„Jedes Pfündchen geht durchs Mündchen“

27. Baden-Badener Fortbildungstage 2015

(Baden-Baden/hh) – Bis vor einigen Jahren ließ man Katzen nach schweren Operationen zum Teil hungern – um den Erfolg nicht zu gefährden. Heute gilt: „Wenn es nicht hält, dann war es kein Ernährungsproblem, sondern ein chirurgisches,“ sagt der Schweizer Kleintierchirurg Daniel Koch.

Vor allem bei Katzen kann Hungern zu ernsthaften Stoffwechselentgleisungen führen. Der Grund ist, dass der Körper im Mangel seine Energie aus der eigenen Körpermasse mobilisiert. Doch dieser sogenannte Katabolismus bringt etliche Nachteile mit sich: Es kann zu Gerinnungsstörungen, Herabsetzung der Infektabwehr, Wundheilungsstörungen, Durchblutungsstörungen und vieles mehr unter anderem durch Beeinträchtigung von Leber und Niere kommen. Dabei ist nach Verletzungen und Erkrankungen der Energiebedarf besonders hoch. Nach Verbrennungen etwa muss das Doppelte des normalen Grundumsatzes an Energie zugeführt werden, bei Sepsis das 1,75-fache, nach Operationen und bei Leber- oder Nierenerkrankungen das 1,25-fache.

Katzen nach OP so früh wie möglich ernähren

Dr. Daniel Koch, Kleintierchirurg aus Diessenhofen in der Schweiz, rät daher, „alle nach der Operation so früh wie möglich enteral zu ernähren“. Möglich sei dies grundsätzlich durch Nasenschlundsonde, oral, durch Oesophagussonde, Pharyngoosteomiesonde, Darmsonde oder Magensonde.
Am besten sei die Oesophagussonde, da man sie jederzeit entfernen kann. Einziger Nachteil: Man muss langsam füttern. Sie wird am Hals „weit genug vom Larynx entfernt“ eingesetzt. Die Länge misst am durch Anhalten ab. Die Sonde sollte etwa vom Mund bis zum 8. Intercostalraum reichen. Die Futteraufnahme sei auch an der Sonde vorbei möglich.

Strenges Fütterungsregime

Insgesamt muss ein strenges Fütterungsregime eingehalten werden:

  • Zuerst 5-15 ml während 5 Minuten alle 2 Stunden (mit Wasser anfangen)
  • dann bis zu 60 ml (über 15 Minuten) alle 6 Stunden
  • Wasser 60 ml / kg / 24 Stunden
  • physiologisches Volumen des Katzenmagens: 30-45 ml / kg KGW

Als besonderen Tipp gab Koch Tierärzten während der 27. Baden-Badener Fortbildungstage auf den Weg: „Am Ende der Narkose vor dem Extubieren die Sonde in den Magen verlagern und Energie in den Magen zuführen!“ Er selbst mache das bislang nicht, in den USA sei das aber sehr verbreitet.

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Über den Autor

Dr. Henrik Hofmann

Dr. Henrik Hofmann (hh) betreibt seit 1995 eine eigene Tierarztpraxis in Butzbach. Er ist Fachtierarzt für Allgemeine Veterinärmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Akupunktur. (www.tierundleben.de) Als Autor und Redakteur hat Hofmann in etlichen Zeitschriften und Zeitungen rund ums Tier geschrieben. Bei wir-sind-tierarzt.de betreut er schwerpunktmäßig Medizinthemen, den Bereich Praxismanagement und die Rubrik Mensch-Tierarzt. Außerdem steuert er die SocialMedia-Aktivitäten und leitet die Bildredaktion. Zuletzt ist sein Buch „Tieren beim Sterben helfen – Euthanasie in der Tierarztpraxis“ erschienen. Kontakt: henrik.hofmann(at)wir-sind-tierarzt.de
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