(jh) – Bei kleinen Wiederkäuern haben Wissenschaftler eine neue Pestivirusspezies entdeckt, die erstaunlich eng mit dem Virus der Klassischen Schweinepest (KSP) verwandt ist. In experimentell infizierten Schweinen vermehrte sich das Virus aber nicht effizient. Doch gebildete Antikörper lassen sich mit herkömmlichen serologischen Testmethoden nicht von klassischer KSP unterscheiden.
Das neue Virus in Ziegen und Schafen könnte so ein ernstes Problem für die etablierten KSP-Bekämpfungsstrategien werden, denn serologische Tests sind für die KSP-Überwachungsprogramme, aber auch für die wissenschaftliche Begleitung von Impfkampagnen unverzichtbar.
Noch kein Spezieswechsel
Noch aber ist eine Übertragung der neuen Pestiviren auf Schweine und deren Ausbreitung in Haus- und Wildschweinen nicht erfolgt. Nach experimentellen Infektionen zeigten die Schweine keine effiziente Virusvermehrung oder Ausscheidung. Die Viren lösten auch keine Krankheitssymptome aus.
Dennoch sind diese neu entdeckten Viren mögliche Kandidaten für einen Wirtswechsel, darüber sind sich die Wissenschaftler der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) einig – auch wegen der hohen Mutationsrate dieser RNA-Viren.
Entdeckt in der Türkei
Entdeckt wurde das Virus an der Universität Ankara: In Blutproben von Schaf- und Ziegenherden aus unterschiedlichen türkischen Provinzen wiesen Wissenschaftler Antikörper nach, die in hohem Maße mit KSP-Viren reagierten. Der Fund deutete zunächst auf eine mögliche Infektion der kleinen Wiederkäuer mit Klassischer Schweinepest hin – das wäre ein Spezieswechsel gewesen.
Dagegen sprachen die klinischen Symptome der infizierten Tiere. Die ließen auf eine Infektion mit dem Border Disease Virus schliessen: Fruchtbarkeitsstörungen, Aborte, Missbildungen und zentralnervöse Ausfallerscheinungen bei den Nachkommen.
Genetisch eng mit Schweinepestvirus verwandt
Eine Genom Analyse am Institut für Virologie der TiHo – das zugleich Referenzlabor der Europäischen Union für die Klassische Schweinepest ist – zeigte, dass diese Viren Vertreter einer neuen Pestivirusspezies sind. Genetisch sind sie mit den Schweinepestviren ähnlich eng verwandt wie mit den Border Disease Viren. Antikörper, die nach einer Infektion mit den neu entdeckten Pestiviren entstehen, sind den KSP-Virus-spezifischen Antikörpern sogar ähnlicher als Antikörpern nach Infektionen mit dem Border Disease Virus.