FAZ zur Studienplatzvergabe: „Masterplan für angehende Ärzte“

Die Humanmedizin klagt über Landarztmangel. Den Veterinären fehlt der Nachwuchs in der Nutztierpraxis auf dem Land. Ob „leistungsorientierte Losverfahren“ und noch mehr Studienplätze für „gute“ Abiturienten da eine Lösung sind? In der Humanmedizin soll eine Reform des Zugangs zum Studium in diese Richtung gehen.

(jh) – „Schlechte Abiturienten“ sollen bald keinen Studienplatz mehr bekommen, auch nicht durch Klagen und Wartezeit, schreibt Christina Hucklenbrocich, FAZ-Redakteurin und Tierärztin in ihrem Artikel: Masterplan für angehende Ärzte – Reform des Medizinstudiums“. Was für die Humanmedizin an Reformen angedacht ist, könnte dann wohl auch bald für die Tiermedizin gelten:

TMS-Test und „leistungsorientiertes Losverfahren“

Geplant sind verpflichtende Eingangstests, wie der bisher mehr oder weniger freiwillige „Studierfähigkeitstest TMS“ (Test für medizinische Studiengänge), für alle Humanmedizin-Bewerber. Der Vorteil: Mit einem Test hätten dann auch „Bewerber mit Note 1,7 eine gute Chance auf einen Studienplatz“.
Härter kann es dagegen für Studienbewerber mit mittelmäßigem oder schlechtem Abitur werden. Das beginnt dann wohl irgendwo ab 2.0 Notendurchschnitt. Sie konnten schon bisher oft nur mit Wartesemestern einen Platz ergattern. Künftig sollen sie sich aber nur noch dreimal bewerben dürfen. Jedes Mal entscheidet dann das Los, nicht aber die Dauer der Wartezeit. Bei diesem „leistungsgesteuerten Losverfahren“ hat jemand mit Abiturnote 2,5 eine höhere Chance als derjenige mit 3,5. Außerdem soll insgesamt soll die Wartezeitquote verkleinert werden, bisher liegt sie bei 20 Prozent der Studienanfänger.

Für die Abiturbesten – das bedeutet in der Regel Notschnitt 1.0 und besser – sind aktuell ebenfalls 20 Prozent der Plätze reserviert. Sie müssten dann ebenfalls zumTest. Hucklenbroich schreibt, Daten der Medizinerfakultäten belegten, dass diese wegen guter Abiturnoten ausgewählten Medizinstudenten im Studium auch stets am besten abschneiden. Wer dagegen über Wartezeit einen Platz erhalten habe, studierte länger, erzielte schlechtere Resultate und habe das Studium häufiger abgebrochen.
Die übrigen 60 Prozent der Plätze werden zur Zeit im Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben,. Die gewichten ebenfalls die Abiturnote stark, beziehen aber auch andere Kriterien ein, wie etwa den TMS oder gesellschaftliches Engagement.

[box]Auf unserer Facebook-Seite hat sich zum Thema bereits eine interessante Diskussion entwickelt[/box]

Ausweichen ins Ausland

Einen Studienbeginn im Ausland – etwa in Ungarn oder im Baltikum – und dann den Wechsel zurück nach Deutschland kennen sowohl Tier- als auch Humanmedizin. Für letztere haben laut FAZ-Artikel gebührenpflichtige „Medical-Schools“ aus Ungarn oder Rumänien schon Niederlassungen in Deutschland gegründet. Man befürchte so durch die Hintertür den Einzug eines „Medizinstudium light“ mit unzureichender Qualitätssicherung.
Helfen soll dagegen eine Aufstockung der Human-Studienplätze um mindestens zehn Prozent. Mit der jetzigen Studienplatzkapazität liesse sich der Bedarf nicht mehr decken, klagt etwa der Marburger Bund, der Verband der Krankenhausärzte.

Eine „Landarztquote“ lehnen aber alle Human-Medizin-Verbände ab: Mit achtzehn könne niemand endgültig abschätzen, in welcher Form er den Arztberuf später ausüben werde.

Abi-Note gleich soziale und medizinische Kompetenz?

Die kritischen Aussagen machen im FAZ-Artikel die Studenten selber: Im Arztberuf gehe es nicht nur darum, gut lernen zu können, sondern auch um soziale Kompetenz. Oder: „In meiner Klasse haben einige ein 1,0-Abi bekommen und gesagt: ,Dann studier ich eben Medizin.‘ Sie machen es aber nur, weil sie es mit ihrer Note eben studieren können, nicht, weil sie es wirklich wollen.“
Auf die – auch in der Tiermedizin immer wieder gestellte Frage nach den künftigen ärztlichen Fähigkeiten – geben die Reformpläne zum Studienzugang die Antwort der verpflichtenden, aber abiturnotenabhängigen Tests.
Interessant wären – auch für die Tiermedizin – belastbare Daten, wie viele Approbierte den Beruf wirklich antreten und wo sie nach fünf Jahren arbeiten (Stadt/Land) – und wie dann die Quote zwischen Einser-Abiturienten und den „schlechten“ Wartezeit-Studierenden ist?

Quelle:
„Masterplan für angehende Ärzte“ (FAZ v. 19.11.2015)

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