VETIDATA-Gebühren als Drittmittel für Uni-Institut

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Aktualisierung der Nutzungsbedingungen – das klingt zunächst nach harmloser Formalie. Doch die Gebühren für VETIDATA fließen demnach jetzt nicht mehr allein in den Arzneimittelinformationsdienst, sondern zuerst an das Institut für Pharmakologie der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig.

(aw/jh) – Der Arzneimittelinformationsdienst für die Veterinärmedizin (vetidata.de) informiert auf seiner Internetseite schnell und kompetent über Arzneimittelanwendung, Toxikologie und Arzneimittelrecht. Für dieses digitale Nachschlagewerk und auch manche persönliche Hilfestellung der Mitarbeiter bei Arzneimittelfragen bezahlen etwa 6.000 Nutzer eine Jahresgebühr von rund 65.- Euro: insgesamt also fast 400.000.- Euro. Seit dem 15. Juni findet sich auf der Startseite von VETIDATA (sichtbar für angemeldete Nutzer) eine unscheinbare Nachricht unter der Rubrik „Meldungen“: „Aktualisierung der Nutzungsbedingungen“.

Meldung über die geänderten Nutzungsbedingungen. (©screenshot vetidata-Webseite)

Meldung über die geänderten Nutzungsbedingungen. (©screenshot vetidata-Webseite 23.6.2015)

Der Unterschied: „ausschließlich“ vs. „hauptsächlich“

Was zunächst aussieht wie eine harmlose Umstellung auf das BIC/IBAN-Zahlungsverfahren, enthält einen weiteren, brisanten Satz, der eigentlich die Hauptnachricht ist: „Es wurde die Angabe über die Verwendung der Nutzungsgebühren angepasst“. Aber weder wird die Anpassung erläutert, noch auf die Änderung verlinkt.
Dabei hat sich der Paragraph 2 der Nutzungsvertrages, dessen Wortlaut festlegt, was mit den von den Nutzern gezahlten jährlichen Gebühren geschieht, erheblich verändert:

  • Seit 2002 sollte das Geld laut Nutzungsvertrag (§2) ausschließlich zur Unterhaltung und Weiterentwicklung des Beratungsdienstes verwendet werden.
  • Die neue Fassung dagegen formuliert (Wortlaut): „Es (das Nutzungsentgelt) wird für das Institut Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie, hauptsächlich zur Unterhaltung und Weiterentwicklung des Beratungsdienstes verwendet.“
Aktuelle Online-Erklärung wofür die Gelder bei VETIDATa verwendet werden (©Screenshot VETIDATA-Webseite 23.6.2015)

Aktuelle Online-Erklärung wofür die Gelder bei VETIDATA verwendet werden – obwohl der Nutzungsvertrag selbst geändert wurde (©Screenshot VETIDATA-Webseite 23.6.2015)

Interessant ist in der Neuformulierung die Voranstellung des Institutes als erster Empfänger gefolgt von dem undefinierten Wort „hauptsächlich“ – theoretisch könnte „hauptsächlich“ schon mit 51 Prozent der Einnahmen abgedeckt sein. Die VETIDATA-Nutzer bezahlen mit ihren jährlichen Gebühren also nicht mehr allein den VETIDATA-Dienst sondern sind – zumindest in nicht näher bestimmter Größenordnung – jetzt Teil der (Drittmittel)-Finanzierung des Leipziger-Pharmakologie-Institutes.

Legitimation gängiger Praxis?

Schon bisher gab es in Tierärztekreisen hinter den Kulissen Diskussionen darüber, dass nicht alle gezahlten Gelder bei VETIDATA verblieben. Die „Anpassung“ scheint dem jetzt auch offiziell Rechnung zu tragen und soll „legitimieren“, dass Mittel auch an das Institut direkt fließen.
Üblicherweise werden aus Einnahmen die laut Webseite vier Mitarbeiter, Raummieten und laufende Unterhaltskosten bezahlt. Auch die Ausgaben für Informationsauftritte auf Messen, Tagungen und Kongressen muss VETIDATA aus den laufenden Einnahmen bestreiten. Trotzdem liegt die Vermutung nahe, dass bei der  überschaubaren Mitarbeiterzahl von den geschätzten 400.000.- Einnahmen (zu errechnen aus der Nutzerzahl, mit der VETIDATA auf Veranstaltungen wirbt), ein Gewinn übrig bleibt.

Vom Behördenprojekt zum Profit-Center

Gestartet war VETIDATA ursprünglich sogar als kostenloser Service, finanziert über ein Projekt der zuständigen Behörde und einiger Pharmafirmen – das Logo des für Tierarzneimittelzulassungen zuständigen Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ziert noch die Webseite. Doch schnell war klar, dass für eine gute Pflege der Seite mehrere Mitarbeiter nötig sein würden und diese Kosten nicht allein die Universität Leipzig tragen könne. Daher ist die Seite seit 2003 gebührenpflichtig. Das hatte noch Prof. Dr. Fritz Ungemach umgesetzt. Der langjährige Leiter des zuständigen Institutes war maßgeblich an der Entwicklung von VETIDATA beteiligt.
Nach Ungemachs Tod 2009 blieb der Leipziger Pharmakologie-Lehrstuhl fast drei Jahre unbesetzt, bis eine Nachfolgerin gefunden werden konnte. Sie scheint aber andere Vorstellungen von der Funktion von VETIDATA zu haben als ihr Vorgänger. Anzunehmen ist, dass ein Teil der Einnahmen in die Forschungsarbeit des Instituts fließt. Inwieweit die einen Zusammenhang mit den VETIDATA-Aufgaben ausweist, mag jeder selbst beurteilen. Eine Liste der Forschungsprojekte findet sich auf der Instituts-Webseite.

wir-sind-tierarzt.de meint:

Transparent ist solch eine indirekt verkündete Verschiebung der Einnahmen definitiv nicht. Die meisten (langjährigen) VETIDATA-Nutzer dürften davon ausgehen, dass sie allein für die Qualität und Weiterentwicklung des Informationsdienstes bezahlen.
Wer also Gelder nach über 13 Jahren unveränderten Vertragsinhaltes umwidmen will, sollte dies klar und deutlich kommunizieren – und auch sachlich begründen. Womöglich gibt es ja Argumente, die dafür sprechen?
So aber hat die mehr oder weniger versteckte „Änderung“ ein Geschmäckle. Es sieht so aus, als wollte man eine bisher inoffiziell betrieben Praxis mal eben legitimieren?
Außerdem ist die neue Entgeltverteilung auch auf der VETIDATA-Webseite insgesamt nicht eindeutig kommuniziert:

  • Es gibt die „Meldung“ vom 15.6. mit einem sehr indirekten Hinweis auf eine „Anpassung der Verwendung“. Weitere Informationen über diese Anpassung muss sich der Nutzer selber suchen.
  • In den – eher kleingedruckten – Nutzungsbedingungen (§2) ist die neue Formulierung dann im oben zitierten Wortlaut ohne Änderungsmarkierung und Vergleich mit dem alten Wortlaut umgesetzt.
  • Aber auf der VETIDATA-Webseite in der Rubrik „Über uns/Was“ – die die Nutzer weit eher lesen dürften, als einen Vertragsparagraphen – hieß es bis zum Erscheinen dieses Artikels (22.6.2015) weiter: VETIDATA verwendet alle Gelder ausschließlich für Aufrechterhaltung, Unterhaltung und Ausbau des Beratungsdienstes.
  • Auch wenn die registrierten Nutzer in Ihrem Profil „mein Nutzungsvertrag aufrufen, enthält §2 dieses Vertrages die „ausschließliche“ Finanzierung von VETIDATA.
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