Sind herrenlose Tiere eine Fundsache und müssen als solche behandelt, also direkt bei der Behörde abgeliefert werden? Oder darf man Fundtiere – aus Tierschutzgründen – auch ins Tierheim oder zum Tierarzt bringen und die Behörde muss dann trotzdem für die Kosten aufkommen. Das will der Deutsche Tierschutzbund höchstrichterlich klären lassen.
(jh/PM) – Klärungsbedarf besteht, weil der Bayrische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in drei Fällen geurteilt hatte: Finder müssen ein unverletzt aufgefundenes Tier zwingend bei der Gemeinde/Polizei abliefern. Das Fundtier im Tierheim abgeben und dann sofort die Gemeinde informieren, reicht laut Gericht nicht aus, um eine Kostenerstattungspflicht der Kommunen auszulösen. Ausnahmen gebe es nur, wenn ein verletztes Tier sofort tierärztlich versorgt werden muss.
Auf Grundlage der – noch nicht rechtskräftigen – BayVGH-Urteile könnten sich Gemeinden weigern, die Kosten für im Tierheim abgegebene Fundtiere zu übernehmen. Deshalb legen die Tierschützer Revision ein. Die Fälle haben auch Auswirkungen auf die Kostenerstattung für Tierärzte (siehe letzter Absatz).
Betreuen Tierheime Fundtiere freiwillig?
„Es kann nicht sein, dass die Gemeinden, die unsere Tierschutzvereine bei der Betreuung von Fundtieren sowieso schon am langen Arm verhungern lassen, dies auch noch mit richterlichem Segen tun“, kritisiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Denn das Urteil könnte so ausgelegt werden, dass die Betreuung der Fundtiere durch Tierheime freiwillig passiert und keine entgeltliche Pflichtaufgabe mehr darstellt.
Tierheime handeln ohne „Auftrag“
Die juristische Argumentation des Gerichts lautet nämlich: Tierschutzvereine hätten keinen Anspruch auf „öffentlich rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag“. Bedeutet: Wenn ein Finder ein Tier jeweils direkt im Tierheim – und nicht bei der Behörde – abliefert, haben die Kommunen weder eine Handlungs- noch eine Verwahrungspflicht, müssen also nicht zahlen. Das gelte auch, wenn das Tierheim den Fund sofort bei der Behörde anzeigt und die Behörde hierauf schweigt. Schweigen sei keine Zustimmung der Fundbehörde, die Verantwortung für das Tier zu übernehmen, so der BayVGH.
Fundrecht gilt für Sachen – also auch für Tiere
Laut Urteil könne man einem Finder zumuten, ein unverletztes Tier bei der Behörde abzuliefern. Der BayVGH sieht keine Möglichkeit, die (für Sachen bestehenden) fundrechtlichen Vorschriften – die auch für Tiere gelten – entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut auszulegen. Dementsprechend müssen Fundsachen bei der Behörde abgegeben werden.
Ob der Tierschutzgedanke zu einer anderen Auslegung der Fundvorschriften zwingt, sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die im Wege der Revision zu klären sei. Diese Revision hat der Tierschutzbund nun eingelegt.
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Auswirkungen auch auf Tierärzte?
Eines der BayVGH-Urteile (Az. 5 BV 14.1846) stellt zwar klar: Kann der Finder einer verletzten und akut behandlungsbedürftigen Hauskatze diese nicht bei der Fundbehörde abliefern, weil das Tier der sofortigen tierärztlichen Behandlung bedarf, besteht für die vorab verständigte Fundbehörde ein Kontrahierungszwang zum Abschluss eines Besitzkonstituts. Bedeutet: In diesen Fällen hat die Fundbehörde dem behandelnden Tierarzt Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu leisten.
Die Landesanwaltschaft Bayern stellt dennoch auch hier die Frage des „Fremdgeschäftsführungswillens“. Es könne diskutiert werden, ob ein behandelnder Tierarzt tatsächlich ohne Auftrag aber dennoch für Fundbehörde tätig wird (und von dort bezahlt werden muss). Oder ob nicht ein entsprechender Behandlungsvertrag zwischen dem Tierarzt und dem Auftrag gebenden Tierschutzverein/Tierheim angenommen werden kann, also zunächst die Tierschützer zahlen müssen (Az. 5 BV 14.2048, Rn. 36 im Vergleich Az. 5 BV 14.1846, Rn. 27 f.).
Der Umgang mit Fundtieren – und in Folge mit den entstandenen Kosten – bleibt also weiter ein Streitthema. Der Tierschutzbund verlangt vom Gesetzgeber deshalb, dies endgültig und klar zu regeln.
Quellen:
Pressemeldung des Deutschen Tierschutzbundes
Urteil des BayVGH aus November 2015 – mit Kommentar der Landesanwaltschaft Bayern