2010 wurde erstmals in Nord-West-Frankreich eine neue Variante der Chinaseuche entdeckt. Dieser neue, sehr aggressive Virustyp RHDV-2 hat auch in Deutschland zu zahlreichen Todesfällen bei Kaninchen geführt. England meldet im August ganz aktuell neue Ausbrüche. Der verfügbare Impfstoff schützt nur teilweise. (erstellt: 27.3.2015 / aktualisiert: 26.8.2015)
von Henrik Hofmann
Update: Es gibt eine aktualisierte Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission der Veterinärmedizin (StIKO VET) zur RHDV-2 (7.4.2016)
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„Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bestätigte sehr schnell die ersten Fälle des neuen Virustyps RHD-2 in Baden Württemberg“, berichtet das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA). Ein Teil der Kaninchen sei geimpft gewesen. Dieser neue Virustyp hat in Deutschland bereits im Jahr 2013 in Nordrhein-Westfalen und 2014 in Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Thüringen zu zahlreichen Todesfällen bei Kaninchen geführt.
Im August 2015 wurden nun auch zahlreiche Ausbrüche in England gemeldet, in Zeitungen werden Kaninchenhalter zur flächendeckenden Impfung aufgefordert.
Derzeit sieht es also so aus, dass die Impfung mit dem bislang verfügbaren Impfstoff gegen den neuen Stamm laut FLI nur zu einem Teilschutz führt. Eine neue, dritte Virusvariante soll weniger virulent sein und die Krankheit einen etwas verzögerten Verlauf zeigen. Zudem erkranken auch Nestlinge unter 30 Tagen und sogar Feldhasen.
Auch Tote Kaninchen als Ansteckungsquelle
„Der Eintrag des Virus in einen Bestand“, so das CVUA weiter, „erfolgt vor allem durch Sekrete und Exkrete oder indirekt über Insekten, Futter, Gerätschaften, Personen, u.v.m.“ Der natürliche Infektionsweg ist fäkal-oral. Eine Prophylaxe ist über Hygiene nur eingeschränkt möglich. Das Virus ist sehr widerstandsfähig in der Umwelt. Dr. Bastian Buschmeier, Impftstoff-Manager bei der IDT, riet bei der Kleintiertagung in Bielefeld, „besser tote Tiere zu entsorgen“, da sich das RHD-2 auch über diese übertrage.
Extrem „rasante“ Ausbreitung
Wie schnell sich das neue Virus ausbreiten wird, lässt sich dank Erfahrungen mit dem klassischen Virus in Australien vorhersagen. Damals breitete sich die Seuche von einem Versuchslabor in Adelaide ausgehend mit einer Geschwindigkeit von 63 Kilometer pro Woche aus. Besonders heimtückisch, so Buschmeyer, ist, dass „langes Überleben nicht von Vorteil für das Virus ist“. Sonst komme es zur Attenuierung.
Tod durch innerliches Verbluten
Infizierte Kaninchen sterben in der Regel sehr schnell ohne zuvor Krankheitszeichen zu zeigen. „Gestern noch fit und unauffällig und morgens plötzlich tot, sind häufige Vorberichte. Fressunlust, Apathie, erschwerte oder beschleunigte Atmung, mit Blut vor dem Mäulchen sowie teilweise Fieber können auftreten“, schreiben die Stuttgarter Kollegen. Subakute und chronische Verlaufsformen seien auch beschrieben, diese Fälle würden aber selten zur Sektion eingesandt. „Bei der pathomorphologischen Untersuchung (Sektion) sind in der Regel typische Veränderungen wie eine geschwollene, brüchige, rotbraune bis ockerfarbene Leber zu erkennen. Auch die Milz ist hochgradig geschwollen. Blutungen zeigen sich vor allem in der Niere, der Luftröhrenschleimhaut und der Lunge.“ Zum Teil sind schaumig-blutiger Nasenausfluss zu beobachten. Die Ausprägung ist vor allem stammabhängig. Das klassische RHD-Virus wurde 1984 erstmals in China nachgewiesen und über Angorakaninchen nach Deutschland eingeschleppt. RHD ist deswegen auch unter dem Namen „Chinaseuche“ vor allem bei Züchtern bekannt.
Derzeit sieht es so aus, dass die Impfung mit dem bislang verfügbaren Impfstoff gegen den neuen Stamm laut FLI nur zu einem Teilschutz führt. Buschmeyer sagt, es bestehe zwar eine Kreuzimunität, aber ein niedriger AK-Titer reiche nicht aus. „Vor allem Jungtiere müssen zwei mal grundimmunisiert werden.“ Auch wenn die Impfstoffe für die jährliche Impfung zugelassen seien, rate die Ständige Impfkommission (StiKO Vet) dazu, halbjährlich zu impfen.