Androstenon-Spray wirkt gegen unerwünschtes Verhalten

Kann ein Schweinehormon aggressive Hunde beruhigen?

Aggression, Vokalisieren, an-der-Leine-Ziehen – unerwünschtes Verhalten ihrer Vierbeiner setzt Hundebesitzer stark unter Druck. Gefragt sind Tricks, die Situation zu beherrschen. Der Zufall brachte hier ein Schweinehormon ins Spiel.

(hh) – Vom ständigen Bellen und Hochspringen seines Cairn-Terriers „Toto“ fühlte sich auch John McGlone von der Texas Tech University immer wieder gestört. Er hielt während eines Versuchs mit Schweinen zufällig ein Hormonspray in Händen, als Toto wieder mal „ausflippte“ – und sprühte es dem Terrier entnervt ins Gesicht. Dieser beendete sofort das unerwünschte Verhalten. John McGlone und seine Kollegen gingen der Sache auf der Grund – in Form eines Versuches.

Spray mit und ohne Geräusch

Die erste Gruppe von Hunden stand an Leine und Halsband vor einem Zwinger, in dem ein fremder Hund saß (Kontrollgruppe), auf den sie bellend reagierten. Die zweite Gruppe von Hunden wurde in der Situation mit einem Spray behandelt, das nur Wasser enthielt aber ein Geräusch machte (Placebo). Die dritte Gruppe der Hunde sprühten die Tierärzte mit einer geringeren Konzentration von Androstenon ein. Die vierte Gruppe wurde mit einer höheren Konzentration von Androstenon. Auch hier erzeugte das Spray zugleich das unangenehme Geräusch. Der Einsatz erfolgte jeweils frontal ins Gesicht.

  • In der ersten Gruppe hörten 25 Prozent (drei von zwölf Hunden) auf zu bellen.
  • In der zweiten, der Wasserspray-Gruppe stellten 44 Prozent (vier von neun Hunden) das Bellen ein.
  • In der dritten Gruppe mit der niedrigeren Konzentration des Pheromons gaben 78 Prozent (sieben von neun Hunden) auf.
  • In der vierten Gruppe mit der höheren Konzentration von Androstenon stellten sogar alle sechs von sechs Hunden, also 100 Prozent, das Bellen ein.

Wie die Geschlechter-Verteilung beim Versuch war, berichteten die Tierärzte auf dem WASVA-Kongress 2015 leider nicht. Angeblich wirkt das Spray auch bei Katzen.

Vielfältige Wirkung

Das im Spray verwendete Hormon Androstenon ist ein Metabolit des Sexualhormons Testosteron und wirkt bei verschiedenen Tierarten – zum Beispiel beim Schwein – als Pheromon. Bei der Sau erzeugt es die „Duldungsstarre“ beim Deckakt.
Weiblichen geschlechtsreifen Schweinen ermöglicht es auch das Auffinden von Trüffeln im Boden, denn auch diese enthalten Androstenon. Im Fleisch unkastrierter Eber enthaltenes Androstenon sorgt neben Skatol für den typischen „Erbergeruch“ in gegartem Fleisch und wird von Menschen als ekelhaft empfunden.

Die Texaner schließen daraus, dass Androstenon kombiniert mit einem Trainingsprogramm (der Geräuschonditionierung) Verhaltensprobleme reduzieren kann. McGlone sagte gegenüber Discovery Channel, man solle es zum Training verwenden und „nicht als Zirkusnummer missbrauchen“.
In den USA ist das Spray frei verkäuflich über Amazon.

Beitragsbild: ©WiSiTiA/hh

 

Teilen
Über den Autor

Dr. Henrik Hofmann

Dr. Henrik Hofmann (hh) betreibt seit 1995 eine eigene Tierarztpraxis in Butzbach. Er ist Fachtierarzt für Allgemeine Veterinärmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Akupunktur. (www.tierundleben.de) Als Autor und Redakteur hat Hofmann in etlichen Zeitschriften und Zeitungen rund ums Tier geschrieben. Bei wir-sind-tierarzt.de betreut er schwerpunktmäßig Medizinthemen, den Bereich Praxismanagement und die Rubrik Mensch-Tierarzt. Außerdem steuert er die SocialMedia-Aktivitäten und leitet die Bildredaktion. Zuletzt ist sein Buch „Tieren beim Sterben helfen – Euthanasie in der Tierarztpraxis“ erschienen. Kontakt: henrik.hofmann(at)wir-sind-tierarzt.de
Web Design MymensinghPremium WordPress ThemesWeb Development

Wildtiere: Hilfe kann auch Leid bedeuten

9. März 20169. März 2016
Ein Faltblatt gibt Tipps zum Umgang mit Wildtieren. (©Landestierschutzbeauftragte Hessen / Erni/Fotolia.com)„Wildtiere brauchen in den aller seltensten Fällen menschliche Hilfe," sagt die Landestierschutzbeauftragte Hessen. Was tun kann, wer ein Wildtier findet – oder aber auch besser lassen sollte – erklärt ein Flyer, den Dr. Madeleine Martin zusammen mit der Landestierärztekammer Hessen herausgegeben hat. (mehr …)