Keimdruck reduzieren: Tipps zur gründlichen Stalldesinfektion

Hygiene ist ein zentraler Faktor der Infektionsvorbeugung. Die richtige Stalldesinfektion ist deshalb auch Tierarztaufgabe, denn Hygiene gehört zum Maßnahmenplan beim Antibiotikamonitoring.

AVA_Logo_klein(jh) – Der Keimdruck im Stall lässt sich durch ein konsequentes Rein-Raus-Verfahren mit vernünftiger Reinigung und Desinfektion reduzieren. Worauf dabei zu achten ist, erläuterte Schweinepraktiker Dr. Torsten Pabst (Dülmen) auf der AVA-Haupttagung in Göttingen:

DVG-Vorgaben für „spezielle Desinfektion“

Dr. Pabst empfielt, mit DVG-gelisteten Desinfektionsmitteln zu arbeiten, dabei aber „unbedingt die dort empfohlenen Mengenangaben zur „speziellen Desinfektion“ zu verwenden.“
Die ebenfalls ausgewiesenen Angaben für eine „vorbeugende Desinfektion“ würden nur für warme Räume und glatte VA-Oberflächen gelten. „Im Stall mit seinem Materialmix aus Betonboden, Kunststoff- und Metallflächen und teilweise Holzeinbauten brauchen Sie immer die Konzentration und die Einwirkzeit für die spezielle Desinfektion.“
Zur Desinfektion sollte der Betonboden nicht komplett trocken, sondern etwas angefeuchtet sein (keine Pfützenbildung), denn: „Ein komplett trockener Boden saugt das Desinfektionsmittel auf wie ein Schwamm.“

Desinfektionsmittelmenge richtig berechnen

Desinfektionsmittel wirken nur dann optimal, wenn die Menge für die Rahmenbedingungen korrekt berechnet ist. (Foto: © Vortrag T. Pabst / AVA 2016)

Desinfektionsmittel wirken nur dann optimal, wenn die Menge für die Rahmenbedingungen korrekt berechnet ist. (© Vortrag T. Pabst / AVA 2016)

Bei der Mengenberechnung des Desinfektionsmittels nach Vorgabe dürfe man nicht nur die Grundfläche als Bezugsgröße nehmen: „Vergessen Sie Wand-, Decken- und Einrichtungsoberflächen nicht.“ Wer die Menge einfacher aus- und umrechnen will, dem empfiehlt Torsten Pabst „mindestens einen Liter Gebrauchslösung pro Quadratmeter Grundfläche.“ Bei einem 60-Quadratmeter-Stall bedeute das 60 Liter Gebrauchslösung. Bei einer 1%-Lösung müsse der Landwirt also mindestens 600 Milliliter Desinfektionsmittel „verbrauchen“. „Fragen sie als Tierarzt ruhig mal konkret nach, wieviel Desinfektionsmittel bei der letzten Reinigung wirklich verbraucht wurde?“

Wenn gereinigt werde, dann mit einer Seifenlösung: „Saugferkelkot ist mit der fetthaltigste Kot in der Tierwelt. Die Erreger sind in der Fetthülle eingeschlossen. Mit Tensiden kann ich die aufbrechen und dann ein vernünftige Desinfektion erreichen.“

Bei Lüftung an Nachbarabteile denken

Bei der Reinigung selbst sollte die Lüftung immer auf 100-Prozent stehen – „gerade wenn man mit Türgangslüftung arbeitet.“ Aber Achtung: Der Reinigungsnebel kann durch den Vorraum in die anderen Abteile ziehen: „Wir haben schon gesehen, dass die Tiere in den Nachbarabteilen Atemwegsprobleme bekommen haben, weil sie mit einem richtigen Desinfektionssud eingenebelt wurden.“

Porenlüftung mitreinigen

Nicht sorgfältig gereinigte Lüftungssysteme können Keimschleudern sein. (© Vortrag T. Pabst / AVA2016)

Nicht sorgfältig gereinigte Lüftungssysteme können Keimschleudern sein. (© Vortrag T. Pabst / AVA 2016)

Bei der Reinigung und Desinfektion dürfe man die Porenlüftung nicht vergessen. In einer Untersuchung aus Österreich war bei einer Porenlüftung die Streptokokkenkonzentration letztlich doppelt so hoch wie bei einer Türgangslüftung (Foto). „Kein Wunder“, findet Pabst: „Wer reinigt und desinfiziert denn wirklich diese Porenlüftung mit?“ Oben bleibe dann der kontaminierte Staub drauf und werde beim Einschalten der Lüftung gleich wieder verteilt.

Am Ende könne der Tierarzt den Desinfektionserfolg gegebenenfalls ruhig auch mal mit einer Abklatschprobe kontrollieren.

(weiterführende) Quellen:
DVG-Webseite Desinfektionsmittel Tierhaltung und Direktlink zur DVG- Desinfektionsmittel-Liste
Beispiel für einen Maßnahmen-Plan zur Antibiotikaminimierung (LAVES Niedersachsen)

© Beitragsfoto(s): Vortrag Dr. Torsten Pabst (Dülmen) auf der AVA-Haupttagung 2016

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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