Wie die Niederländer binnen fünf Jahren den Antibiotikaverbrauch um mehr als die Häfte gesenkt haben, darüber berichtet die Schweizer Bauernzeitung. Neben besserer Hygiene und weniger Prophylaxe taucht da auch die schnellere Euthanasie kranker Tiere auf. Künftig soll es außerdem ein Tierarztranking geben: Wer verordnet die meisten Antibiotika (AB).
„Eine antibiotikafreie Schweineproduktion ist nicht möglich. Das dürfe aber keine Legitimation sein für einen hohen Verbrauch,“ zitiert die Schweizer Bauernzeitung die niederländische Schweinespezialistin Anita Hoofs von der Forschungsanstalt Sterksel. Sie erklärt den Rückgang des Antibiotikaeinsatzes von über 50 Prozent im Nachbarland von 2009 auf 2013 wie folgt:
Der Ausgangswert (2009 = 25 Tagesdosen/Sau) war hoch, weil in den Niederlanden – anders als in Deutschland und auch der Schweiz – aus Kostengründen wenig(er) geimpft wurde. 2013 erhielten Sauen im Durchschnitt dann nur noch 11 Tagesdosen. Für die niederländische Einheit „Tagesdosis“ gibt es aktuell keinen deutschen Vergleichswert.
Kranke Schweine schneller euthanasieren?
Hoff forderte: Mehr individualisierte Tierbehandlungen, also keine Behandlung ganzer Abteile und schon gar nicht prophylaktisch. Kranke Schweine gehörten umgehend abgesondert. Aufgrund des grossen Risikos für die gesunden Tiere sollte an diesen auch nicht „zu lange herumgedoktert“ werden. In den Niederlanden werden die Tiere demnach früher euthanasiert, folgert der Bericht der Schweizer Bauernzeitung.
„Kontaktstrukturen“ durchbrechen
Weitere Faktoren für einen geringeren AB-Bedarf seien mehr Hygiene und das Durchbrechen von «Kontaktstrukturen», die Erreger übertragen, sagte Hoofs: Gemeint sind nicht nur Tier zu Tier-Kontakte, sondern auch solche zu Material und Gerätschaften, über die Luft, den Mensch oder die Gülle.
„Versucht, die Würfe möglichst beisammenzuhalten“, forderte Hoofs außerdem und war sich bewusst, dass sie damit dem beliebten „Ausgleichen, Standardisieren und Umstallen“ bei abweichenden Wurfgrössen entgegentritt. Ein Wurf mit vielen Streptokokken-Trägern würde beispielsweise sonst die ganze Herde kontaminieren.
Tierarztranking: Wer verordnet die meisten Antibiotika?
Die Niederländer wollen künftig außerdem neben dem absoluten Antibiotikaverbrauch noch eine weitere Kennzahl ausweisen und zwar die „Tagesdosierung pro Sau und Tierarzt“. Damit wollen die Behörden den Antibiotikaeinsatz der Tierärzte vergleichen und diese in die Verantwortung nehmen.
Eine ähnliche Auswertung würde auch das deutsche QS-Antibiokamonitoring ermöglichen: Es erfasst zwar die Häufigkeit des AB-Einsatzes in den Betrieben. Die Daten melden aber die Tierärzte, so dass auf diesem Weg ein Rückschluss auf ihr Verordnungsverhalten möglich wäre.
Schweiz: Prophylaktischer Antibiotikaeinsatz macht Schweine nicht gesünder
Mit einem prophylaktischen Antibiotikaeinsatz dürften keine Fehler im Management und der Biosicherheit auf den Betrieben kaschiert werden, forderte auch Xaver Sidler von der Abteilung Schweinemedizin der Universität Zürich im gleichen Bericht. In der Mast würden fast 80 Prozent des Antibiotika prophylaktisch verabreicht. Bei den Absetzferkeln seien es 86 Prozent, bei den Saugferkeln 46 Prozent und den Muttersauen 23 Prozent.
Dabei habe dieser prophylaktische Einsatz in der Mast weder einen Einfluss auf die Abgangsrate noch auf Folgebehandlungen während der Mast oder die Mastleistungen. Das zeigten Untersuchungen, berichtete Siedler. Wolle die Branche nicht zum Sündenbock für Antibiotikaresistenzen abgestempelt werden, sollte sie stattdessen folgenden Faktoren mehr Aufmerksamkeit schenken – die seien erfolgversprechender und günstiger als ein Antibiotikaeinsatz:
- die Belieferung der Mastbetriebe von möglichst nur einem Ferkelerzeuger
- die Aufstallung im Rein-Raus-Verfahren
- sorgfältige Reinigung mit Desinfektion
- genügend Leerzeit vor dem Einstallen
- nicht zu kalte Ställe
- saubere Wasserquellen
- genügend Futter beim Einstallen
- eine einwandfreie Hygiene mit stalleigenen Kleidern, Stiefeln, Handwaschgelegenheiten usw.