Milchkühe: Schmerzlinderung nach der Geburt stabilisiert Futteraufnahme

Kuh mit Kalb in AbkalbeboxKuh mit neugeborenem Kalb (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Es ist ein Teufelskreis: Milchkühe fressen in der Regel nach der Geburt meist nur zögerlich und damit nicht genug, um den nötigen Energiebedarf zu decken. Stattdessen mobilisieren und verbrauchen sie körpereigene Reserven und rutschen dann häufig in eine (subklinische) Ketose ab. Verantwortlich dafür sind womöglich nicht allein metabolische Entgleisungen, sondern auch Entzündungen.

(aw) – Geburten sind auch für Kühe mit Stress und Schmerzen verbunden. Idealerweise würden die Tiere in den Tagen nach der Geburt sofort ausreichend fressen. Damit wäre das Risiko einer Ketose geringer. Doch viele Kühe fressen zunächst eher zögerlich. Den Start in die Laktation vergleicht Barry Bradford, Professor für Tierernährung an der Kansas State University, deshalb mit einem plötzlich angesetzten Marathon, den jemand laufen solle, „der zuvor zwei Monate lang nur auf der Couch gelegen hat“. So in etwa müsse man sich die Stoffwechselbelastung für eine Kuh während und nach der Geburt sowie in der ersten Phase der Laktation vorstellen – auch wenn sie sich körperlich nicht übermäßig bewegt.

Fressende Kühe

Ausreichend Futter, aber nicht genug Appetit? Schmerzmanagmente nach der Geburt kann da helfen. (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Entzündungsmarker erhöht

Der verhaltene Appetit scheint aber nicht ausschließlich auf metabolische Entgleisungen zu tun zu haben, sondern hängt unter Umständen auch mit einer allgemeinen Entzündung zusammen. Das hat Prof. Bradford mit Hilfe von Blutuntersuchungen herausgefunden: Selbst Kühe, die gesund erscheinen, weisen erhöhte Gehalte an Entzündungsmarkern auf. Entsprechend gut reagieren die Tiere auf die Gabe von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) direkt im Anschluss an die Geburt. Eine Reaktion liesse sich zwar nicht immer sofort erkennen, zeige sich aber dann durch eine besseren Milchleistung während der gesamten Laktation.
Welcher Mechanismus dem zu Grunde liegt, darüber ist sich Bradford noch nicht ganz im Klaren. Deshalb untersucht sein Team zur Zeit intensiv Biopsiepräparate von Eutergewebe. Eventuell „programmieren“ NSAIDs das Eutergewebe um, wie Bradford es ausdrückt.

Verwendet wird in den Versuchen ein einmalig zu gebender Bolus zur oralen Eingabe beim Rind der den Wirkstoff Meloxicam enthält und von Mitarbeitern der Kansas State University entwickelt und patentiert wurde. Die Zulassung beschränkt sich bis jetzt allerdings auf das Schmerzmanagement im Anschluss an die Kastration und Enthornung von Kälbern.

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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