Lesetipp: Eine Milchbäuerin gibt auf – und es ändert sich wenig

Der Stall ist leer, die letzte Kuh verladen – ein Milchviehbetrieb gibt auf. (©screenshot Blog bauerwilli.com)Der Stall ist leer, die letzte Kuh verladen – ein Milchviehbetrieb gibt auf. (©screenshot Blog bauerwilli.com)

Es geht ein Wehklagen durch das Land, die Bauern ächzen unter den Preiseinbrüchen: 1,10 Euro für das Kilo Schwein vom Schlachthof; 29 Cent für den Liter Milch von der Molkerei. Damit lässt sich eine vernünftige Tierhaltung nicht mehr finanzieren. Die Folge: Binnen eines Jahres gaben 3.214 Milchbauern auf. Eine von ihnen beschreibt, was sich dadurch auf dem Markt ändert: Nichts.

(jh) – Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) bestätigen, was sich mit den Sorgenmeldungen der Landwirte abzeichnete: Binnen eines Jahres sank (Stand November 2015) die Zahl der Milchbauern in Deutschland um 4,2 Prozent. 3.214 Milchviehbetriebe weniger bedeuten aber nicht zugleich weniger Kühe oder weniger Milch: Die verblieben Milchbauern stocken nämlich ihre Kuhzahlen auf und produzieren – auch über Leistungssteigerungen – mehr Milch. So sind die Tierzahlen im Jahreszeitraum praktisch kaum spürbar um 0,3 Prozent auf 4,3 Millionen Kühe zurückgegangen. Für 2o16 erwartet der Bauernverband einen weiter niedrigen Milchpreis und einen „beschleunigten Strukturwandel“.
Bei den Schweinehaltern sieht es ähnlich aus. Hier gaben 1.100 Betriebe auf (-4,2%), allerdings sank zugleich auch die Tierzahl spürbar: 803.500 Schweine weniger stehen in den Ställen (-2,8% von 28,35 Mio).

Weniger Bauern – mehr Tiere. Der Strukturwandel in der Milchwirtschaft. (Chart: Dirk Fisser/NOZ)

Weniger Bauern – mehr Tiere. Der Strukturwandel in der Milchwirtschaft. (Chart: Dirk Fisser/NOZ)

Abstrakte Zahlen – konkreter Einzelfall aus Süddeutschland

Was in den Zahlen des DESTATIS immer noch abstrakt klingt, wird durch ein Fallbeispiel konkret:
Als „Palla“ hatte eine süddeutsche Milchbäuerin auf dem lesenswerten Blog von „Bauer Willi“ über ihre ganz persönliche „Milchkrise“ berichtet. Ihr Betrieb gehöre zu den besten 1o Prozent der ausgewerteten Betriebe: Sie erzielte über 10.000 l/Jahr und Kuh. Trotzdem hat sie aufgegeben – und beantwortet bemerkenswert nüchtern jetzt in einem Blog-Beitrag, warum und was sich nun ändern wird: Für sie als Milchviehhalterin alles. Für den Milchmarkt nichts. Die Produktionskapazität (die Kühe und damit auch Milchmenge) übernimmt auch hier ein anderer, größerer Betrieb.

Der Beitrag ist echter Lesetipp für einen Blick auf die momentane Lage in vielen Nutztier-Betrieben: Nicht aus der Vogelperspektive einer Marktbeobachtung, sondern aus der Innenansicht. Am Ende bekommt man ein Ahnung von dem was gerade in der Landwirtschaft passiert und den abstrakten Namen „Strukturwandel“ trägt: In „Pallas“ Dorf gab es einst 25 Milchviehhalter – jetzt keinen mehr.

Quelle:
Blog „Bauer-Willi“: „Der Kuhstall ist leer – es ist vorbei“
Daten zur Tierbestandsentwicklung – Pressemeldung des Statistischen Bundesamtes (22.12.2015)
Beitragsbild: ©screenshot Blog bauerwilli.com

Teilen
Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
Web Design MymensinghPremium WordPress ThemesWeb Development

Wildtiere: Hilfe kann auch Leid bedeuten

9. März 20169. März 2016
Ein Faltblatt gibt Tipps zum Umgang mit Wildtieren. (©Landestierschutzbeauftragte Hessen / Erni/Fotolia.com)„Wildtiere brauchen in den aller seltensten Fällen menschliche Hilfe," sagt die Landestierschutzbeauftragte Hessen. Was tun kann, wer ein Wildtier findet – oder aber auch besser lassen sollte – erklärt ein Flyer, den Dr. Madeleine Martin zusammen mit der Landestierärztekammer Hessen herausgegeben hat. (mehr …)