Geflügeleinstreu: Entscheiden zwischen Sand und Hobelspänen

Einfacher Feuchtigkeitstest: Hält die Einstreu eher locker zusammen und zerfällt leicht, stimmt der Gehalt. (Foto: © ZDG)

Sand, Strohmehl, Hobelspäne? Art und Qualität der Einstreu in Geflügelhaltungen ist einer der wichtigsten Managementfaktoren. Doch die Auswahl ist schwierig – eine Übersicht der Kritierien.

(aw) – Das Management ist für die Tiergesundheit in modernen Nutztierbeständen entscheidend. Den Zusammenhang zwischen richtigem Einstreumaterial für Masthähnchen und der Tiergesundheit erklärt Jan Grobbelaar von Dumela Poultry Solutions aus Pretoria (Südafrika). Strohmehl, Sand oder Hobelspäne? Die Wahl des richtigen Einstreumaterials bleibt schwierig, da viele zum Teile gegenläufige Faktoren eine Rolle spielen. Grobbelaars Favorit sind Sägespäne aus Weichholz.

Zu grobe Einstreu begünstigt Fussverletzungen

Laut Jan Grobbelaar sollten die Einstreupartikel nicht größer als drei Zentimeter sein, sonst können die Hähnchen Probleme beim Laufen bekommen. Zu grobes Einstreumaterial (z.B. Hobelspäne, grob gehäckseltes Weizenstroh) begünstigt Fussverletzungen, ulzerative Pododermatitis und Brustblasen. Diese Krankheiten gehen mit länger anhaltenden Schmerzen einher und beeinträchtigen auch die Qualität des Schlachtkörpers.
Umgekehrt sind Partikelgrößen unter zwei Millimetern (z.B. Sägemehl, Strohmehl) ebenfalls ungünstig: Sie sorgen für stärkere Staubentwicklung. Der Staub aus Einstreumaterial und Kotbestandteilen kann sowohl bei Menschen als auch Tieren zu Atemwegserkrankungen führen. Das ist mittlerweile erwiesen.

Nicht zu grob (Verletzungsgefahr) und nicht zu klein (Staubbildung) – die Partikelgröße der Einstreu ist nicht einfach einzugrenzen. (Foto: © ZDG)

Sand: schlechte Isolierung

Sand wäre eine gute, anorganische Alternative, doch die Tiere haben Probleme mit dem Laufen auf Sand, wenn die Einstreu zu tief ist. Außerdem isoliert Sand nicht besonders  gut, so dass gerade die jungen, neu eingestallten Hähnchen nicht ausreichend vor Bodenkälte geschützt sind. Ein weiterer Nachteil ist die schlechte Verwertbarkeit als Dünger.
Grobbelaars Favorit sind Sägespäne aus Weichholz, am besten Kiefer. Hartholz wiederum ist häufig mit Pilzen belastet, die eine Gesundheitsgefahr für Broiler sind.

Saugfähigkeit: Papier und Sägemehl ungeeignet

Die Einstreu hat noch weitere wichtige Aufgaben. Sie soll Flüssigkeiten gut aufnehmen, aber selbst auch schnell wieder trocknen, um die Tiere möglichst trocken zu halten. Die Materialien dürfen nicht schimmeln, wenn sie mit Flüssigkeit in Kontakt kommen. Grobbelaar hält Papier und Sägemehl daher für ungeeignet: Papier wird nach Kontakt mit Flüssigkeiten hart und Sägemehl trocknet nicht schnell genug. Das führt zu feuchten Bodenverhältnissen mit sämtlichen negativen Auswirkungen für Haut und Füße der Hühner.

„Kugeltest“ als Feuchtigkeitsnachweis

Ein einfacher Test zeigt, ob die Feuchtigkeit der Einstreu passt: „Man nimmt eine handvoll Einstreu und drückt sie zu einer Kugel zusammen. Bleibt die Kugelform erhalten, ist das Material zu feucht. Wenn es eher locker zusammenhält und leicht zerfällt, dann passt der Gehalt“, erläutert Grobbelaar. Hält das Material gar nicht zusammen, sondern zerbröselt sofort, dann ist der Feuchtigkeitsgehalt zu niedrig, was ebenfalls ein Problem ist. Eventuell ist diese Einstreu nicht in der Lage, Flüssigkeiten zu binden.
Es erklärt sich außerdem von selbst, dass Einstreumaterial trocken gelagert werden muss, um dann trocken, sauber und ohne Schimmelbildung zum Einsatz zu kommen.

Einfacher Feuchtigkeitstest: Hält die Einstreu eher locker zusammen und zerfällt leicht, stimmt der Gehalt. (Foto: © ZDG)

Hochwertige Einstreu senkt Ammoniakwerte

Eine trockene und qualitativ hochwertige Einstreu soll gleichzeitig dazu beitragen, den Ammoniakgehalt der Luft zu senken. Grobbelaar erklärt, wie eine grobe Abschätzung des Ammoniakgehalts ohne aufwendige Messungen möglich ist:

  • Konzentrationen zwischen 10 und 15 ppm lassen sich bereits durch Riechen erkennen,
  • zwischen 25 und 35 ppm brennen die eigenen Augen,
  • ab 50 ppm zeigen die Hähnchen wässrige und entzündete Augen
  • und ab 75 ppm werden die Tiere unruhig und fühlen sich sichtlich unwohl.

Dass diese Konzentrationen tierschutzrelevant sind und die Mastleistung verschlechtern, versteht sich von selbst.

Zusammenhang von Futterqualität und Einstreuzustand

Die Feuchtigkeit der Einstreu hängt aber auch mit der Kotkonsistenz der Tiere zusammen. Daher besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen qualitativ hochwertigem Futter und dem Zustand der Einstreu. Einige Bestandteile im Futter, beispielsweise ein hoher Salzgehalt, erhöhen die Wasseraufnahme und verflüssigen den Kot.

wir-sind-tierarzt meint:

(aw) – Das Beispiel Einstreu zeigt einmal mehr, wie wichtig jede einzelne Managemententscheidung im Bereich der Tierhaltung ist. Moderne, hochleistende Tiere stellen hohe Anforderungen an ihre Umwelt. Erfüllen wir die nicht, kann es sehr schnell zu hohen Verlusten und entsprechendem Tierleid kommen. Das wiederum führt zur generellen Verurteilung der modernen Tierhaltung durch Aussenstehende, denn je größer die Tiergruppen sind, desto mehr Einzeltiere sind logischer Weise betroffen.
Eine Frage, die sich mir persönlich immer wieder stellt: Können wir unter unseren klimatischen Voraussetzungen überhaupt ausreichend Futter und Einstreu mit der notwendigen Qualität produzieren?  Die Antwort lautet nach meinen Erfahrungen leider „Nein“.
Der anhaltende Trend, genetisch die Leistungen unserer landwirtschaftliche Nutztiere noch weiter zu steigern, muss in der Breite unweigerlich zu mehr Tierleid führen, da die „Leistungen“ im Umfeld – etwa beim Futter nicht mitwachsen.
Das spiegelt sich in der Situation der Landwirte: Wirtschaftlich und imagemäßig standen sie wahrscheinlich noch nie so schlecht da, wie in den letzten Jahren.
Daraus leite ich ab: Immer effizientere Tierleistung führt eben nicht notwendigerweise zu besseren Betriebsergebnissen.

Quelle:
the poultry site – Putting down perfect bedding for your poultry

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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