BGH-Urteil: Jameda muss Arztprofil löschen

Schnell auf BGH-Urteil reagiert: Jameda hat die kostenpflichtigen Anzeigen aus von Tierärzten nicht beauftragten Profilen bereits entfernt. (Fotomontage: Screenshot Jameda/Sterne pixabay © WiSiTiA/jh)

Das Arztbewertungsportal Jameda muss den Eintrag einer Hautärztin löschen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Das Urteil hilft allerdings Tierärzten, die sich ungerecht bewertet fühlen, wenig. Es ging hier nämlich um einen Konflikt mit kostenpflichtigen Anzeigen der Konkurrenz. Jameda hat bereits angekündigt diese zu entfernen. Ein Überblick was der BGH den Bewertungsportalen erlaubt und was nicht.

von Jörg Held

Bewertungsportale sind Segen und Fluch zugleich. Gute „Fünf-Sterne-Rankings“ stärken das Praxisimage und können durchaus auch Neukunden motivieren, den Kontakt zu suchen. Negativ-Kommentare bewirken das Gegenteil. Im Extremfall können sie existenzbedrohend sein. Für beides, positiv wie negativ gilt: Die Bewertungen erfolgen oft anonym oder pseudonym. Das macht es sehr schwer dagegen vorzugehen, zumal die Portale hier wenig kooperativ sind.

Schlecht bewertet: Hilfestellung für Tierärzte Worauf Tierärzte bei Bewertungsportalen achten müssen und wie sie gegen eine schlechte Bewertung vorgehen können (Deutsches Tierärzteblatt März 2016 – PDF-Download hier)

Bewerten und Löschen: Was erlaubt der BGH?
Kurzübersicht der Urteile

Entsprechend häufig versuchen Ärzte Falschbewertungen gerichtlich klären zu lassen. Dazu gibt es inzwischen einige Grundsatzurteile des Bundesgerichtshofes (BGH):

  • Arztprofile und Bewertungen sind erlaubt – Das wichtigste ist ein BGH-Urteil aus 2014. Die Bewertungsportale dürfen demnach – auch ungefragt – (Tier)Arztprofile anlegen und dort Bewertungen anzeigen. Es gibt keinen Anspruch auf Löschung dieser Profile.
    Das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Leistungen vor dem Hintergrund der freien Arztwahl überwiegt gegenüber dem Interesse auf informationelle Selbstbestimmung des einzelnen Arztes – wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden.
    Der Arzt kann aber die Löschung unwahrer Tatsachenbehauptungen sowie beleidigender oder sonst unzulässiger Bewertungen verlangen. (Pressemeldung BHG)

Dieses Urteil hat weiter Bestand – auch wenn das aktuelle BGH-Urteil (Details siehe unten) die Löschung eines Profils im Einzelfall verfügte.

  • Fake-Bewertungen überprüfen – Ein weiteres BGH-Urteil aus 2016 (wir-sind-tierarzt berichtete hier ausführlich) erschwert es deutlich, einen Arzt durch falsche Bewertungen zu diskreditieren. Der BGH stellte nämlich klar:
    Wer bewertet muss die Behandlung auch belegen können. Das Portal muss sich auf Aufforderung des Arztes entprechende Belege für die Behandlung vorlegen lassen (Rezepte, Bonusheft, „andere Indizien“, etwa beim Tierarzt eine Rechnung). Und es muss die Bewertung löschen, wenn der Notengeber das nicht kann.
    Im Interesse der Meinungs- und Medienfreiheit seien zwar Bewertungen grundsätzlich zu dulden. Aber beanstandet ein Arzt diese (hier, weil er den Patienten gar nicht behandelt habe), muss das sorgfältig und gewissenhaft geprüft werden. Dieses Urteil nimmt die Portale also stärker in die Prüfpflicht. (Pressemeldung des BGH)

Jameda bevorzugt Anzeigenkunden

Das aktuelle BGH-Urteil vom 20. Februar 2018 berührt einen Sonderfall.
Die klagende Ärztin sah ihre Persönlichkeitsrechte (durch den ungefragten Eintrag) verletzt und sich außerdem in ihrer Berufsausübung benachteiligt – und zwar weil Jameda Werbung von zahlenden Konkurrenten gleicher Fachrichtung neben ihrem unverlangten Eintrag ausspielt; aus dem örtlichen Umfeld mit Entfernungsangaben und Noten. Umgekehrt werden aber bei den Profilen zahlender Premiumkunden keine konkurrierenden Ärzte angezeigt.
Das Gericht urteilt, dass das Profil der Klägerin deshalb gelöscht werden muss. Nicht weil es ungefragt angelegt wurde – das ist durch das BGH-Urteil aus 2014 gedeckt –, sondern weil die Plattform die für Bewertungsportale gebotene Rolle als „neutraler Informationsvermittler“ nicht einhalte. Sie begünstige durch ihr Geschäftsmodell (Platzierung oder Entfall von Konkurrenzangeboten) jene Ärzte, die für ihren Eintrag zahlten. Weil Jameda so zahlende Ärzte gegenüber Nichtzahlern bevorzugt, „verwirkt“ das Portal sein auf „das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit“ gestützte Rechtsposition. In diesem Fall überwiegt das Interesse der Klägerin, ihr Profil löschen zu lassen.

Konsequenz des Urteils: Jameda entfernt Anzeigen

Das Bewertungsportal Jameda reagierte prompt auf das BGH-Urteil und kündigt an, die bezahlten Anzeigen zu entfernen:

Der Arzt Dr. Christian Lübbers berichtet auf Twitter, dass Mediziner, die ihre Profile auf Basis des Urteils ebenfalls löschen lassen wollten, von der Plattform folgende Antwort erhalten:

Jameda reagiert schnell: Neues Geschäftsmodell soll Löschungsanspruch nicht beauftragter Profile vorbeugen. (Foto: © Luebbers)

Quellen: direkt im Artikel verlinkt Pressemeldung zum aktuelles BGH-Urteil vom 20.2.2018

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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