Nach den Landtagswahlen im März sind die Koalitionen geschmiedet und auch die neuen Agrarminister benannt. Es gibt drei neue Minister, Ressortveränderungen und auch eine gewagte Aufteilung in Bio und Konventionelle. Die Grünen verlieren sechs Stimmen im Bundesrat (aktualisiert 12.5.2016).
von Jörg Held
Die Koalitionsverhandlungen sind abgeschlossen. Für die (Nutztier)Tiermedizin ergeben sich in allen drei Bundesländern neue Zuständigkeiten: In Rheinland-Pfalz ist der FDP-Landesvorsitzende Volker-Wissing in einem „Superministerium“ unter anderem zuständig für die „konventionelle“ Landwirtschaft – anstelle der zuvor Grünen Ministerin Ulrike Höfken (-4 Stimmen). Dafür übernimmt in Sachsen-Anhalt für die Grünen Psychologieprofessorin Claudia Dalbert das Landwirtschaftsministerium von CDU-Minister Hermann-Onko Aeikens (+4 Stimmen). In Baden-Württemberg schließlich geht das (verkleinerte) Landwirtschaftsressort von den Grünen zurück an die CDU (-6 Stimmen). Minister wird Peter Hauk, der das Amt bereits von 2005 bis 2010 innehatte.
Damit hätten die Grünen eines von drei „großen Bundesländern“ im Bundesrat verloren und stellen künftig statt sieben nur noch sechs von 16 Agrarministern. „Die Grünen geben die Agrarwende aus der Hand“, beklagen denn auch Bioverbandsvertreter und befürchten eine „Rückkehr zu alten Zeiten“.
Rheinland-Pfalz spaltet Bauern in Bio und Konventionell
Die gewagteste Ressort-Aufteilung des Landwirtschaftsministeriums hat die neue „Ampel-Koalition“ von SPD-FDP-Grünen in Rheinland-Pfalz vorgenommen. Die Koalitionäre spalten „die Landwirtschaft“ in Bio und Konventionell:
Umweltministerin bleibt Ulrike Höfken (Grüne). Sie und Staatssekretär Thomas Griese waren bisher für die komplette Landwirtschaft zuständig. Höfken behält aber nur noch die Verantwortung für die Nischen der Bio-Landwirtschaft und den Bio-Weinbau.
Die konventionelle Landwirtschaft gehört künftig zum FDP-geführten Wirtschaftsministerium. Minister Volker Wissing (FDP/ein Jurist) wird ein Superministerium leiten – mit der Zuständigkeit für Wirtschaft, Verkehr, Infrastruktur und (Zitat): „Es wird in der Landesregierung auch nur ein Landwirtschaftsministerium geben“.
Welche Auswirkungen diese Aufteilung der Landwirtschaftszuständigkeit auf zwei Parteien mit konträren politischen Ansätzen für den Bundesrat und die Agrarministerkonferenz haben wird ist offen. Bisher war Rheinland-Pfalz eines der federführenden Länder in Sachen Verschärfung der Antibiotikareglementierung oder bei den Attacken auf das Dispensierrecht.
Die Aufspaltung in Ökobauern und Konventionelle ist für viele Beobachter ein „Webfehler“ im Koalitionsvertrag, mit der diese umso stärker gegeneinander ausgespielt würden: „Agrarindustrie auf der einen und Agrar-Biotope auf der anderen Seite – so funktioniert das nicht.“
Baden-Würtemberg: Landwirtschaft wieder schwarz
In Baden-Württemberg wollten die Grünen als unangefochtener Wahlsieger in der neuen Grün-Schwarzen-„Kiwi“-Koalition zunächst alle bisherigen Ministerien behalten – also auch die Landwirtschaft. Die CDU wiederum wollte eben nicht einfach nur die bisherigen SPD-Ministerien „erben“, sondern hätte gerne eigene sichtbare „Erfolge“: Die „Rückeroberung“ des (verkleinerten) Landwirtschaftsressorts wird wohl als ein solcher gesehen. Allerdings liegt die Zuständigkeit für Naturschutz künftig im grün-geführten Umweltministerium.
Neuer Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ist Peter Hauk, der schon einmal von 2005 bis 2010 Landwirtschaftsminister und zuletzt CDU-Faktionsvorsitzender in Baden-Württemberg war. Der bisherige Grüne Minister Alexander Bonde, der gerne weitergemacht hätte, aber auch für höhere Aufgaben gehandelt wurde (Finanzminister), hatte aus privaten Gründen seinen Rückzug aus der ersten Reihe der Politik angekündigt und gehört dem neuen Kabinett nicht mehr an.
Sachsen-Anhalt: Bauernprotest gegen Grüne
In Sachsen-Anhalt dagegen hat sich die „Kenia-Koalition“ von CDU-SPD-Grünen (benannt nach den Farben der kenainischen Flagge schwarz/rot/grün) nicht zu einer ebenfalls angedachten und geforderten Aufspaltung des bisherigen Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums durchringen können – zum Ärger der protestierenden Bauern.
Stattdessen führt die Grüne Claudia Dalbert das bisher „Schwarze“ Landwirtschafts- und Umweltministerium. Sie übernimmt das Ressort vom CDU-Politiker Hermann-Onko Aeikens.
Die „Farben“ der Landwirtschaftsminister
Sofern ein Koalitionsvertrag nichts Detailliertes vorgibt, bestimmen die jeweiligen Landesminister die (partei)politische Linie ihres Ressorts selbst, ebenso wie die Abstimmung im Bundesrat. Hier hatte – für Tierärzte wichtig – zuletzt die Antibiotika-Debatte einen entscheidende Rolle gespielt (mehr hier). Die Grünen konnten ihre kritische Position sehr deutlich vertreten, weil sie bisher sieben Landwirtschaftsminister (mit 34 Stimmen) stellten. Durch die neuen Koalitionen sind es noch sechs Länder mit 28 Stimmen.
Als nächste wichtige Wahl steht im Mai 2017 NRW an: Ob es dort erneut für Rot-Grün reichen wird, stellen die aktuellen Umfragen stark in Frage.
In der folgenden Übersichtsliste sind die Parteien der Regierungskoalitionen in Klammern gesetzt und die Partei, den Ministerpräsidenten stellt, jeweils „politisch“ eingefärbt.
Die Landwirtschaftsminister sind namentlich genannt und ebenfalls „politisch eingefärbt“.
Regierungskoalitions-Länder
- Bayern (6 Stimmen – CSU) – Helmut Brunner (CSU)
- Berlin (4 Stimmen – SPD/CDU) – Thomas Heilmann (CDU)
- Sachsen (4 Stimmen CDU/SPD) – Thomas Schmidt (CDU)
- Brandenburg (4 Stimmen – SPD/Linke) – Jörg Vogelsänger (SPD)
- Mecklenburg Vorpommern (3 Stimmen – SPD/CDU) – Till Backhaus (SPD)
- Saarland (3 Stimmen – CDU/SPD) – Reinhold Jost (SPD)
Andere Koalitionen
- Baden-Württemberg (6 Stimmen – Regierung: Grüne/CDU) – Minister noch offen (CDU)
- Rheinland-Pfalz (4 Stimmen – SPD/FDP/Grüne) – Volker Wissing (FDP/konventionell) – Ulrike Höfken (Grüne/Bio)
- Bremen (3 Stimmen – SPD/Grüne) – Joachim Lohse (Grüne)
- Hessen (5 Stimmen – CDU/Grüne – Priska Hinz (Grüne)
- Niedersachsen (6 Stimmen – SPD/Grüne) – Christian Meyer (Grüne)
- Nordrhein-Westfalen (6 Stimmen – SPD/Grüne) – Johannes Remmel (Grüne)
- Sachsen-Anhalt (4 Stimmen – CDU/SPD/Grüne) – Claudia Dalbert (Grüne)
- Schlewsig-Holstein (4 Stimmen – SPD/Grüne) – Robert Habeck (Grüne)
- Thüringen (4 Stimmen – Die Linke/SPD) – Birgit Keller (Die Linke)
- Hamburg (3 Stimmen – SPD/ – Frank Horch (parteillos)