Agrarminister-Konferenz will Rabattverbot für Veterinär-Antibiotika

Das tierärztliche Dispensierrecht bleibt weiter in der politischen Schusslinie – Fachgutachten und Fachdiskurs hin- oder her. Auch auf der Agrarministerkonferenz (AMK) in Fulda haben die Landwirtschaftsminister der Bundesländer wieder darüber debattiert. Und zwar im Zusammenhang mit einem Rabattverbot beim Antibiotikaverkauf. Das soll zwar kommen, ist aber erst in der Vorprüfung und damit noch nicht spruchreif.

von Jörg Held

Protokollauszug ACK_01_2015Der Auftrag der Länder an das Bundeslandwirtschaftsministerium „kurzfristig die Rabattierung bei der Abgabe großer Antibiotikamengen zu verbieten und Festpreise vorzusehen“, steht schon seit Jahresanfang (siehe Protokollauszug rechts). Praktisch alle politischen Parteien unterstützen diese Forderung, allen voran Bündnis90/Die Grünen und Die Linke. Aber auch die SPD spricht vom „Rabattverbot“. Selbst die CDU will „etwaige Fehlanreize im Vergütungssystem der Tierärzte abschaffen“. Die Politiker haben den Verdacht: Wer „vergünstigt“ große Mengen Antibiotika einkaufen könne, verkaufe auch gerne und viel (mehr als nötig) weiter.

Die Januar-Forderung nach einem Rabattverbot und Festpreisen hat jetzt die Herbst-Agraministerkonferenz der Länder in Fulda (1./2. Oktober 2015) im Wortlaut noch einmal bekräftig: „Kurzfristig“ soll hier etwas geschehen. Betrachtet man noch Äußerungen aus Rheinland-Pfalz und Hessen, wäre das Rabattverbot – ob nun als Mengen- oder auch Naturalrabatt – womöglich nur ein erster Schritt. Ist dieser Ansatz nicht erfolgreich, stünde schnell wieder das Dispensierrecht als Ganzes zur Disposition.

Landwirtschaftsminister entscheiden nicht über Antibiotikapreise

Denn letztlich fällt die Arzneimittelpreisverordnung, in der ein Rabattverbot zu regeln wäre, gar nicht in den Kompetenzbereich der Landwirtschaftsminister – weder auf Bundes- noch auf Länderebene. Zuständig ist das Bundeswirtschaftsministerium (BMWI). Dort ist das Rabattverbot für veterinärmedizinische Antibiotika in der sogenannten „Vorprüfung“, also noch weit von einer Beschlussvorlage entfernt.

Wer legt den Basispreis fest?

Völlig unklar sind nämlich die Konsequenzen: Um einen Rabatt zu definieren und zu verbieten, braucht es einen „festen Basis- oder Mindestpreis“. Wer aber soll künftig diese verbindlichen Festpreise für die verschiedensten Veterinär-Antibiotika diverser international agierender und konkurrierender Hersteller festlegen? Der Staat dürfte da eher keine Euro-Beträge nennen, sondern höchstens das Wort „Festpreis“ vorgeben. Alles andere wäre ein massiver Eingriff in die freie Marktwirtschaft. Blieben die Hersteller selbst, die für ihre jeweiligen Produkte einen verbindlichen Fixpreis definieren müssten.
Diese wären aber dennoch flexibel, denn die Hersteller könn(t)en den Festpreis für alle Abnehmer – egal ob kleine oder große Menge – nach den Marktgegebenheiten senken – ohne Mengenrabatte auszuloben. In Frankreich – wo es seit Anfang des Jahres solche „Festpreise“ für Veterinär-Antibiotika gibt – sollen die Preise für Antibiotika insgesamt gefallen und der Verbrauch letztlich sogar gestiegen sein. Verlässliche Daten dazu liegen wir-sind-tierarzt.de aber nicht vor.

Rabattverbot allein reicht nicht

Bestätigt sich allerdings die französische Entwicklung, wäre mit einem Rabattverbot allein das erklärte Ziel von „weniger Antibiotika“, nicht zu erreichen. Der Staat müsste dann wohl doch selbst eine entsprechend hohe Mindestpreisschwelle in Euro vorgeben.

Fazit dieser AMK: Das Thema „Antibiotika-Preise“ und Verkaufsanreize bleibt weiter auf der politischen Tagesordnung. Und damit dürfte auch die Forderung nach Abschaffung/Einschränkung des Dispensierrechtes gerade von den „G“-Ländern immer wieder eingeflochten werden. Ebenso wie auch von ganz anderer Seite. So hat der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, in einem Gespräch mit BTK-Präsident Prof. Dr. Theo Mantel die These aufgestellt: Es würde dem Image der Tierärzte dienen, wenn das Dispensierrecht abgeschafft wäre.

Dürfen Tierärzte mit Medikamenten Geld verdienen? – Lesen Sie auch das Interviews mit Prof. Rolf Mansfeld zum Dispensierrecht

Weiterführende Informationen:
Antibiotika-Pläne der CDU – Bericht auf wir-sind-tierarzt.de
Position der SPD zur Antibiotikareduktion – Bericht auf wir-sind-tierarzt.de
Fachdiskurs zum Dispensierrecht – Bericht auf wir-sind-tierarzt.de

Quellen:
Protokoll der Amtschefkonferenz 15.1.2015 Berlin
Papier der CDU/CSU-Fraktion u.a. zur Antibiotikafrage
Positionspapier der SPD zur Antibiotikareduktion
Fachgutachten zum Dispensierrecht
– enthält auch Angaben zur Rabattdiskussion (PDF-Download)

 

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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