BfR-Bewertung multiresistenter Nutztierkeime

MRSA-Keime und Stämme aus der Nutztierhaltung sind für die Gesundheit beim Menschen von „untergeordneter Bedeutung“, sagt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Weniger als fünf Prozent stammen aus den Ställen. Dagegen wird die Situation bei ESBL-/AmpC-bildenden Bakterienstämmen bei Mensch und Tier gleichermaßen als deutlich problematischer eingeschätzt, da sich die Resistenzeigenschaften hier deutlich leichter austauschen und verbreiten.


Weniger als 5 Prozent aller nachgewiesenen und typisierten MRSA stammen aus der Nutztierhaltung. Sie werden vor allem bei beruflich exponierten Personen wie Landwirten und Tierärzten nachgewiesen. Das bedeutet im Umkehrschluss, so betont das BfR, dass 95 Prozent der nachgewiesenen MRSA aus dem Bereich der Humanmedizin stammen. Da die vom Tier stammenden, sogenannten Livestock associated MRSA (la-MRSA) fast immer sensibel für therapeutisch wichtige Wirkstoffklassen sind, ist eine Behandlung dieser Infektionen zumeist möglich. Dennoch sollten Tierärzte und auch Landwirte sowie andere Personengruppen mit Nutztierkontakt, vor einer Behandlung mit Antibiotika beziehungsweise vor Operationen oder einer Aufnahme in eine Klinik, auf den Nutztierkontakt hinweisen.

ESBL-Ausbreitung nicht allein aus der Nutztierhaltung

Erste Analysen, die die Bedeutung von Nutztieren als Reservoir für ESBL-bildende E. coli in Deutschland quantifizieren, zeigen dagegen: Die häufigsten ESBL-Gene kommen sowohl bei Isolaten von Menschen als auch von verschiedenen Tierarten vor. Derzeit kann die überwiegende Mehrzahl der Besiedelungen des Menschen mit ESBL-bildenden E. coli aber nicht direkt über die Exposition aus der Tierhaltung und über lebensmittelliefernde Tiere erklärt werden. Dennoch spielen Tiere als Quelle für solche Keime beziehungsweise der Resistenzgene eine Rolle.

Bedenklich sind die resistenten Stämme von Bakterien wie Escherichia coli, Klebsiella und Citrobacter deshalb, weil ihre Resistenzeigenschaften auf mobilen Abschnitten des Erbgutes liegen. So können sie leicht untereinander, aber auch mit anderen pathogenen Bakterien ausgetauscht und neu kombiniert werden. Eine Antibiotikabehandlung verstärkt diesen Austausch noch. Diese Mobilität gilt sowohl innerhalb der Nutztierart als auch im Austausch zwischen Mensch und Tier. Resistenzen bei ESBL-/AmpC-bildenden Keimen beeinträchtigen insbesondere die Behandlung mit Cephalosporinen der 3. und 4. Generation stark. Diese Antibiotika werden in der Humanmedizin gegen eine Vielzahl von bakteriellen Infektionen eingesetzt.

ESBL-Bildner bei Mensch und Tier gemeinsam bekämpfen

Da diese Bakterien sowohl beim Menschen als auch beim Tier vorkommen, sind resistente ESBL sowohl bei der Therapie von Nutztieren als auch bei der Therapie von Menschen gleichermaßen problematisch. Ihrer Ausbreitung sollte durch vorbeugende Maßnahmen sowohl im Tierstall als auch in der Humanmedizin entgegengewirkt werden. Nur eine gemeinsame vorbeugende Bekämpfungsstrategie von Veterinärmedizin und Humanmedizin (One Health-Ansatz) gegen die Ausbreitung von antibiotikaresistenten Erregern kann daher erfolgreich sein, betont das BfR.

Die vollständige BfR-Bewertung finden Sie hier als PDF-Download
Einen Fragen und Antwort-Katalog (FAQ) zum Resistenzthema hat das BfR hier veröffentlicht

Am 22. Januar informiert das BfR in einem Forum auf der Grünen Woche über seine Risikobewertung. Ein Bericht folgt auf wir-sind-tierarzt.de.

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