EU-Verbot aufheben: Speisereste als Futter sparen Ackerbaufläche

Essenreste im Schweinetrog: In der EU wegen Seuchengefahr als Futter verboten. (Foto: ©WiSiTiA/aw)Essenreste im Schweinetrog: In der EU wegen Seuchengefahr als Futter verboten. (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Zurück in Omas Zeiten? Essenreste als Schweinefutter könnten hunderttausende Hektar an Ackerland für Futterflächen einsparen und verschwendete Lebensmittel sinnvoll nutzen. Britische Wissenschaftler fordern deshalb ein Ende des EU-Verfütterungsverbotes.

(aw) – Das EU-weite Fütterungsverbot von Speiseresten an Tiere solle wieder aufgehoben werden, fordern Erasmus zu Ermgassen und seine Kollegen vom Institut für Zoologie der Universität Cambridge (GB) in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Food Policy“. Es gilt seit 2002 und wurde im Anschluss an den verheerenden Ausbruch von Maul-und-Klauenseuche in England verhängt. Damals hatte ein Farmer Speisereste aus Flugzeugen an seine Schweine verfüttert ohne sie vorher ordnungsgemäß erhitzt zu haben.

Eiweißversorgung über Essenreste

Essenreste im Schweinetrog: In der EU wegen Seuchengefahr als Futter verboten. (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Essenreste im Schweinetrog: In der EU wegen Seuchengefahr als Futter verboten. (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Seit 2013 ist es EU-weit zumindest erlaubt, Fische mit tierischem Eiweiß zu füttern, das nicht von Wiederkäuern stammt. Über eine Ausweitung der Regelung auf Schweine und Hühner wird derzeit noch beraten. Das Verfütterungsverbot von Speiseresten an Tiere, hat sich ohnehin nicht bis in die Kleinhaltungen herumgesprochen. So füttern in England etwa 25 Prozent der Kleinbetriebe nach wie vor Schweine und Hühner mit Essenabfällen, zeigte eine Umfrage.

Anbauflächen für Soja einsparen

Heute dienen vor allem Getreide und Sojabohnen als Schweinefutter. Das ist auch ein Hintergrund der Forderungen von zu Ermgassen: Würden Essensreste wieder in der Tiermast zugelassen, könnte der Verbrauch an Fläche für die Futtergewinnung um rund 21 Prozent gesenkt werden und die Futterkosten wären deutlich günstiger. Allein in Südamerika werden 1,2 Millionen Hektar Land nur für die Produktion von Soja für Tiere verwendet. Weltweit dienen 75 Prozent der landwirtschaftlich Flächen dem Anbau von Tierfutter. In der EU werden außerdem jährlich etwa Essenreste im Wert von über 100 Millionen Euro weggeworfen.

Speisereste sind in Japan „Öko-Futter“

In Südostasien verwenden vor allem die Japaner Lebensmittelabfälle weiter, obwohl es auch in der Region (zuletzt 2010) MKS-Ausbrüche gegeben hat. Durch ein gut organisiertes System, das die korrekte Aufbereitung der Abfälle überwacht, verfüttern die Japaner etwa 35 Prozent ihrer Speiseabfälle an Tiere. Mögliche Krankheitserreger töten sie vorher durch Erhitzen ab. Das Fleisch von mit Speiseresten gemästeten Schweinen, lässt sich in Japan dabei sogar als „Öko-Produkt“ vermarkten, da es nachhaltiger produziert wurde, als übliches Schweinefleisch.

Allesfresser Schwein

Bedenken, dass Speisereste nicht für Schweine geeignet seien, hat zu Ermgassen nicht. „Schweine sind Omnivoren“, erläutert er. „In freier Wildbahn fressen sie alles von Gemüse bis zum Tierkadaver. Seit 10.000 Jahren werden sie von Menschen gehalten und das Füttern von Abfällen ist eine wesentlich traditionellere Art der Mast als die heutige auf Getreidebasis.“

wir-sind-tierarzt.de meint:

(aw) – Vielleicht könnte durch die Fütterung von tierischem Eiweiß an Schweine auch das Problem des Schwanzbeissens etwas abgemildert werden. Das hat seit dem Verbot von Blutmehl und anderen Komponenten tierischen Ursprungs im Schweinefutter merklich zugenommen. Schweine und Hühner sind keine reinen Pflanzenfresser. Es wäre wünschenswert, diese Tatsache in Zukunft wieder stärker zu berücksichtigen.

Quelle: Zeitschrift Food Policy

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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