland“ vor Tierschutzbund-Siegel
- Neuland-Fleisch ist mit „drei grünen Schweinen“ noch das am höchsten bewertete „konventionelle“ Produkt, unter anderem weil nur 950 Tiere pro Stall erlaubt und Antibiotika „reglementiert“ sind.
- Das Labelfleisch des Deutschen Tierschutzbundes bringt es nur auf zwei (Premiumstufe/max. 2.000 Schweine pro Stall) beziehungsweise 1½ grüne Schweinchen (Einstiegstufe/max 3.000 Schweine pro Stall) – ebenso wie das „Gütesiegel“ der Tierschutzkonkurrenz von Vier Pfoten.
- Die wirtschaftsgetragene Initiative Tierwohl ist zwar mit 2½ roten Schweine nicht komplett schlecht, aber laut Greenpeace „irreführend“, die Produkte stammten nicht zwangsläufig aus besserer Tierhaltung.
- QS und DLG-Label sind dagegen tiefrot bewertet, was für Greenpeace „nicht kaufen“ bedeutet. Beide hielten sich „nur“ an die für die Umweltschützer „viel zu geringen gesetzlichen Mindeststandards“.
Billigpreise speisen Bauern ab
Konventionelles Schweinefleisch verkauft der Handel zu billig, sagt Greenpeace und diese Analyse stimmt: 500 Gramm Hack gebe es beim Discounter schon mal für 1,59 Euro, 700 Gramm Kotelett kosteten 3,19 Euro und 600 Gramm Schweinenackensteaks gar nur 1,79 Euro. Ein Bauer erhalte dagegen gerade einmal ein Euro fünfzig bis ein Euro sechzig für jedes Kilo geschlachtetes Schwein. „Was der Handel den Landwirten zahlt, reicht vorne und hinten nicht aus, um die Tiere besser zu halten.“
„Irreführende“ Initiative Tierwohl
Fazit der Greenpeace-Agrarsprecherin Stephanie Töwe: „Irreführend ist besonders die Initiative Tierwohl“ des deutschen Einzelhandels“, mit deren Logo vor allem Lidl und Aldi „massiv“ werben würden. Die so gekennzeichneten Produkte stammten nur zu einem kleinen Teil aus Ställen der Initiative selbst. Zudem lägen die Ansprüche nur geringfügig oberhalb der gesetzlichen Mindeststandards. Ringelschwänze dürften kupiert werden, Auslauf sei kein Muss und Gen-Futter erlaubt.
Viele Schlachttiere seien auch „vollgepumpt mit Antibiotika“.
Das bewerten die Aufsichtsbehörden ganz anders: Nur 0,8 Prozent, also acht(!), der 9.500 im aktuellsten Nationalen Rückstandskontrollplan bei Schweinen untersuchten Proben enthielten Antibiotika.
Parallel zu Greenpeace hat sich auch die Süddeutsche Zeitung mit der „irreführenden Wirkung“ der Initiative Tierwohl beschäftigt – es sei eine reine Marketingstrategie.
Was ist ein Label?
Weder QS (ein Qualitätsscherungsystem der Lieferkette) noch die Initiative Tierwohl (ITW) sind „Label“ und sie erläutern das auch (siehe Video unten). Die ITW erhebt beim Handel eine Umlage auf jedes verkaufte Kilo Fleisch (aktuell 4, ab 2018 dann 6,5 Cent). Damit werden Tierhalter gefördert, die Haltungskriterien über die gesetzlichen Standards umsetzen wollen. Das Ziel: Schrittweise für möglichst viele Tiere die Haltungsbedingungen verbessern. Aktuell profitieren davon 13,5 Millionen Ferkel, Sauen und Schweine (mehr Zahlen hier).
Bio und alle anderen „grünen“ Label dagegen sind absolute Nischenprodukte: Der Marktanteil von Bioschweinefleisch liegt in Deutschland bei 1,2 Prozent; 2016 gab es nur 104.000 Bio-Mastschweine.
Warum die Initiative Tierwohl kein Label ist, erklärt dieses Video: