Mastitiden: Wie Arbeitseinstellung die Krankheit beeinflusst

Vormelken – (Foto: ©screenshot aus Video "The 7 Habits of Highly Successful Milking Routines")Vormelken – (Foto: ©screenshot aus Video "The 7 Habits of Highly Successful Milking Routines")

Der Faktor Mensch spielt bei der Tiergesundheit die entscheidende Rolle. Eine US-Untersuchung zeigt: Erfolg – hier weniger Mastitiden durch sorgfältige Melkroutine – verspricht eher die Bestrafung von Fehlverhalten als die Belohnung für besonders gute Arbeit. Und die sorgfältige Einhaltung von Routinen.

(aw) – Es gibt zahlreiche Maßnahmen um Mastitiden bei Milchkühen zu vermeiden. Das reicht vom Zitzendippen nach dem Melken über das Trockenstellen aller Kühe und Impfungen gegen coliforme Mastitiserreger bis zur Verwendung von anorganischen Einstreumaterialien (v.a. Sand). Doch für alle betriebsspezifischen Maßnahmen gilt: Sie müssen ständig und mit entsprechender Sorgfalt durchgeführt werden, um wirksam zu sein.
Ein weiterer erheblicher Faktor scheint die Einstellung des Melkers zu seiner Arbeit zu sein. Dies hat eine Studie auf amerikanischen Betrieben ergeben, die mit Fremdpersonal arbeiten.

Schulung und Lohnabzug

Zunächst wurden die Melker so geschult, dass sie auch wirklich verstanden, wie wichtig die einzelnen Schritte der Melkroutine sind und wie sie am besten durchzuführen sind.
Anschließend bekamen sie Lohnabzüge, wenn die Zellzahlen in der Tankmilch über ein ungewünschtes Maß anstiegen. Der Weg über die „Bestrafung“ und nicht über eine „Belohnung“ hatte psychologische Gründe. Man macht sich dabei den sogenannten „Framing-Effekt“ zunutze, nämlich:
Die unterschiedliche Formulierung einer Botschaft – bei gleichem Inhalt – beeinflusst das Verhalten der Empfänger unterschiedlich. In der Regel sind Menschen eher bestrebt, einen Verlust (in diesem Falle Geld) zu vermeiden, als einen Gewinn zu erzielen (Lohnzuschlag).
Umgekehrt hätte der Landwirt auch den Grundlohn niedriger ansetzen und dann einen Qualitätszuschlag zahlen können. Auch das ist eine durchaus übliche Praxis.
Doch die „bestrafende“ Lohnstrategie hat sich in der Studie bewährt und führte tatsächlich dazu, dass die Melker ihre Arbeit gewissenhaft durchführten und sich die Zellzahlen in der Tankmilch der Testbetriebe verbesserten.

Sieben Vorgaben für eine gute Melkroutine

Ein gutes Schulungsvideo zur Melkroutine hat auch Pamela Ruegg von der University Wisconsin-Madison zusammengestellt. Der englischsprachige Film fasst die sieben wichtigsten Faktoren beim Melken zusammen (7:45 min):

  1. Ruhiger Umgang mit den Kühen – die Tiere müssen entspannt zum Melken kommen; Schreien, Schläge und laute Geräusche sind im Melkstand tabu
  2. Grobe Vorreinigung, am besten mit trockenem Tuch
  3. Desinfektion; sinnvoll ist die Verwendung eines Dipbechers, das Desinfektionsmittel muss mindestens 30 Sekunden einwirken können
  4. Vormelken – zur Beurteilung der Milchqualität bzw. dem Erkennen von Euterentzündungen
  5. Abtrocknen der Zitzen; jedes Tier mit einem frischen Tuch
  6. Anlegen des sauberen Melkzeugs (u.U. zwischendurch reinigen wie am Anfang des Videos gezeigt) und richtige Positionierung der Melkschläuche, damit das Melkzeug gerade nach unten hängt. Zwischen dem Vormelken und dem Anlegen des Melkzeugs sollten 60 bis 180 Sekunden liegen, damit eine optimale Stimulation erreicht wird und der Milchfluss optimal ist.
  7. Zitzendippen im Anschluss an die Melkzeugabnahme, wobei sicher zu stellen ist, dass der größte Teil der Zitze mit Desinfektionsmittel bedeckt ist.

Zu einer guten Routine gehört außerdem ein zügiger Austrieb der Tiere aus dem Melkstand sowie die Bereitstellung von frischem Futter. Das motiviert die Kühe, nach dem Melken noch mindestens eine halbe Stunde stehen zu bleiben. Auf diese Weise kann sich der Strichkanal wieder vollständig schließen ohne mit Schmutzpartikeln (Einstreu, Kot) in Berührung zu kommen.

Beitragsbild: Vormelken  – (Foto: ©screenshot aus Video „The 7 Habits of Highly Successful Milking Routines“)

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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