Um 44 Prozent oder zwei Tonnen sei der Antibiotikaverbrauch in der österreichischen Geflügelwirtschaft binnen drei Jahren gesunken, meldet der Geflügel-Gesundheitsdienst QGV. Insgesamt wurden im Nachbarland 2013 rund 100 Tonnen Antibiotika eingesetzt: 45 Prozent davon in der Humanmedizin, 55 Prozent bei Heim- und Nutztieren. Der Geflügelverband versteigt sich aber auch in einen unredlichen Ländervergleich.
von Jörg Held
Beim Geflügel ist die Antibiotikamenge in Österreich von 4,71 Tonnen (2011) auf 2,06 Tonnen (2014) zurückgegangen. Die Zahlen stammen aus dem „Antibiotika Monitoring Report 2015“ der Österreichischen Qualitätsgeflügelvereinigung (QGV). Sie sind aber nur begrenzt aussagefähig, da der Report nur Tonnenangaben macht und – anders als die aktuellen deutschen Zahlen – keine dazugehörigen Wirkstoffe nennt. Dafür gibt es in Deutschland keine Zuordnung der Wirkstoffe oder Mengen zu den Tierarten.
Greenpeace Österreich begrüßt die Zahlen als „wichtigen ersten positiven Schritt“. Was bei Hühner funktioniere, müsse aber auch bei Rindern und Schweinen erfolgen, fordert Greenpeace: „Gezielte Kontrolle und ein strenges Monitoring.“
Unredlicher Ländervergleich
Warum aber die QGV den Nachbarn Deutschland in ihrem Bericht explizit als „Vielverbraucher“ benennt, der „dreißigmal so viele Antibiotika für Nutztiere verkauft“, wird nicht begründet – es soll wohl die eigenen Erfolge betonen? Der eindrucksvollen Grafik, die den „geringen“ Einsatz in Österreich mit dem Rest der EU vergleicht (rechts), fehlen dabei die Tierzahlen. Im Text sagt der QGV-Report, der Antibiotikaverbrauch in Deutschland (2012 = 1.700 Tonnen) sei umgerechnet auf Tierzahlen „etwa acht mal so hoch“.
Warum für diesen „Ländervergleich“ von den Österreichern
- a) falsch zugeordnete Daten (die Menge von 1.700 t in D gehört zu 2011)
- und b) nur die Zahlen aus einem Jahr zu Grunde gelegt werden, obwohl für beide Länder inzwischen Daten von 2011 bis 2014 vorliegen, erklärt der Bericht nicht.
Tatsächliche Antibiotikaentwicklung
Stellt man die Entwicklung der Antibiotikamengen in der gesamten Nutztierhaltung in beiden Ländern von 2011 bis 2014 gegenüber (den Zeitraum, für den aus beiden Ländern Daten zur Verfügung stehen und die die QGV selbst auswertet) ergibt sich folgendes Bild:
wir-sind-tierarzt.de weisst ausdrücklich darauf hin, dass ein reiner Länderdatenvergleich auf Tonnenbasis ohne Angabe von Tierzahlen und eingesetzten Wirkstoffen Unsinn ist! Auch hatten die Staaten beim Basisjahr 2011 nicht zwingend eine vergleichbare Ausgangslage, was ihre Reduzierungsprogramme angeht.
Für einen fairen europaweiten Vergleich eignet sich letztlich nur das 2014 begonnene niederländische System, dass auf Daily Doses basiert und die Menge Wirkstoff auf Kilogramm/Körpergewicht Tier umrechnet.
Da der österreichische Bericht aber ausdrücklich die Tonnenangaben vergleicht, haben wir die korrekte Entwicklung der Zahlen hier aufgelistet.
Österreich: Antibiotikaeinsatz nach Geflügelarten
Unabhängig von den „Angriffen“ im QGV-Bericht auf Deutschland, geben die Grafiken aber einen interessanten Einblick in den Einsatz und die Verteilung der Antibiotika in der österreichischen Geflügelwirtschaft.
Den Anstieg der Antibiotikamenge bei den Legehennen (von 0,17 auf 0,48 Tonnen im Erfassungszeitraum – in der Grafik nicht so leicht zu erkennen) erklärt der Verband mit einer Futtermittelumstellung auf europäisches Soja. Aufgrund der unterschiedlichen Proteingehalte der Sojaarten sei es in der Umgewöhnungsphase zu vermehrten Verdauungsschwierigkeiten gekommen.