BTK fordert rechtliche Grenzen für Hochleistungszucht

Tierschutzproblem: Züchtungsbedingt werfen manche Sauen mehr Ferkel als sie Zitzen haben. (Foto: WiSiTiA/hh)

Tierärzte kritisieren es immer deutlicher: In der die Nutztierzucht steht Höchstleistung zu stark im Vordergrund – ohne auf die Tiergesundheit Rücksicht zu nehmen. Die Bundestierärztkammer fordert jetzt vom Bundeslandwirtschaftsministerium rechtlich verbindliche Grenzen, damit auch gehandelt werden kann

von Jörg Held

Leistungs- und managementabhängige Krankheiten und Mortalitäten begegnen den Tierärzten daher immer öfter. Ein Grund: „In der Nutztierzucht und im Rahmen der Zuchtwertfeststellung bei landwirtschaftlichen Nutztieren stehen weiterhin leistungsorientierte Kriterien im Vordergrund, ohne auf die erhöhte Anfälligkeit der Tiere ausreichend Rücksicht zu nehmen,“ so hält die Bundestierärztekammer (BTK) fest.
Deshalb fordert die BTK-Delegiertenversammlung vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) rechtliche Ergänzungen (siehe Foto), denn:

„Das Tierzuchtgesetz (§ 1 Abs. 2) greift zu kurz, um Tierschutzprobleme in der Nutztierzucht zu beseitigen. Tierärzte können bei geltender Rechtslage das Ungleichgewicht zwischen leistungsorientierten Zuchtzielen und in der Folge auftretenden Gesundheits- und Tierschutzproblemen nicht beeinflussen.“

Der Beschluss erfolgte mit eindeutiger Mehrheit bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen.

Mehr Ferkel als Zitzen

Als Beispiel nennt die BTK-Resolution „Zuchtziele der Nutztierzucht unter Tierschutzaspekten“ (PDF-Download hier) die hohe Inzidenz von Erkrankungen (Schmerzen und Leiden) und der damit verbundenen verkürzten Nutzungsdauer bei Milchkühen oder auch der Geburt von mehr Ferkeln als die Sau Zitzen hat.

„Managementmaßnahmen des Tierhalters und das Ausschöpfen tierärztlicher Behandlungsmöglichkeiten reichen letztendlich nicht aus, um diese züchterisch bedingten Gesundheits- und damit Tierschutzprobleme zu beseitigen.“

Gesetze reichen nicht aus

Auch rechtlich ist diesem Problem aktuell schwer beizukommen. Zwar verbietet der § 11 b Abs. 1 des Tierschutzgesetzes, Wirbeltiere zu züchten, soweit zu erwarten ist, dass als Folge der Zucht die Haltung der Nachkommen nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden am Tier führt. In der Nutztierzucht stünden aber weiterhin leistungsorientierte Kriterien im Vordergrund, ohne auf die erhöhte Anfälligkeit der Tiere ausreichend Rücksicht zu nehmen.
Die BTK fordert den Gesetzgeber deshalb auf, per Rechtsverordnung erblich bedingte Krankheitsrisiken näher zu bestimmen und zu verbieten, wenn sie zu Verstößen gegen das Tierschutzgesetz führen können.
Kontrollieren liesse sich das dann durch Ausführungsbestimmungen, die auf konkrete tierbezogene Tierschutzindikatoren Bezug nehmen und Teil der Überwachung werden.

Spitzenbetriebe nicht als Maßstab nehmen

Dabei ist der BTK durchaus bewußt, dass …

„ … die aufgezeigten Gesundheitsrisiken eine hohe genetische Komponente haben, aber auch durch Fütterung, Haltung und das gesamte Management beeinflusst werden.“

Deshalb gebe es eine große Streuung und auch wenige gute Betriebe, die diese Hochleistungstiere angemessen versorgen und betreuen können. Aber damit dürfe man nicht die augenblickliche Ausrichtung in der Leistungszucht rechtfertigen – auch wenn man die Erfahrungen dieser Betriebe analysieren und zur Verbesserung der Gesamtsituation nutzen sollte.

Quelle:
BTK-Resolution „Zuchtziele der Nutztierzucht unter Tierschutzaspekten“ (PDF-Download)

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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