Privat abkassiert, obwohl andere Ärzte oder Doktoranden die Tiere behandelt haben? Die Süddeutsche Zeitung (SZ) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Leiterin der Kleintierklinik an der LMU München: Mit „Zusatzverträgen für Privatpatienten“ soll sie verdient haben, obwohl Mitarbeiter – zum Teil ohne Bezahlung – die Tiere behandelt hätten.
Das Erstellen einer Privatrechnung sei an der Medizinischen Kleintierklinik Standard gewesen“, schreibt die Süddeutsche. Und zwar nicht nur, wenn die Klinikleiterin persönlich Tiere behandelte, sondern auch, wenn untergeordnete Tierärzte, zum Beispiel Doktoranden – also Tierärzte mit abgeschlossener Approbation –, mit den Patienten beschäftigt waren. „Glaubt man den Aussagen von Doktoranden, dann hat die Klinikleiterin privat von deren kostenloser Arbeit profitiert,“ schlussfolgert die SZ.
Monatsvergütung von 10.- Euro
Das Thema war öffentlich geworden, weil sich Doktoranden über eine „Monatsvergütung von zehn Euro“ beklagt hatten. Das Mindestlohngesetz und die schlechte Bezahlung von Tierärzten insgesamt waren damit in den Fokus der Medien gerückt. An der LMU hatten von 53 Doktoranden (Stand März 2015 lt. Süddeutscher Zeitung) 26 einen Zehn-Euro-Vertrag, 24 Doktoranden bekamen zwischen 400 und 451 Euro im Monat, drei erhielten bis zu 850 Euro. Sie und auch andere angestellte Tierärzte sollen die „Privatpatienten“ (mit)behandelt haben – ohne dafür entsprechend vergütet worden zu sein.
Privatbehandlung ist erlaubt
Privatbehandlungen sind als Nebentätigkeiten an der LMU zunächst erlaubt. Die Universitätsleitung wusste laut Süddeutscher Zeitung (SZ) darüber grundsätzlich Bescheid und habe diese auch ausdrücklich genehmigt. Die Begründung: Im Wettbewerb mit anderen Kliniken müsse man guten Bewerbern um die Chefposition eben Anreize bieten. Die universitäre „Verordnung zu Nebentätigkeiten“ setze solchen Privatbehandlungen aber enge Grenzen. Eigentlich müssten die Klinikchefs die Tiere grundsätzlich persönlich behandeln. Andere, nachgeordnete Ärzte dürften nur unter Aufsicht arbeiten und für eine Vertretung brauche es einen „zwingenden Grund“.
Weniger Einahmen für die Uni-Klinik?
Der Süddeutschen Zeitung liegt aber nach eigenen Angaben ein „Zusatzvertrag für Privatpatienten“ vor, der sehr vielen Patienten angeboten worden sein soll. Zentrale Verlockung: Chefbehandlung ohne Wartezeit. Statt aber für diese Behandlung höhere Gebühren zu verlangen, habe es „lediglich eine Rechnungsteilung“ gegeben. Dadurch hätten die Tierhalter zwar keine zusätzlichen Kosten gehabt; es verringerten sich aber die Einnahmen der Klinik, sagt die SZ.
Allerdings sei nicht garantiert gewesen, dass sich die Klinikchefin persönlich um diese Privatpatienten gekümmert habe. Bei den Privatbehandlungen sei zwischen intellektuellen und praktischen Tätigkeiten der Tierärzte unterschieden worden: „Die Klinikchefin rechnete privat nur geistige Leistungen ab, ohne dafür ein Tier anfassen zu müssen. Die physische Behandlung erledigten andere“, schreibt die Süddeutsche. So hieß es im bereits erwähnten Zusatzvertrag, der Klinik-Vorstand könne sich bei Untersuchung und Behandlung „durch einen von ihm beauftragten Tierarzt“ vertreten lassen.
Mitarbeiter nicht an Einnahmen beteiligt?
Wie das Geld genau aufgeteilt wurde, ergebe sich laut SZ aus einer „Anleitung zur Rechnungserstellung“, die allen klinisch tätigen Mitarbeitern zur Verfügung stand. Bei einer Blutdruckmessung zum Beispiel kassierte demnach die Klinik für die mechanische Durchführung und die Leiterin für die Beurteilung des Befunds. Die Gesamtbeträge richteten sich nach der bundesweit gültigen Gebührenordnung für Tierärzte.
Solche geteilten Privatbehandlungsverträge hätten zumindest an den Tagen, für die der SZ Patientenlisten vorlägen, ein Großteil der Tierhalter unterschrieben. Entsprechend oft seien Privatrechnungen gestellt worden. Monatlich habe die Kleintierklinik insgesamt sechsstellige Beträge abgerechnet. Wie viel davon die Klinkleiterin daneben privat abrechnete, liesse sich nur erahnen, spekuliert die Süddeutsche Zeitung: Bei manchen Behandlungen seien identische Beträge auf ihr privates Konto sowie auf das der Klinik geflossen.
Wegen des Mindestlohngesetzes gebe es derzeit eine Gesamtrevision in der LMU-Tiermedizin, sagt Uni-Präsident Huber.