Kritisieren ja. Aber dann auch mitgestalten – aus dem Verband der Veterinärmedizinstudierenden wollen junge Tierärzte den nächsten berufspolitischen Schritt wagen. Testfeld ist die Kammerwahl in Niedersachsen.
Gastbeitrag von Florian Diel* (Bundesverband der Veterinärmedizinstudierenden Deutschland / bvvd)
Hintergrund für diesen Gastbeitrag ist u.a. der Artikel „Nicht nur kritisieren – auch engagieren“ von Mario Beck. Er hatte den Tierarztnachwuchs nachdrücklich aufgefordert, nicht nur auf Facebook eine (sehr kritische) Meinung zu den Aktivitäten der etablierten Standesorganisationen zu haben, sondern diese ‚jungen Positionen’ auch selbst in die Verbände zu tragen.
In der Tat werden die Diskussion über die Arbeitsbedingungen junger Tierärzte in Praxen und an Universitäten immer lauter (eine Artikelsammlung hier unter dem Schlagwort „Assistenten“).
Mario Beck hat schon Recht: Berufspolitisches Engagement, begonnen im hochschulpolitischen Kontext, sollte nicht mit der Approbation enden, denn der Bedarf an jungen Tierärzten in Tierärztekammern und Berufsverbänden ist heute größer denn je. Wir als bvvd halten es für absolut notwendig, dass junge Kollegen und angehende Veterinärmediziner in den Partnerorganisationen wie etwa dem Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) Mitglied sind – und hier und in den Kammern aktiv mitarbeiten. Nur so werden die Interessen und Probleme junger Tierärzte gehört.
Erst schnuppern, dann mitgestalten
Eine Mitgliedschaft in anderen/mehreren Berufsverbänden/Standesorganisationen sehen wir da nicht als Konkurrenz, sondern eher als fließenden Übergang vom Studium in die Praxis. An einigen Stellen in Deutschland wird dies bereits aktiv gelebt, beispielsweise durch Schnuppermitgliedschaften für Studierende angeboten vom bpt oder der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft DVG.
Mehr junge Tierärzte in die Kammern
Begrüßenswert sind auch die vereinzelten Aufstellungen junger Tierärzte als Delegierte der Landestierärztekammern. Doch unserer Meinung nach geschieht das noch viel zu selten. Dabei wird besonders der Ruf nach Nachwuchs in den Tierärztekammern im ganzen Land stetig lauter: Eine positive Entwicklung, die wir weiter vorantreiben wollen.
So freuen wir als bvvd uns über unseren Status als „Beobachterorganisation“ bei der Bundestierärztekammer, nehmen den gerne wahr und versuchen so eine starke Präsenz junger Tierärzte und Veterinärmedizinstudierender zu zeigen – zum Beispiel beim 27. Deutschen Tierärztetag in Bamberg (Foto).
- Wir glauben: Es besteht bei jungen Kollegen durchaus ein Interesse an Berufs- und Standespolitik, doch fühlen sie sich häufig nicht angesprochen. Deshalb möchten wir als Studierendenverband eine Brücke schlagen und die Themen der aktuellen Berufspolitik bereits den angehenden Tierärzten näher bringen, den Kontakt zu etablierten Strukturen vermitteln und Berührungsängste zerstreuen.
- Wir glauben: Nur durch stetige Kommunikation und aktive Mitgestaltung können wir existierende Strukturen so verändern, dass sie die gesamten Interessen der Tierärzteschaft vertreten. Gerade weil unser Berufsstand zahlenmässig klein ist, sollten wir gemeinsam Synergien schaffen.
Update: Die Kammerwahl in Niedersachsen ist erfolgt. Aber für die bvvd-Kandidaten hat es nur für einen Platz auf der Liste der Ersatzpersonen gereicht: Durch Losentscheid verpasste Dimo Naujokat mit 177 Stimmen im Wahlbezirk Hannover den Einzug in die Kammversammlung nur knapp. Katharina Wadepohl fehlten mit 119 Stimmen im Wahlkreis Weser Ems 23 Stimmen für den Einzug.
Hinweis: Die Kammerwahl in Niedersachsen wurde vom Präsidenten Dr. Uwe Tiedemann für alle Wahlkreise angefochten. Grund: Die Post habe Probleme mit dem Versand der Wahlunterlagen gehabt. Sollte der Wahlprüfungsausschuss dem Einspruch stattgeben, wird die Wahl im zweiten Halbjahr wiederholt – mehr Informationen hier. (ergänzt d.d. red. / 10.6.2016)
Testfeld Kammerwahl Niedersachsen
Bei den anstehenden Kammerwahlen in Niedersachsen kandidieren deshalb zum ersten mal zwei ehemalige Präsidenten des bvvd e.V.: Katharina Wadepohl, bvvd-Gründungsmitglied und Dimo Naujokat, aktueller Geschäftsführer unseres Verbandes. Wir denken, dass sie die wichtigen Themen aus Sicht junger Tierärzte in die Kammerarbeit einbringen können. Nach langjähriger Verbandsarbeit im Rahmen der Hochschulpolitik ist der Schritt auf die nächste Ebene der Berufspolitik eigentlich nur konsequent.
Wir sind gespannt, ob das gelingt? Ob junge Tierärzte nicht nur auf Facebook kritisieren – wie es uns vorgeworfen wird – sondern auch mitgestalten wollen – zum Beispiel indem sie wählen gehen.