Campylobacter: Niederlande senken Belastung von Gefülgelfleisch deutlich

Campylobacter jejuni – als Hautpüberträger auf den Menschen gilt Geflügelfleisch. (Foto/Colorierung: © De Wood, Pooley, USDA, ARS, EMU)

Deutschland 20 Prozent – Niederlande fünf Prozent: Die Fälle problematischer Campylobacter-Infektionen bei der Geflügelschlachtung ist sehr unterschiedlich. Entscheidend sind die Hygiene im Schlachthof und der Keimdruck im Stall.

(aw/jh) – Die Campylobacteriose ist seit Jahren europa- und deutschlandweit die häufigste bakterielle lebensmittelbedingte Erkrankung bei Menschen. Zuletzt stiegen die gemeldeten Fälle EU-weit um etwa zehn Prozent an, in Deutschland auf je rund 70.000 Erkrankungen in 2013/2014.

Weniger Geflügelinfektion nicht automatisch weniger Humaninfektionen

Die Niederlande wiederum meldeten jetzt große Fortschritte im Kampf gegen die Kontamination von Geflügelschlachtkörpern mit Campylobacter. Seit 2009 habe man die Anzahl problematischer Schlachtkörper (über 1.000 koloniebildende Einheiten pro Gramm – diese Zahl wird als europäischer Grenzwert diskutiert) von zehn Prozent auf jetzt fünf Prozent gesenkt. Das berichtete der niederländische Verband der Geflügelschlachter und -verarbeiter (NEPLUVI) auf einem Kongress zum Thema Campylobacter beim Geflügel an der Universität Wageningen.
Allerdings hat sich die Zahl der Infektionen bei Menschen im Nachbarland nicht ebenfalls im gleichen Maße (also um 50 Prozent) reduziert. Eventuell scheint die Infektion durch Geflügelfleisch nicht die wichtigste Ansteckungsquelle zu sein?

Steigende Zahlen in Deutschland?

Für Deutschland meldet der aktuellste BVL-Zoonosebericht 2014 (veröffentlich 2016) dagegen zuletzt deutlich steigende Infektionszahlen beim Geflügel. Allerdings gab es eine neues Messverfahren. Etwa 20 Prozent der Masthähnchenschlachtkörper lagen 2013 noch oberhalb der 1.000 KbE/g. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit mahnte deshalb deutliche Verbesserungen in der Schlachtkörperhygiene an.

Schlüsselfaktor: Hygiene am Schachthof

Die Erfolge in den Niederlanden seien wiederum unter anderem eben auf effektive Hygienemaßnahmen in den Schlachthöfen zurück zu führen, hieß es auf dem Kongress in Wageningen. Campylobacter-Bakterien kommen regelmäßig im Darm von Geflügel vor und können bei der Schlachtung auf die Haut der Tiere gelangen. In den USA werden Schlachtkörper daher kurzzeitig mit chlorhaltigem Wasser benetzt, um die potentiell anhaftenden Krankheitserreger abzutöten („Chlorhühnchen“).

Biosicherheit: Geflügel vor Insekten schützen

Grundsätzlich ist es wichtig, den Keimdruck schon in den Ställen zu senken. Eine Verbesserung der Biosicherheit in den Geflügelmastbetrieben habe in den Niederlanden ebenfalls zur Keimreduzierung beigetragen und soll weiter intensiviert werden. Hilko Ellen von der Universität Wageningen betonte, es sei wichtig Fliegen und andere kleine Insekten von Geflügel fern zu halten.
Dies könne nur dann erfolgreich sein, wenn die Tiere in offenen Ställen durch entsprechend feine Netze vor Insekten geschützt und eventuell zusätzlich Duftstoffe vernebelt werden.

Bekämpfung: Impfung und Futterzusatzstoffe

Pedro Medel vom europäischen Forschungsprojekt CAMPYBRO erläuterte die Schwierigkeiten, Campylobacter in praxi zu bekämpfen. Während Laborversuche, bei denen bestimmte Futterzusatzstoffe die Darmflora der Tiere positiv beeinflussen, recht vielversprechend waren, ließen sich die Erfolge in Feldversuchen mit europäischen Geflügelbetrieben nicht bestätigen. Um Campylobacter effektiv zurück zu drängen, ist im Bereich der Tierhaltung eine Kombination aus Impfung und Futterzusatzstoffen angedacht.

(weiterführende) Quellen:
Dutch Poultry Producers Successfully Cut Campylobacter (thepoultrysite.com)
NEPLUVI-Campylbacter-Kongress Wageningen
EFSA-Bericht zu lebensmittelbedingten Zoonosen (S. 3+4)
BVL-Zoonosebericht 2014 (S. 19-23 / S. 46ff)

BfR-Informationen zu Campylobacter-Infektionen inkl. Merkblatt zum Schutz vor Lebensmittelinfektionen für Verbraucher (PDF-Download)
RKI-Campylobacter-Informationen für Ärzte

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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