Lahme Kühe über Fressverhalten identifizieren

Das Fressverhalten von Milchkühen ist für englische Wissenschaftler auch ein Lahmheitsindikator. (Foto: © WiSiTiA/jh)

Lahmheiten sind eines der größten Gesundheitsprobleme bei Milchkühen. Oft erkennen die Tierhalter eine Lahmheit erst im fortgeschrittenen Stadium. Dann ist sie schwer oder gar nicht mehr zu therapieren. Ein Frühindikator kann das Fressverhalten sein, sagen englische Wissenschaftler.

(aw) – Die bisher genutzten automatischen Systeme zur Erkennung lahmer Kühe – etwa Schrittzähler, GPS-Geräte, Video-Überwachung oder solche, die mit der Belastung der einzelnen Klauen (Sensor-Matten) arbeiten – konzentrieren sich immer auf die Bewegung der Tiere. Die Annahme: Lahme Kühe bewegen sich deutlich weniger als lahmheitsfreie Tiere und ihr Gang ist verändert.
Einen anderen Indikator haben Dr. Zoe Barker und Mitarbeiter vom Writtle University College in Chelmsford (England) ausgemacht: Die Fresszeiten – lahme Kühe fressen weniger und kürzer als gesunde.

Lahme Kühe fressen weniger

Sie haben Kühe mit einem Halsband ausgestattet, das einen Beschleunigungssensor trägt und diese Daten mit einem Ortungssystem kombiniert. In Vorversuchen war aufgefallen, dass während des Fressens durch die Halsbewegung eine deutliche Zunahme von Beschleunigungen im Halsbereich gemessen werden kann. Zusammen mit der Lokalisation am Futtertisch ist es möglich, die Fresszeit der einzelnen Tiere zu bestimmen.
Aus einer britischen Herde mit 120 Kühen beobachteten die Kollegen neun lahmheitsfreie und zehn lahme Kühe via Halsband-Sensoren. Sie unterschieden insgesamt drei Zustände: Fressen, Nicht-Fressen und Melken (= Kühe nicht im Laufstall).

  • Lahme Kühe nahmen über den Tag verteilt signifikant weniger Futter zu sich als gesunde Kühe, wobei vor allem am Nachmittag die Fressaktivität deutlich unter der gesunder Kühe lag.

Das Fressverhalten lahmer Kühe unterscheidet sich deutlich von dem gesunder: Sie fressen weniger. (Auswertung: Z. Barker)

Im Anschluss an den Versuch wurden die Klauen der Versuchstiere erneut beurteilt:
In der Gruppe der zehn lahmen Kühe litten acht an Klauenveränderungen (u.a. Sohlengeschwüre, Weiße-Linie-Defekte) und zwei an Mortellaro mittelgradiger Ausprägung. Von den zehn lahmheitsfreien Kühe hatten acht Tiere gesunde Klauen und zwei litten an geringgradigen Defekten der Weißen Linie.

Indikator zur Früherkennung

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis: Bei Milchkühen liefert die Messung der Länge der Futteraufnahme pro Tag einen wichtigen Hinweis auf die Klauengesundheit. Das vorgestellte System sei eine wertvolle Ergänzung zur frühzeitigen Erkennung von Lahmheiten bei Kühen.

Quelle:
Journal of Dairy Science (Volltext Webseite) oder PDF-Download

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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