Eintrag durch Wildvögel oder Handelsbeziehungen

Der Eintragsweg des H5N8-Geflügelpest-Virus in inzwischen fünf europäische Geflügelhaltungen ist weiter unklar. Die Internationale Tierseuchenorgansiation OIE verdächtigt Wildvögel. Das Wissenschaftszentrum aviäre Influenza (WAI) macht dagegen den internationalen Handel verantwortlich.

(update: 22.11. – 16:55) – in Deutschland wurde das H5N8-Virus im Rahmen des Wildvogelmonitorings inzwischen in einer Krickente nachgewiesen)

Gleiche Virusvariante wie in England und den Niederlanden

Die deutschen Behörden sprechen jetzt „von einem europaweiten Seuchengeschehen.“ Für sie hat sich durch den Virus-Nachweis in einer wildlebenden Krickente der Verdacht verdichtet, dass „nach den Ausbrüchen in Deutschland, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich, das Erregerreservoir  in der Wildvogelpopulation liegt.“ Prof. Martin Beer, Leiter des Institutes für Virusdiagnostik am FLI, bestätigte, dass der gefundene Erreger „komplett identisch“ mit denen in England und den Niederlanden sei.

Krickenten wurden in verschiedenen Studien als sehr „effiziente“ Virusträger bezeichnet, da sie lange Distanzen in wenigen Tagen überwinden können. So hat eine beringte Ente in zwei Tagen 640 km zurückgelegt. Das Problem dabei ist, dass die Enten das Virus tragen können ohne selbst zu erkranken, berichtet die Internationale Gesellschaft für Virus-Erkrankungen (ISID).

WAI: Geschäftsbeziehungen zischen Entenfarmen

Das WAI begründet ihren Vorwurf an den internationalen Handel mit Geflügel damit, dass zumindest die britische Entenfarm Geschäftsbeziehungen nach Südkorea habe, wo das Virus schon länger grassiert. In einer Pressemitteilung (20.11.2014) argumentiert das WAI wie folgt:

  1. Seit dem 4.11.2014 sind nacheinander an drei Orten in Europa hochpathogene aviäre Influenza-Viren vom Subtyp H5N8 in Geflügelbeständen nachgewiesen worden: Heinrichswalde (Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland); Hekendorp (Utrecht, Niederlande); Driffield (England, UK)
  2. Die betroffene Entenfarm in Driffield gehört zu dem Unternehmen Cherry Valley Farms Ltd. Dieses hat nach eigenen Angaben enge Handelsbeziehungen zu Enten-Farmen im H5N8-Epidemie-Gebiet Süd-Korea.
  3. In Deutschland besitzt Cherry Valley Farms Ltd. eine Entenfarm in Wriezen (Brandenburg).
  4. Cherry Valley Farms Ltd. überprüft aktuell die eigenen Entenfarmen auf noch unentdeckte Vorkommen von H5N8, weil damit infizierte Enten Enten häufig ohne sichtbare Symptome bleiben.
  5. Die kürzeste Straßen-Route zwischen der betroffenen Entenfarm in Driffield und der Cherry-Valley-Entenfarm in Wriezen führt unmittelbar an dem Ort Hekendorp (Utrecht, NL) vorbei, wo sich der dritte H5N8-Ausbruch ereignet hat.
  6. Zwischen Ostasien und Deutschland wurden bisher keine hochpathogenen H5N8-Influenzaviren nachgewiesen, weder in Geflügel, noch in Wildvögeln. Auch das Wildvogelmonitoring in Europa hat keinen Hinweis auf eine Existenz dieser Viren unter Wildvögeln ergeben.
  7. In der Tundra, dem vom Friedrich-Löffler-Institut (FLI) in dem NDR-Bericht (19.11.2014) genannten Gebiet, wo verschiedene Zugvogel-Routen zusammentreffen, und es angeblich zum Austausch von hoch pathogenen aviären Influenza-Viren zwischen Wildvögeln aus Asien und solchen mit Destination Europa gekommen sein kann, wurden seit 2006 Wildvögel und Rastplätze beprobt. Auftraggeber für diese Untersuchungen waren u.a. das FLI und die Universität Rotterdam. Zeitweise an den Beprobungen Beteiligte haben dem WAI mitgeteilt, dass in keiner von 10.000 Proben ein hoch pathogenes aviäres Influenza-Virus nachgewiesen wurde. Sicherlich sind dort mehr Proben genommen worden. Das WAI hat hierzu keine Publikation des FLI oder der Universität Rotterdam finden können.

 Die vollständige Pressemitteilung des WAI finden Sie hier.

Beim Wissenschaftsforum aviäre Influenza (WAI)  handelt es sich – nach eigenen Angaben – um ein politisch wie auch wirtschaftlich unabhängiges Forum, welches sich um Aufklärung der epidemiologischen Situation der Geflügelpest auf wissenschaftlicher Basis bemüht. Es hat sich – so die Webseite –  gegründet, weil die zuständige Fachbehörde mit ihren Desinformationen sowohl Öffentlichkeit als auch Politik falsch berät und nicht der tatsächlichen Situation angemessen mit der Seuche umgeht.

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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