Tierpharma-Fusionen: Wer mit wem und warum?

Boehringer-Ingelheim wird (wie berichtet) seine Tiergesundheitssparte mit der Sanofi-Tochter Merial verschmelzen. Ende des Jahres soll das „Closing“ erfolgen. Jetzt spekulieren US-Börsenanalysten und Medien schon über das nächste Geschäft: Kauft Bayer womöglich Zoetis oder trennt man sich komplett von der Tiergesundheitssparte?

(jh) – Wenn deutsche Pharmakonzerne Unternehmen oder Geschäftsbereiche kaufen und verkaufen, fallen die Entscheidungen seltenst mit Blick auf den deutschen Markt. Es geht um die strategisch Positionierung auf dem Weltmarkt. Meist betrifft es auch nicht allein die Tierarzneisparten, sondern verschiedenste Pharma-Geschäftsbereiche werden neu geordnet und das Geld aus dem einen Deal gleich in einen neuen investiert. Bei der Boehringer-Merial-Übernahme etwa „tauschen“ die Ingelheimer ihre OTC-Humanmedikamente gegen die Sanofi Tiermedizin-Sparte Merial (und zahlen noch 4,7 Mrd. Euro Ausgleich). Die könnte Sanofi in den USA gleich in die beabsichtigte, mindestens 8,1 Mrd. Euro teure Übernahme des Biotech-Pharma-Konzerns Medivation investieren.

Tierpharma-Champion: Boehringer-Merial weltweit auf Platz 2

Zusammenschluss geplant: Boehringer Ingelheim Vetmedica will Merial integrieren. (Logos: ©Boehringer Ingelheim/Merial/Sanofi – Montage: WISiTiA/jh)

Zusammenschluss so gut wie perfekt: Boehringer Ingelheim Vetmedica will Merial integrieren. (Logos: ©Boehringer Ingelheim/Merial/Sanofi – Montage: WISiTiA/jh)

Sanofi und Boehringer haben das klare Ziel, ihren Vertrag über den Tausch der Unternehmensteile („Swap“) bis Ende Juni zu unterzeichnen. Der tatsächliche Übergang der Sparten, das „Closing“, solle bis Jahresende vollzogen werden, sagte Dr. Joachim Hasenmaier der Deutschen Apothekerzeitung. Der Tiermediziner ist bei Boehringer seit 2012 für die Unternehmens­bereiche Selbstmedikation und Tiergesundheit verantwortlich. Letztendlich habe man vor der Frage gestanden, ob man mit zwei Unternehmensteilen – OTC und Tiergesundheit – weiterhin „im Mittelfeld ihrer Industrie“ um den Anschluss zur Spitze kämpfen wolle oder ob man einen globalen Champion kreiert.
Im Animal-Health-Sektor wird die neue Boehringer-Ingelheim-Merial diese Champion-Rolle haben und mit zusammen 3,8 Mrd. Euro Umsatz auf Platz zwei hinter Zoetis aufrücken (4,76 Mrd.).

Bayer: Mittelfeld oder Spitze?

Vor der Frage Mittelfeld oder Spitze steht auch Bayer. Dort ist das Tierarznei-Geschäft (Animal Health) die kleinste Geschäftseinheit (1,49 Mrd. Euro Umsatz) – und spiele weltweit inzwischen eher in der zweiten Liga, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Der Grund: Bayer sei beim Übernahmereigen der letzten Jahre nicht zum Zuge gekommen.
Der seit 1. Mai amtierende neue Bayer-Chef Werner Baumann selbst hatte die Tiergesundheitssparte in den Fokus gerückt. Das sei ein potenzielles Expansionsfeld für Bayer: „Es ist weiter unser Ziel, dieses Arbeitsgebiet strategisch zu stärken,“ zitiert ihn unter anderen das HandelsblattSollte es allerdings nicht gelingen zu wachsen, räumt der Bayer-Chef ein, müsse man sich die Frage stellen, ob diese Geschäfte bei Bayer noch am besten aufgehoben sei.
Aus diesem Statement auf einem Pressegespräch leiteten die Wirtschaftsjournalisten von Reuters wiederum ab: Bayer plane die Tiergesundheitssparte zu verkaufen, wenn man nicht zügig einen  Übernahmekandidaten finde.

Zoetis und Bayer?

Mit wem also könnte Bayer zusammengehen, um zu wachsen? In den USA, bietet Sanofi (wohl auch mit dem Geld aus dem Merial-Verkauf) gerade für den Human-Pharma-Hersteller Medivation. Pfizer und Amgen hätten ebenso Interesse wie die japanische Astella. Da schauen Analysten gleich, wo noch weitere Übernahme- oder Zusammenschlüsse im Pharmasektor möglich wären – und sehen in der Tiermedizinsparte einen fast logischen Deal: Zoetis und Bayer, denn das seien die beiden einzigen verbliebenen Kandidaten in diesem Geschäftsfeld.

Braucht Bayer Geld für Monsanto?

Neue Dynamik in die andere Richtung der Gedankenspiele – einen Verkauf der Bayer-Sparte– bringt das aktuelle Übernahmeangebot von Bayer für den Saatgutriesen Monsanto (aktualisiert 19.5.2016). Eine solche Übernahme würde richtig Geld kosten. Um die 50 Mrd. Euro sollen es sein. Einen (kleinen) Teil könnte da der Verkauf der Tiermedizinsparte beitragen.

Quellen:
Boehringer-Merial-Zusammenschluss – Deutsche Apothekerzeitung
Unterschiedliche Wahrnehmung der Wachstums/Verkaufspläne für die Bayer-Tiergesundheitssparte: Nachrichtenagentur Reuters – HandelsblattNachrichtenagentur Bloomberg (alle April 2016)

US-Bieterkampf um Medivation – u.a. thestreet.com oder Standard.at
Bayer- bietet für Monsanto – bestätigt: Reuters – Gerüchte: u.a. Manager-Magazin oder Handelsblatt

Details zum Boehringer-Merial-Zusammenschluss auf wir-sind-tierarzt.de

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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