Nach viertem Einbruch: Reizgas gegen Einbrecher

Kollege Ralf Michling ist Leid geprüft: Schon vier mal wurde in seine Praxis eingebrochen. Das scheint kreative Kräfte in ihm geweckt zu haben. Er stattete Safe und Computer mit einem GPS-Tracker aus, baut Reizgaskartuschen und Nebelwerfer ein.

von Henrik Hofmann

Unbekannte haben aus einer Tierarztpraxis in Wilhelmshaven einen schweren Metallschrank entwendet – der Polizeibericht ist wie immer nüchtern. Doch die Geschichte hinter dem vierten Einbruch in der Praxis von Dr. Ralf Michling ist komplexer: Der geknackte Waffenschrank aus der Tierarztpraxis wurde letztlich in einem nahe gelegenen See entdeckt. Zwischendurch muss er unmittelbar bei der Praxis in eine Hecke „zwischengelagert“ worden sein. Die GPS-Ortung hat – diesmal – nicht geklappt.

Rekonstruktion eines Einbruchs

Der Waffenschrank – den der Tierarzt als Tresor benutzt – war schlicht zu schwer, um ihn wegzutragen. Stattdessen müssen die Einbrecher versucht haben, ihn mit einer zuvor entleerten Mülltonne abzutransportieren. Das gelang jedoch nicht und so haben sie ihn in einer Hecke nahe der Praxis versteckt. Am Sonnabend seien sie dann mit einem dunklen Mercedes-Transporter (Kennzeichen WHV – CB) zurückgekehrt, hätten die Hecke abgesucht und dann unter den Augen der Nachbarn den Waffenschrank verladen. Den Schrank schafften sie dann zum Banter See direkt ans Seeufer, knackten ihn dort und warfen ihn danach in den See.

Trotz GPS-System nicht erwischt

„Ich hatte für Einbrecher sogar eine Nachricht im Schrank hinterlassen“, meint Kollege Michling verschmitzt: Sie mögen sich doch besser gleich der Polizei stellen, weil das Einfluss auf das Strafmaß haben könnte. Der Waffenschrank ist nach drei Einbruchversuchen nämlich mit einem GPS-Ortungssystem versehen. Nur gerade an diesem Wochenende war Michling auf einer Fortbildung und hatte seinen Tracker nicht kontrolliert.

Vier Einbrüche. Waffenschrank? GPS-Tracker? wir-sind-tierarzt.de hat in einem kurzen Interview (nach der Bildern) nachgefragt, wie Ralf Michling seine Praxis künftig noch sicherer machen will?

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wir-sind-tierarzt.de: Eine verrückte Geschichte. Aber mal im Ernst: Wieso hast Du einen Waffenschrank in der Praxis?
Ralf Michling: Den besagten Waffenschrank hatte ich über, weil ich früher in der Praxis gewohnt und dort auch meine Jagdgewehre aufbewahrt habe. Ich hatte mir dann später einen Neuen bestellt und mir den direkt vor die Haustür liefern lassen, weil die Dinger sehr schwer sind – also reine Bequemlichkeit. Den alten Schrank fanden wir ganz praktisch, weil wir so (eigentlich) einen recht sicheren Ort hatten für die Wechselgeld- und Tierschutzkasse, die Datensicherungen, diverse Schlüssel und was wir sonst so nach dem letzten Einbruch geschützt unterbringen wollten. Im Grunde hat es ja auch funktioniert: Das Ding war offensichtlich auch den Einbrechern zu schwer.

wir-sind-tierarzt.de: Und was hat es mit dem Tracker auf sich?
Ralf Michling: Wir verbauen die GPS-Tracker zum Beispiel in unseren Servern, im Ultraschallgerät und auch in unserem Betäubungsmittel-Tresor. Letztlich sichern wir damit Geräte und Gegenstände, auf die wir angewiesen sind, beziehungsweise deren Neuanschaffung mit erheblichem Aufwand verbunden wäre. Vielleicht ist das für andere Kollegen auch eine Idee zum nachmachen. Die Tracker sind gerade sogar im Angebot. Damit sich interessierte Kollegen nicht unnötig damit beschäftigen müssen: Wir verwenden dazu eine SIM-Karten von blau.de. Es geht aber jede Mobilfunkkarte.

wir-sind-tierarzt.de: Wie oft wurde jetzt bei Dir eingebrochen?
Ralf Michling: Wirklich vier mal! Den 1. Einbruchsversuch haben wir erst später bemerkt. Ich habe Sicherheitsrollos in der Praxis – was mir gar nicht bewusst war. Die wickeln sich falsch herum auf, wenn man sie hochhebeln will, mehr als zehn Zentimeter geht nicht.
Den 2. Versuch hat ein Knacki auf „Urlaub“ gestartet. Er hat die Tür nicht aufhebeln können, da es eine Sicherheitstür war.
Der 3. Einbruch erfolgte durch das Kellerfenster. Die haben Hundefutter, ein paar Ampullen Advantix, Geld und meine Kettensäge mitgenommen. Seitdem hatten wir den Waffenschrank umfunktioniert. Und der 4. ist eben der aktuelle Einbruch.

wir-sind-tierarzt.de: Jetzt hast Du aber nochmal aufgerüstet. Warum?
Ralf Michling: Weil wirs es noch mal schwerer machen wollen. Als zusätzliche Sicherung beziehungsweise um Einbrecher „auszuschalten“ verwenden wir jetzt CS-Reizgassysteme an den Fenstern und exponierten Türen. Eine Alarmanlage kann das Gas auslösen. Aus Vorsicht setzen wir das aber nicht in den Praxisräumen, sondern zur kontrollierten Abwehr nach außen ein, wenn jemand einbrechen will.
Dafür werden wir in der Praxis noch ein Sicherheits-System installieren, dass die Räume komplett vernebelt. Wenn ein Einbrecher es dann doch reinschafft, würde er erst mal nix mehr sehen können. Das Gerät ist nicht leicht zu beschaffen, aber für Gewerbetreibende ist es möglich.

Fotos ©Michling

 

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Über den Autor

Dr. Henrik Hofmann

Dr. Henrik Hofmann (hh) betreibt seit 1995 eine eigene Tierarztpraxis in Butzbach. Er ist Fachtierarzt für Allgemeine Veterinärmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Akupunktur. (www.tierundleben.de) Als Autor und Redakteur hat Hofmann in etlichen Zeitschriften und Zeitungen rund ums Tier geschrieben. Bei wir-sind-tierarzt.de betreut er schwerpunktmäßig Medizinthemen, den Bereich Praxismanagement und die Rubrik Mensch-Tierarzt. Außerdem steuert er die SocialMedia-Aktivitäten und leitet die Bildredaktion. Zuletzt ist sein Buch „Tieren beim Sterben helfen – Euthanasie in der Tierarztpraxis“ erschienen. Kontakt: henrik.hofmann(at)wir-sind-tierarzt.de
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