„Von Marketing und BWL über Kommunikation bis hin zu fachlichen Beratung – den Helferinnen wird in der Praxis oft alles überlassen“, sagt Wolfgang Matzner. Er und seine Kolleginnen von VETKOM geben dem „Herz“ der Praxis dafür das nötige Rüstzeug.
Von Henrik Hofmann in Zusammenarbeit mit unserem Partner* Vetkom
Was muss eine Tierarzthelferin über ihre Ausbildung hinaus können und wissen. wir-sind-tierarzt.de hat eine Vetkom-Fortbildung besucht und zusammengefasst, worauf es vor allem ankommt: Gute und kompetente Kommunikation.
Fach- und Beratungskompetenz
„Wenn ihr etwas verkaufen wollt, ist respektvoller Umgang grundlegend“, sagt Wolfgang Matzner. „Tut ihr das nicht, ist der Kunde die ganze Zeit damit beschäftigt, darüber nachzudenken, ‚warum nimmt die mich nicht ernst?’“. Gerade ältere Kunden reagierten empfindlich auf mangelnde Wertschätzung. Eine verkindlichende, singende Stimme etwa wirke beleidigend, ebenso Fragen wie „wie geht’s unserer Katze denn heut’?“.
Anforderungen an ein erfolgreiches Beratungsgespräch:
- Empathie – sich in sein Gegenüber einfühlen; vergegenwärtigen, was er fühlt und wahrnimmt
- Wertschätzung – dem Patientenbesitzer zeigen, dass er ernst genommen wird
- Echtheit – die eigene Meinung klar zum Ausdruck bringen
- Transparenz – echte Informationen geben
Matzner sind die heutigen Tierarzt-Konkurrenten wohl bewusst. Um gegen Internet, Heiler und Futtermittelhändler bestehen zu können, müssten die Tierarztpraxen mit Fachwissen, Kompetenz und Beratung gegenhalten – und gleichzeitig die Bedürfnisse der Patientenbesitzer erkennen. „Um Tierbesitzer beraten zu können, müsst ihr über die Produkte Bescheid wissen“, erklärt Matzner. Die Stärke einer Tierarztpraxis sei die Beratung.
Kundenbedürfnisse ermitteln
Kundenbedürfnisse müssten gemeinsam ermittelt werden. Der Kunde stehe immer im Mittelpunkt, Ziel sei nicht der schnelle Verkauf, sondern ein Bedürfnis zu befriedigen und den Kunden so langfristig zu binden:
„Wie lange haben die Tiere schon Flöhe? Vier Wochen? Dann brauchen die Besitzer wohl auch was für die Umgebung! Haben die Besitzer ein Problem, Tabletten zu geben? Oder ekeln sie sich vor spot-ons? Welche Wirkstoffe sind im Präparat? Wogegen wirken die? Gehen die Tiere ins Wasser? Welche Rassen und Tierarten vertragen das nicht?“
Ähnlich lasse sich das auch auf andere Themen übertragen, wie etwa Diäten. Hier müsse man die Indikationen kennen, die Packungsgrößen, den Geschmack, die Inhaltsstoffe. Das fachliche Rüstzeug wird in den Seminaren von Kollegin Dr. Barabra Welschen vermittelt. Hierzu zählen beispielsweise Erreger und Erkrankungen wie Anaplasmose, Babesiose und Borreliose, deren Übertragung durch Parasiten es zu verhindern gilt. Aber auch, wo Risiken für Tierbesitzer (und Praxispersonal!) lauern.
Typische Besitzerfragen kennen
Aber auch auf häufig gestellte Fragen / Behauptungen müsse man mit passenden Antworten vorbereitet sein. Und die sind sicherlich jedem aus dem Praxisalltag nur zu bekannt.
Frage: Gibt es denn kein sanftes, pflanzliches Mittel gegen Parasiten?
Antwort: Die Stiftung Warentest hat typische Antiparasitika aus dem Futtermittelhandel getestet und festgestellt, dass diese keine oder keine ausreichende Wirkung haben.
Frage: Das Mittel wirkt nicht!
Antwort: Das kann durchaus sein. Mögliche Gründe sind Anwendungsfehler, dass die Wirkung verzögert einsetzt oder dass Flohpuppen bei der Umgebungsbehandlung nicht erfasst werden und so immer wieder neue Flöhe schlüpfen können.
Kommunikationszentrale ‚Wartezimmer‘
Matzner sieht das Wartezimmer als „Kommunikationszentrum schlechthin“. Hier sollten sich Besitzer willkommen und gut aufgehoben fühlen.
Zur Kommunikation gehöre…
- fachspezifische Kleidung (strahlt Kompetenz aus)
- Namensschilder (voller Name!)
- Tierbesitzer sollten Helferinnen nicht Duzen (Respekt!)
Die Wände sollten nicht mit „nichtssagenden Dingen vergeudet“ werden. Besser sei es, sie gezielt zu nutzen, um …
- die Mitarbeiter mit Bildern und Aufgaben (und Hobbies) vorzustellen,
- Fortbildungszertifikate aufzuhängen, damit fachliche Kompetenz zu vermitteln und auch Tätigkeitsschwerpunkte zu verdeutlichen
- zu zeigen, was aktuell passiert. Hierzu zählen 1.-Hilfe-Kurse, Presseartikel, etc …
- Neuerungen und Veränderungen in der Praxis zu dokumentieren oder spezielle
- Programme wie Zahnsanierung, Kardiologie oder eben Parasiten vorzustellen.
Von Fernsehgeräten im Wartezimmer hält Wolfgang Matzner dagegen nichts: „Nehmt den Faden persönlich auf. Macht was draus. Erzählt!“
Gerade an der Wartezimmerdekoration scheiden sich aber auch die Geister. „Wir haben seit 20 Jahren Bilder von Hunden an den Wänden“, sagt eine Teilnehmerin. „Die sind schlecht, vergilbt, scheußlich und wahrnehmen tut sie sowieso keiner. Aber als wir die austauschen wollten, gab es ein Himmeldonnerwetter.“ Viele lachen. Und sind sich einig: „Genau wie bei uns!“
Manche Tierärzte „ziellos“
Viel von dem, was die Helferinnen bei Wolfgang Matzner hören, klingt, als ob es eigentlich für Tierärzte bestimmt sei. Matzner schüttelt den Kopf: „Wir haben vor ein paar Jahren Fortbildungen für Tierärzte angeboten. Die Nachfrage war da, die Notwendigkeit sowieso. Aber sobald wir auf Marketing, Preise und Gebührenordnung zu sprechen kamen, hörte der Spaß auf. Jeder fühlte sich angegriffen, es wurde nur noch gestritten, ob man tatsächlich die Preise aus der GOT nehmen kann.“
Insgesamt mache ihn die Ziellosigkeit vieler Kollegen „fertig“. Dabei gebe es so viel, was man tun könne, um die Praxis auf wirtschaftlich erfolgreichen Kurs zu bringen. Dass das nicht aus der Luft gegriffen ist, hört man immer wieder am Rande. Etlichen Helferinnen wird nahezu alles jenseits der Medizin überlassen. Eine Teilnehmerin berichtete etwa: „Ich bin im 2. Lehrjahr, ich schmeiß’ den Laden! Ich mach’ den Einkauf, die Buchhaltung, übernehme Telefon und Termine. Ach, und putzen tu ich natürlich auch …“ Einerseits durchaus beachtlich. Andererseits fragt man sich, ob das tatsächlich Aufgabe und Verantwortung einer Auszubildenden sein kann?
Absolut erfreulich ist, mit welcher Begeisterung und Hingabe, die meisten Helferinnen das Erlernte aufnehmen. Es ist offensichtlich, dass das „Wir-Gefühl“ vor allem von ihnen gewollt und gefördert wird. Verwunderlich ist da der viel gehörte Wunsch nicht: „Wolfgang, kannst du nicht mal die Chefs einladen?“ Die Tierärzte gelten unter den Helferinnen sehr oft als „Bremser“, als „lustlos“ und „eingefahren“. Wolfgang Matzner grinst: „Vielleicht sollten wir doch wirklich mal wieder was anbieten …“
[box]Mehr Informationen zu VETKOM-Seminaren
Wolfgang Matzner und seine Kolleginnen Antje Blättner und Katharina Kalinin bieten deutschlandweit TFA-Seminare an. Sie sind in zwei zwei Seminarblocks unterteilt, wobei die Bereiche Ekto- und Endoparasiten als Aufhänger dienen. Die Seminare bestehen jeweils aus den Bausteinen Teambuilding, Fachprogramm und Praxismanagement mit „drinnen“ und „draußen“-Teil. Bewusst halten die Veranstalter die Seminare in relativ kleinem Kreis von rund 30 Teilnehmerinnen in Vierergruppen.
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