Hausbesuche – ein Fall für sich!

Wie jeder gute Hausarzt, machen auch wir Tierärzte Hausbesuche. Dafür gibt es verschiedene Gründe, die nicht nur beim tierischen Patienten selbst liegen. Viel häufiger möchte der Patientenbesitzer, aus zum Teil nachvollziehbaren Gründen nicht in die Praxis kommen.

Ein Gastbeitrag von Tierarzt Rolf Gramm aus Braunschweig

Da ist zum Beispiel der riesige Käfig für den Papagei, den man nicht in die Praxis schleppen kann oder die eigene Befindlichkeit erlaubt es nicht, mit dem Patienten in die Praxis zu kommen. (…) Das Problem beim Hausbesuch liegt aber natürlich nicht darin, wie komme ich dahin oder womit fahre ich, sondern was für ein Patient ist es und was wird mich dort erwarten. Ein Hund, der nicht völlig dar nieder liegt, wird sich zu Haus seinem Tierarzt gegenüber ganz anders verhalten als in der Praxis. Hier ist nämlich er der Herr im Haus und hier dringe ich in sein Revier ein. Er fühlt sich trotzt einer Erkrankung stark und ist viel eher bereit mal zuzupacken, als er das in der Praxis machen würde.

Bei Katzen liegt der Fall ganz anders. Bereits am Telefon, wenn der Hausbesuchstermin ausgemacht wird, muss, meine Helferin deutlich betonen, dass der Patient auch wirklich zu Hause ist, denn nicht wenige Hausbesuche habe ich gemacht, um dann unverrichteter Dinge wieder davon zu fahren, weil der Katzen-Patient nicht auffindbar war! Das ärgert mich schon, weil ich ohne Behandlung auch nichts liquidiere, was natürlich möglich wäre, schließlich hatte ich ja einen, unter Umständen erheblichen, Zeiteinsatz. Außerdem kann ich dem Patienten nicht helfen, wenn ich ihn zuvor nicht untersuchen kann.

„Es macht keinen Spaß, Katzen unter Ehebetten zu suchen“

Es macht auch einfach keinen Spaß, den Katzen-Patienten auf Schränken, unter Ehebetten oder hinter dem Sofa zu suchen, um ihn dann mit Gewalt hervorzuziehen. Das klappt oft nicht und stresst ein krankes Tier noch zusätzlich.

Ist der Patient dann wirklich leibhaftig anwesend, ist es natürlich klar, dass bei einem Hausbesuch nur eine beschränkte Diagnostik vorgenommen werden kann. Temperatur messen, Maulhöhle kontrollieren, Augen, Ohren, Nase, oder eine Auskultation („abhören“) sind schon möglich. Die Blutentnahme ist bei einem Hausbesuch schon fast nicht möglich, außer ich treffe auf einen Tierbesitzer, der gut mithelfen kann, und auf ein Tier, welches kooperativ ist. Bei Katzen eher selten!

Wenn eine Katze nicht kooperativ ist, wird es niemand schaffen, sie für eine Behandlung festzuhalten. Vier krallenbewehrte, äußerst bewegliche Beine und ein Maul mit vier schönen und sehr spitzen Fangzähnen. Das reicht, um sich zu wehren! Egal ob beim Hausbesuch oder in der Praxis.

Sieg auf voller Linie für den Kater!

Bei einem Hausbesuch, bei dem ich die drei Katzen von Familie Möhre impfen sollte, also an sich gar nichts dramatisches oder eventuell schmerzhaftes, verließ ich den Ort nach einer Stunde und nur eine Katze war geimpft! Dafür hatte der Besitzer, der meinte, seine Katze halten zu können und den ich umsonst gewarnt hatte, denn ich kannte die Katzen, den ganzen Unterarm verbunden, da ein Kater ihn heftigst gekratzt und leider auch gebissen hatte. Gerade an den Folgen des Katzenbisses hat er noch recht lange laboriert! Für Herrn Möhre, einen Buchautor und Illustrator, sehr unangenehm.

Zugegebenermaßen hatte ich die Idee gehabt, den halbwilden Kater bei dieser Gelegenheit gleich zu kastrieren, denn da wir ihn nun schon mal in der Küche hatten, passte es ja gut. Das muss der Gute wohl geahnt und befürchtet haben , denn da war für ihn der Spaß vorbei. Es begann der kurze, aber blutige Kampf, der natürlich ohne seine Kastration endete. Sieg auf voller Linie für den Kater!

Der letzte Gang

Die meisten Hausbesuche werden aber gewünscht, wenn ein Tier eingeschläfert werden soll.Dafür habe ich vollstes Verständnis, denn es ist sehr schwer für den Tierbesitzer, beim letzten Gang mit seinem Tier in die Praxis zu kommen, wissend, dass er sie allein wieder verlassen wird. Zum Glück hat es bei einer Euthanasie im Hause des Besitzers noch nie Probleme gegeben, denn Zwischenfälle wären sicher nicht so angenehm für alle Beteiligten.

Meistens ist es so, dass das Tier dann auch im Garten des Besitzers beerdigt wird. Ist abgesprochen, dass ich das eingeschläferte Tier mitnehme, um es zur Tierkörperbeseitigung zu bringen, fahre ich übrigens mit dem Auto!

(…)

Ich hab mich schon daran gewöhnt, dass Kinder oder Jugendliche es nicht für nötig halten, mich zu begrüßen oder gar den „Hintern“ vom Sofa zu lüpfen, aber dass der Fernseher läuft, wenn ich das Haustier einschläfere – daran werde ich mich wohl nicht gewöhnen, auch wenn es mehrfach vorgekommen ist!

 

 

 

 

 

Teilen
Über den Autor

Redaktion wir-sind-tierarzt.de

Unter dem Autorennamen "Redaktion wir-sind-tierarzt.de" veröffentlichen wir überwiegend kurze/aktuelle Nachrichten, die im Redaktionsalltag entstehen. Ein Namenskürzel am Textanfang weist ggf. näher auf den zuständigen Redakteur hin: jh – Jörg Held / hh - Henrik Hofmann / aw – Annegret Wagner Kontakt zur Redaktion: zentrale(at)wir-sind-tierarzt.de
Web Design MymensinghPremium WordPress ThemesWeb Development

Wildtiere: Hilfe kann auch Leid bedeuten

9. März 20169. März 2016
Ein Faltblatt gibt Tipps zum Umgang mit Wildtieren. (©Landestierschutzbeauftragte Hessen / Erni/Fotolia.com)„Wildtiere brauchen in den aller seltensten Fällen menschliche Hilfe," sagt die Landestierschutzbeauftragte Hessen. Was tun kann, wer ein Wildtier findet – oder aber auch besser lassen sollte – erklärt ein Flyer, den Dr. Madeleine Martin zusammen mit der Landestierärztekammer Hessen herausgegeben hat. (mehr …)