Starkregen, Überflutungen, Tornados – nach den traurigen Medienberichten über schwere Verwüstungen vor allem in Bayern und Baden-Württemberg aber auch anderen Bundesländern, fragen sich viele Praxisinhaber: Bin ich in einem solchen Fall abgesichert? Dabei geht es nicht nur um Einrichtung und Gebäude, sondern auch um den Betriebsausfall. Worauf zu achten ist, erklärt Oliver Rust von unserem Kooperationspartner TVD-Finanz.
Gastbeitrag von Oliver Rust*, TVD-Finanz
Bei einer der letzten Flutkatastrophen schilderte uns eine Kundin folgendes Szenario:
„Es goss wie aus Eimern. Binnen weniger Minuten strömten 10.000de Liter Regenwasser in die Praxis. Ein Teil der Einrichtung ist hinüber, mehrere elektronische Geräte haben den Geist aufgeben. Die Wände und der Boden sind feucht, die Trockner laufen schon seit Wochen. Wer Starkregen und Überschwemmung nur aus dem Fernsehen kennt, kann sich den Dreck und die Arbeit kaum vorstellen. Vom Umsatzausfall ganz zu schweigen.“
Solche Wetterextreme werden sich häufen (siehe unten): Gewitter entladen sich sturzbachartig, kurz zuvor harmlose Bäche überfluten Strassen und Keller und Tornados decken ganze Häuserzeilen ab. Für Praxisinhaber lassen sich die finanziellen Folgen über ein mehrstufiges Versicherungspaket lindern.
Basisschutz: Inventarversicherung
Die Basisabsicherung für den Praxisinhalt bildet eine Inventarversicherung. Wie eine Hausratversicherung entschädigt sie die Folgen von Einbruchdiebstahl, Vandalismus, Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel. Werden Geräte durch Überspannung in Folge eines Blitzes geschädigt, sind auch diese über die Inventarversicherung gedeckt.
Tipp: In Kellerpraxen oder unter Erdgleiche gelagertes Inventar ist nur versichert, wenn es mindestens zwölf Zentimeter hoch gelagert ist.
Wichtig bei Wetterkapriolen: Erweiterte Elementarschäden-Absicherung
Für weitergehende Schäden – also auch Überflutungen – muss ein Versicherungsvertrag auch erweiterte Elementarschäden einschließen. Dazu einige Beispiele:
- Bei starken Niederschlägen ist die Kanalisation mit den hohen Wassermengen oft überfordert, selbst Bäche schwellen zu reißenden Strömen an. Im ungünstigen Fall ergießt sich das Wasser bei Überschwemmung oder Starkregen über die Straße direkt in die Praxis oder steigt im Keller durch Abflüsse oder Toiletten hoch – wenn keine Rückstauventile eingebaut sind. Das Schmutzwasser verursacht teils erhebliche Schäden an der Praxiseinrichtung.
- Auch ein Erdrutsch kann Schlamm ins Gebäude drücken oder es regelrecht „wegspülen“. Das oder auch ein Erdbeben – wobei hier das Risiko in Deutschland als gering gilt – kann Folgen haben, die die Existenz bedrohen.
- Aus den letzten Wintern meldeten etliche Praxen auch Schäden durch Schneedruck auf den Dächern, die unter der Last teilweise einknickten.
- Generell nicht versicherbar sind Sturmflut- und Grundwasserschäden.
Wichtig: In allen beschriebenen Fällen zahlt der Versicherer nur, wenn die Inventarversicherung „erweiterte Elementarschäden“ einschließt.
Folgen durch Betriebsunterbechnung absichern
Nach einer Überschwemmung oder einem anderen Elementarschaden lässt sich der Praxisbetrieb oft nur noch eingeschränkt oder zeitweilig auch gar nicht mehr fortführen. Für diese Fälle ist eine Absicherung der Betriebsunterbrechung notwendig, die – wichtig – auch bei erweiterten Elementarschäden greift. Der Versicherer ersetzt dann den Ertragsausfall (entgangenen Gewinn und fortlaufende Kosten). Wenn die Renovierung oder Trocknung längere Zeit benötigt, würde auch die Miete für Ersatzräume übernommen.
Hinweis: Diese Leistungen sind in der Regel auf eine Dauer von zwölf Monaten beschränkt.
Selbstbeteiligung und nichtversicherbare Regionen
Bei erweiterten Elementarschäden verlangen die Versicherungen eine Selbstbeteiligung – in der Regel zehn Prozent. In einigen Gebieten Deutschlands ist eine Absicherung nur eingeschränkt möglich.
Ob ein Gebäude versicherbar ist, hängt von der Risikoeinstufung der Region ab, die auf dem Geo-Informationssystem der Versicherungen „ZÜRS“ basiert (“Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen”).
In welcher Risikoregion die eigene Praxis liegt, weiß ihr Versicherungsberater. Für die Bundesländer Berlin, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist auch eine online-Abfrage auf der Webseite „Kompasss-Naturgefahren“ möglich“
Mehr Starkregen – neue Risikoklassen
Aktuell berichten Medien, dass Versicherungsunternehmen an einem neuen Zonensystem arbeiten, das auch die Folgen von Starkregen berücksichtigt, denn: Experten vom Deutschen Wetterdienst gehen davon aus, dass Starkregenereignisse in den kommenden Jahrzehnten um bis zu 50 Prozent zunehmen werden.
Deutschlandweite Karten sollen aufzeigen, wo sich das Wasser dann stauen oder überlaufen könnte und welchen Weg sich mögliche Fluten bahnen würden. So könnten neue Risikozonen entstehen: Nicht mehr nur entlang von Gewässern, sondern auch in Mulden oder an Hängen.
Dadurch würden viele Gebäude unversicherbar, folgert das Recherchebüro correctiv: Entweder weil gar keine Versicherung angeboten werde oder die Prämien unbezahlbar seien. Der Gesamtverband der Versicherer dagegen sieht sieben große Irrtümer bei Diskussionen über den Versicherungsschutz von Naturgefahren und hält 99 Prozent der Gebäude in Deutschland für versicherbar – mit Auflagen.
Eine unabhängiger Versicherungsmakler ist zu einer fairen Beratung über Vor-, Nachteile und Kostenrisiken von Versicherungen verpflichtet.